Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im ersten Quartal des Jahres 2023 steigt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht an. Eine Entwicklung, die eine langsame Normalisierung des Insolvenzgeschehens einleitet. In vielen Branchen gibt es derzeit mehr Beratungsbedarf. Nach dem Auslaufen der Coronahilfen steht der Bereich der Krankenhäuser und der stationären Pflege besonders unter Druck. Das Ausbleiben weiterer staatlicher Förderungen wird in diesem Bereich zu einem deutlichen Anstieg der Insolvenzen führen.

Nach heutiger Pressemitteilung* des Statistischen Bundesamts ist die Zahl der beantragen Unternehmensinsolvenzen im ersten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 18,2 Prozent gestiegen. Für den zurückliegenden Monat Mai weist die amtliche Statistik nach vorläufigen Angaben einen Anstieg um 3,1 Prozent zum Mai 2022 aus. Im langfristigen Vergleich zeigt diese Entwicklung die Normalisierung des Insolvenzgeschehens an die Vorcoronazeit.

Derzeit sehen wir in unserer täglichen Arbeit einen erhöhten Beratungsbedarf bei einigen Unternehmen“, erklärt Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID). „Insbesondere bei der Baubranche, den Automobilzulieferern und dem Krisendauerbrenner, dem stationären Einzelhandel, die nach wie vor mit den erhöhten Zinsen und dem veränderten Konsumverhalten kämpfen“, so Niering weiter.

Nach einer jüngst vorgestellten Studie von Roland Berger und der TU Dresden besteht derzeit erhöhte Insolvenzgefahr bei den Branchen Automobilzulieferindustrie, Bau und Einzelhandel. Gerade hochverschuldete Unternehmen liefen Gefahr aufgrund stark gestiegener Zinskosten besonders unter Druck zu geraten. Darüber hinaus würden Kredite teurer und restriktiver vergeben, sodass die Finanzierung dieser Unternehmen nicht mehr gesichert sei.

Auch im Bereich der Krankenhäuser und der stationären Pflege erwarte Niering zukünftig deutlich mehr Insolvenzen. „Nachdem im Krankenhausbereich die Coronahilfen ausgelaufen sind, nimmt die Bundesregierung nun abrupt den Fuß vom Gas weiterer Förderungen. Mit dem Ziel einer Neuausrichtung der Krankenhauslandschaft nimmt die Bundesregierung die Insolvenz von Krankenhäusern bewusst in Kauf. Insolvenz als staatlich gelenktes Instrument der Marktbereinigung.

Bundesgesundheitsminister Lauterbach verwies erst vor wenigen Tagen in einem Interview darauf, dass rund 25 Prozent aller Krankenhäuser in Deutschland insolvenzgefährdet seien. Die Branche leide unter einem enormen Ärzte- und Pflegekräftemangel. Nicht jedes dieser Krankenhäuser werde man retten können. Laut der jüngsten Krankenhausstatistik des Statistischen Bundesamts waren 2021 ca. 1,36 Millionen Mitarbeiter in insgesamt mehr als 1.000 Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung sowie der Universitätskliniken beschäftigt.

Quellen:

* 3,1 % mehr beantragte Regelinsolvenzen im Mai 2023 als im Mai 2022 (https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/06/PD23_231_52411.html)

** Grafik des VID: Entwicklung der Unternehmensinsolvenzzahlen in der Coronakrise (IN-Verfahren), © Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID)/Juni 2023, Grafik kostenfrei nutzbar

Nicht alle beantragten Insolvenzverfahren werden auch eröffnet. In der Regel liegt die Eröffnungsquote bei ca. 60 Prozent. Voraussetzung einer Eröffnung ist ein Eröffnungsgrund sowie die voraussichtliche Deckung der Verfahrenskosten.

Über Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V. (VID)

Der Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands ist der Berufsverband der in Deutschland tätigen Insolvenzverwalter und Sachwalter. Mit mehr als 460 Mitgliedern vertritt er die überwiegende Mehrheit dieser Berufsgruppe. Die Mitglieder verpflichten sich auf „Grundsätze ordnungsgemäßer Insolvenz- und Eigenverwaltung“ und zur Zertifizierung nach ISO:9001. Damit setzt der Verband Maßstäbe für eine unabhängige, transparente und qualitativ anspruchsvolle Tätigkeit in Insolvenz- und Restrukturierungsverfahren. Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist eine mindestens dreijährige Tätigkeit als Unternehmensinsolvenzverwalter oder Sachwalter.

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