Am 5. Mai findet der europaweite Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung statt. Die Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) erinnert zu diesem Tag daran, Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderung und die, die von Behinderung bedroht sind, als selbstverständlichen Teil der Gemeinschaft anzuerkennen und deren Teilhabe zu ermöglichen. Der katholische Pfadfinder*innenverband handelt auf der Basis eines christlichen Menschenbildes, das die Würde und Einzigartigkeit des Einzelnen in den Vordergrund rückt. Die DPSG begrüßt die Verschiedenheit von Menschen innerhalb ihrer Gruppen und strebt danach, auf den pädagogischen Grundlagen der Pfadfinder* innenbewegung zur Entwicklung aller jungen Menschen beizutragen.

Arbeit mit jungen Menschen mit Behinderung ist Verbandsschwerpunkt

Als einer von wenigen Kinder- und Jugendverbänden weist die DPSG nicht explizit darauf hin, dass in ihren Kinder- und Jugendgruppen Menschen mit und ohne Behinderungen willkommen sind. Jede*r bringt sich mit ihren*seinen Stärken und Schwächen ein und ist natürlicher Teil der Gemeinschaft. Für den Verband ist Pfadfinden mit und ohne Behinderung daher „nix besonderes“. In seinen Kinder- und Jugendgruppen gehört das alltägliche Miteinander dazu. In der DPSG wird Inklusion schon seit 1955 mit dem Beginn der Behindertenarbeit aktiv gestaltet, erlebt und gelebt, seit 1965 ist sie fester Bestandteil der gesamten Verbandsarbeit. Ab 2005 gilt die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen als einer der drei Schwerpunkte und Engagementfelder des Verbandes, neben den Themen Ökologie und Internationale Gerechtigkeit. Seit 2018 heißt der entsprechende Fachbereich nicht mehr „Behindertenarbeit“, sondern „Inklusion“. Die Pfadfinder*innen tragen also viel „Inklusions-Erfahrung“ im Gepäck.

Gelebte Inklusion: Du gehörst dazu

Bei den Pfadfinder*innen werden alle Kinder und Jugendlichen unterstützt, gefordert und gefördert, um dem eigenständigen Erziehungsauftrag als Kinder- und Jugendverband gerecht zu werden. Das bedeutet im Alltag in den vier unterschiedlichen Altersstufen, dass alle Kinder und Jugendlichen überall teilhaben können, gleichberechtigt und ohne Hindernisse. Laut eigener Definition bedeutet Inklusion im allgemeinen Verständnis, „… dass jeder Mensch ganz natürlich dazu gehört. Egal wie du aussiehst, welche Sprache du sprichst oder ob du eine Behinderung hast“. Auf verschiedenen Ebenen werden dazu eine stärken- und fähigkeitsorientierte Sicht auf das Thema vermittelt, Rahmenbedingungen und Erlebnisfelder (z. B. durch Begegnungen) für Kinder, Jugendliche und Leiter*innen geschaffen, um die Teilhabe für Menschen mit Behinderung zu erhöhen. Es werden thematische Aktivitäten koordiniert oder Arbeitshilfen entwickelt. Die Bundesleitung und der Facharbeitskreis Inklusion führen Ausbildungsveranstaltungen durch, initiieren beispielhafte Impulse für den Verband und koordinieren die Netzwerkarbeit inner- wie außerverbandlich.

Pfadfinderische Inklusion ist politisch

Seit 2009 gilt in Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Neben dem Schutz vor Benachteiligung sind die "volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft" deren zentrale Prinzipien. „Kinder mit Behinderungen sollen gleichberechtigt mit anderen Kindern alle Menschenrechte und Grundfreiheiten in vollem Umfang beanspruchen“. Mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) wird das deutsche Recht im Sinne der UN-BRK weiterentwickelt. Das BTHG ist ein umfassendes Gesetzespaket, das in vier zeitversetzten Reformstufen bis 2023 in Kraft tritt und für Menschen mit Behinderungen viele Verbesserungen vorsieht. Wo bei diesen früher von einem Mangel an Können ausgegangen wurde und sie somit defizitär betrachtet wurden, steht nun der Mensch mit seinen Ressourcen und Bedürfnissen im Mittelpunkt. Im gesamten Prozess geht es um die Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung. Diesen gesellschaftlichen Wandel will die DPSG mit behindertenpolitischen Impulsen an Politik, Gesellschaft und Kirche mitgestalten.

Look at the child

Für die DPSG bedeutet dies die Befolgung des pfadfinderischen Prinzips „Look at the child!“ ihres Gründers Lord Baden-Powell. Kinder und Jugendliche müssen so angenommen werden, wie sie sind; mit all ihren Stärken und Schwächen. Aus diesem Selbstverständnis heraus nehmen verantwortliche Personen in der DPSG schon immer junge Menschen wahr und unterstützen sie mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen und Herausforderungen. Alle Mitglieder sind aufgerufen, sich daran zu beteiligen, den gesamtgesellschaftlichen Blick auf Behinderung und Inklusion zu ändern. Durch die Entwicklungen der Behindertenpolitik in Deutschland und die damit formulierte Perspektive der Inklusion sieht sich die DPSG auf dem richtigen Weg.

 

Über Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg

Die Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg („DPSG“) ist mit 80.000 aktiven Mitgliedern der größte Verband von Pfadfinder*innen in Deutschland, hat bundesweit etwa 1.400 Stämme (Ortsgruppen) und bildet zusammen mit vier weiteren Verbänden (BdP, PSG, VCP, BMPPD) den Ring deutscher Pfadfinder*innenverbände (rdp). Dieser ist Mitglied der Weltpfadfinder*innenbewegung. Die DPSG ist ein Verband mit eigenständigem Erziehungsauftrag. Die sog. „Ordnung“ des Verbandes beschreibt Grundlagen, Auftrag und Ziele der DPSG. Als Leitbild gibt sie Orientierung, Anstöße und benennt Verpflichtungen – sie zeigt Chancen für jedes einzelne Mitglied und die Gruppen des Verbandes auf. Ziel ist, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Verband in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen. Sie sollen sich ihrer sozialen, emotionalen, spirituellen, geistigen und körperlichen Fähigkeiten bewusst werden, diese weiterentwickeln und lernen, sie einzusetzen. Die DPSG ermöglicht ihnen, neue Erfahrungen zu machen. Dadurch eignen sie sich Kompetenzen in unterschiedlichen Bereichen an und lernen, diese innerhalb und außerhalb des Verbandes in Handeln umzusetzen. Auf Grundlage des Wertekanons der DPSG, der ein Zusammenspiel aus pfadfinderischen, gesellschaftlichen sowie christlichen Werten ist, bilden sich junge Menschen eine Meinung darüber, wie die Gesellschaft, in der sie leben, aussehen soll und setzen sich dafür aktiv ein. Sie lernen, als verantwortungsbewusste Bürger*innen, als Christ*innen sowie als Mitglieder ihrer lokalen, nationalen und weltweiten Gemeinschaften zu handeln sowie Verantwortung für andere zu übernehmen. Sie verstehen sich als Friedenspfadfinder*innen.

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