Rund 30 deutsche Hilfsorganisationen, darunter ADRA Deutschland e.V., haben sich zusammengeschlossen, um mit der Kampagne #IndenFokus gemeinsam auf vergessene Krisen aufmerksam zu machen. Ziel sei es, die Öffentlichkeit für das Leid der Menschen zu sensibilisieren und über das humanitäre Engagement deutscher Hilfsorganisationen in den drei Kampagnenländern Libanon, Südsudan und Bangladesch zu informieren, so eine Mitteilung von ADRA Deutschland. Schirmherrin der Kampagne ist Luise Amtsberg, Beauftragte der deutschen Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe.

Vergessene Krisen ereignen sich abseits der öffentlichen Wahrnehmung. So gab es laut einer Analyse im Jahr 2022 in den untersuchten Medien rund 1,5 Millionen krisenbezogene Berichte über die Ukraine; über den Libanon, den Südsudan und Bangladesch zusammen nur rund 10.000. Das fehlende öffentliche Interesse führe dazu, dass Krisen nicht gelöst werden und Menschen weniger Hilfe erhielten, heißt es in der ADRA-Mitteilung.

Interview mit der Menschenrechtsbeauftragten Luise Amtsberg

In einem Interview mit dem Hilfswerk missio (München) schilderte die Schirmherrin der Kampagne, Luise Amtsberg, ihre Eindrücke von einem kürzlichen Besuch im Libanon: „Das Land steht am Rand eines Kollapses; man kann sogar sagen, es kollabiert vor unseren Augen. Es gibt extreme Misswirtschaft und staatliche Korruption. Die Währung hat in kürzester Zeit 95 Prozent ihres Wertes verloren. Die Menschen haben keinen Zugang zu ihrem Ersparten. Über 70 Prozent der Menschen leben in Ernährungsunsicherheit und sind auf externe Hilfe angewiesen, zum Beispiel des Welternährungsprogramms. Die medizinische Versorgung ist mehr als mangelhaft, Richter streiken und seit Beginn des Jahres sind die staatlichen Schulen geschlossen.“ Hinzu kommt das politische Vakuum. Den Libanon als „vergessene Krise“ zu beschreiben, sei daher vollkommen richtig.

„Schadet unser Konsumverhalten anderen?“

Im Hinblick auf die Lage der Menschen in Bangladesch und die Bekleidungsindustrie sagte sie: „Man muss sich in westlichen Industrienationen die Frage stellen: Wie hoch ist der Preis unseres Wohlstandes? Auf wessen Kosten geht er? Schadet unser Konsumverhalten anderen auf der Welt?“ Weil man diese Frage bejahen könne, ergebe sich daraus eine Art Verursacher- und Verantwortungsprinzip. „Zu dieser Verantwortung gehört auch, sich selbst zu fragen, was wir verbessern können“, so Luise Amtsberg. Ein gutes Beispiel sei das Lieferkettengesetz. Dieses habe das Potential, dass durch klare Regeln in Deutschland Missständen andernorts begegnet würde. Im Blick auf den Südsudan nannte sie die dort besonders spürbaren Auswirkungen des Klimawandels.

Das gesamte Interview ist unter www.missio.com/aktuelles/nachrichten/amtsberg-interview  nachzulesen.

Die Kampagne #IndenFokus unterstützen 30 Hilfsorganisationen (siehe Abbildung). Weitere Informationen: indenfokus.deadra.de/thema/vergessene-krisen-indenfokus/

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