Die Verkehrswende begegnet uns nicht nur als geflügeltes Wort in Nachrichten und Talkshows, sondern sie ist zumindest in den Großstädten auch nicht mehr zu übersehen: Immer mehr E-Bikes und vor allem auch Lastenräder bestimmen das Bild. Auf Kurzstrecken eine durchaus sinnvolle Alternative zum Auto. Aber wie steht es damit eigentlich um die Sicherheit auf unseren Straßen? Die ARAG Experten mit einem Überblick.

Wachsende Beliebtheit
Ein immer größeres Umweltbewusstsein, aber auch die hohe Verkehrsdichte und der Mangel an Parkplätzen sowie steigende Energiekosten lassen die Nachfrage nach Lastenrädern weiterhin rapide zunehmen. In 2022 wurden laut ARAG Experten rund 165.000 Lastenräder oder auch Cargobikes verkauft; knapp 38 Prozent mehr als im Vorjahr. Ein weiterer Anreiz sind zudem Fördermittel , die die Länder beispielsweise Unternehmen, Vereinen und Kommunen seit einigen Jahren dafür bereitstellen. So schwappt der Boom vom jungen alternativen Autogegner weiter über auf Familien, die ihre Kinder gerne umweltfreundlich transportieren, auf ältere Menschen, die irgendwann auf das Auto verzichten müssen, aber durchaus noch Rad fahren können sowie auf immer mehr Lieferunternehmen.

Verkehrsrisiko
Genau dieser Zuwachs ist es aber, der gleichzeitig für ein neues Verkehrsrisiko sorgt. Denn gerade ein Lastenrad mit Elektroantrieb, das ein Gesamtgewicht von bis zu über 300 Kilo auf die Straße bringt, ist nicht zu unterschätzen – weder für den Fahrer noch für andere Verkehrsteilnehmer. Da die Statistik nur eine Gesamtzahl für Unfälle mit E- und Cargobikes erfasst, ist nicht nachzuweisen, dass Lastenräder überdurchschnittlich oft beteiligt sind. Was jedoch die Erhebung des Statistischen Bundesamtes zeigt: Die Zahl der Verkehrstoten steigt seit einigen Jahren deutlich mehr bei Unfällen mit elektrobetriebenen Fahrrädern (2022: plus 40 Prozent) als in allen anderen Gruppen von Verkehrsbeteiligten (acht Prozent). Auch die Zahl der verletzten E-Bike- und Pedelec-Fahrer ist 2022 im Vergleich zum Vorjahr um knapp 30 Prozent gestiegen.

Eigenverantwortung
Eines ist aber klar: Grundsätzlich ist das Lastenrad eine sichere Methode, nicht nur Güter, sondern durchaus auch Kinder oder Tiere zu befördern. Es gilt lediglich, wie bei jeder Teilnahme am Verkehr, Regeln zu beachten, bestimmte Sicherheitsmaßnahmen zu treffen und mit dem Transportmittel umgehen zu können. Die ARAG Experten empfehlen daher, sich als erstes mit dem neuen Rad vertraut zu machen: Wie verhält es sich auf der Straße, zum Beispiel beim Abbiegen oder bei der Auffahrt auf Erhöhungen? Eine Leerfahrt entwickelt ein besseres Gefühl für Fahren, Lenken und Bremsen.

Welche Bestimmungen sieht die Straßenverkehrsordnung vor? Ein Cargo-Bike mit Elektroantrieb bis 25 Stundenkilometer wird laut ARAG Experten wie ein Fahrrad behandelt und gehört daher auf den Radweg, sofern dessen Nutzung vorgeschrieben ist. Alle E-Modelle, die schneller fahren können, müssen auf der Straße fahren. Eine Ausnahme zum verpflichtenden Fahrradweg ist nur vorgesehen, wenn das Rad zu breit ist oder die Qualität des Weges nicht zumutbar. Außerdem dürfen Lastenradfahrer auf dem Gehweg fahren, wenn sie unter Achtjährige begleiten.

Wie nehmen mich andere Verkehrsteilnehmer wahr? Hier gilt es die Sichtbarkeit zu überprüfen; Reflektoren an Rad und Kleidung oder Fahnen zum Beispiel sorgen für Aufmerksamkeit. Aber es geht auch um das eigene vorausschauende Fahren: Da sich der Lastenkorb gewöhnlich in der Front befindet, schiebt dieser sich in den Verkehr, bevor der Radler den richtigen Einblick hat. Gleichzeitig ist der Korb so niedrig, dass andere Verkehrsteilnehmer das Gefährt erst spät wahrnehmen.

Was darf transportiert werden und mit welchem Gewicht? Sachgüter, Tiere und Kinder sind als ‚Last‘ erlaubt; bei bestimmten Modellen auch Erwachsene. Wichtig: Das maximale Gesamtgewicht errechnet sich aus dem Eigengewicht des Rades sowie des Fahrers und aus dem Gewicht der Fracht und darf nicht überschritten werden. Es unterscheidet sich von Modell zu Modell; Auskunft gibt laut ARAG Experten das CE-Zeichen auf dem Rad-Rahmen.

Unter Umständen lebenswichtig: Helm und Gurt
Nach wie vor gibt es in Deutschland keine Helmpflicht für die Fahrradnutzung, nicht einmal für E-Bikes. Und das gilt sowohl für erwachsene Fahrer als auch für die Kinder im Lastenkorb. Die ARAG Experten warnen jedoch: Nicht nur bei einem Unfall entscheidet der Helm über die Schwere der Folgen, sondern der Schutz beginnt schon im Korb selbst. Denn bei Unebenheiten oder plötzlichem Bremsen kann es leicht zum angestoßenen Kopf kommen, gerade wenn mehrere Kinder transportiert werden, die nebeneinander sitzen.

Anders verhält es sich mit der Gurtpflicht, auch wenn diese alles andere als weitreichend ist. So legt die DIN-Norm 79010 für Lastenräder zwar entsprechende Anforderungen fest, die Anwendung ist für die Hersteller aber freiwillig. Die Straßenverkehrsordnung schreibt immerhin vor, dass Babys und Kinder unter sieben Jahren auf dem Fahrrad nur in einer speziellen Sitzschale mit Gurtsystem transportiert werden dürfen (Paragraf 21 Absatz 3). Außerdem sollten Hunde mit einem Geschirr oder durch einen Sitz gesichert sein. Für alle anderen Lebewesen gilt lediglich, dass Haltegriffe oder Trittbretter vorhanden sein müssen. Die ARAG Experten empfehlen allerdings auch ohne gesetzliche Pflicht Modelle mit eingebautem Gurtsystem oder die spätere Aufrüstung mit passenden Gurten.

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