Ende 2021 waren hierzulande insgesamt 4,96 Millionen Menschen pflegebedürftig – bei 3,12 Millionen davon übernahmen überwiegend Angehörige die Pflege. Neben Beruf, Haushalt und Kindererziehung kann das schnell zu einer enormen körperlichen Belastung führen. Aber auch die psychischen Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen. Wie pflegende Angehörige damit umgehen können, wo sie Hilfsangebote finden und welche finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten es gibt, weiß Dirk Görgen, Pflegeexperte der DKV.

Überlastung bei pflegenden Angehörigen: Selbstschutz ist wichtig

Ein plötzlicher Pflegefall in der Familie ist für alle Beteiligten ein schwerer Schlag. Die meisten Angehörigen wollen den Pflegebedürftigen nicht aus seiner gewohnten Umgebung reißen und pflegen ihn daher zu Hause. „Wer über einen längeren Zeitraum einen Menschen pflegt, kommt irgendwann an seine seelischen und körperlichen Grenzen“, so Dirk Görgen, Pflegeexperte der DKV. Heben, Lagern oder Stützen kann langfristig zu Rücken- und Gelenkschmerzen führen. „Doch auch die psychische Belastung sollte niemand auf die leichte Schulter nehmen“, so der DKV Pflegeexperte. „Wer eine Überlastung, ob körperlich oder seelisch, früh genug erkennt, kann ernsthafte Erkrankungen vermeiden.“ Kommt es über einen längeren Zeitraum zu Kopf-, Rücken-, Nacken-, Kiefer- oder Schulterschmerzen, Herz-Kreislauf-Beschwerden oder etwa Magen- und Verdauungsproblemen, ist es ratsam, das Gespräch mit dem Hausarzt zu suchen. Das gilt auch bei anhaltender Nervosität, Unruhe, Reizbarkeit sowie Stimmungsschwankungen, Gedächtnis- oder Konzentrationsschwierigkeiten.

Entlastungsangebote annehmen – Auszeiten nutzen

Damit pflegende Angehörige gar nicht erst körperliche und psychische Probleme entwickeln, rät Görgen, sich regelmäßig eine Auszeit zu nehmen. „Das hilft, sich zu entspannen und die eigene Gesundheit zu schützen“, so der Pflegeexperte der DKV. Eine Möglichkeit ist beispielsweise die Verhinderungspflege, auf die Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 für maximal sechs Wochen pro Kalenderjahr Anspruch haben. „Die Pflegeversicherung übernimmt dann die Kosten für eine Ersatzpflege – unabhängig davon, ob es sich etwa um einen ambulanten Pflegedienst, ehrenamtliche Pflegende oder sogar um nahe Angehörige handelt“, ergänzt Görgen. Für Entlastung kann auch die Kurzzeitpflege in einem Pflegeheim sorgen. Sie steht Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 für bis zu acht Wochen pro Jahr zu. Auch eine Kombination von Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege ist möglich. „Dadurch lässt sich das Budget für die Verhinderungspflege von 1.612 Euro auf maximal 2.418 Euro pro Kalenderjahr erhöhen“, so der Tipp des Pflegeexperten.

Zeit für Hobbys und soziale Kontakte schaffen

Wer einen Angehörigen pflegt, zieht sich oft aus seinem sozialen Umfeld zurück, da die Zeit für ein Treffen mit Freunden fehlt. “Soziale Kontakte und Hobbys sind aber als Ausgleich sehr wichtig“, betont Görgen. „Auch Selbsthilfegruppen oder Gesprächskreise mit anderen Betroffenen können hilfreich sein.“ Entsprechende Angebote finden Interessierte in der Datenbank der „Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS)“. Um sich den nötigen zeitlichen Spielraum zu verschaffen, können pflegende Angehörige zum Beispiel regelmäßig eine professionelle Tages- und Nachtpflege durch Pflegeeinrichtungen in Anspruch nehmen. Auch Besuchs- und Betreuungsdienste durch ehrenamtliche oder professionelle Pfleger können für mehr Zeit zum Ausgleich sorgen.

Finanzielle Unterstützung

Wer häusliche Pflege durch einen anerkannten Pflegedienst erhält, kann die Pflegeversicherung in Anspruch nehmen. Sie zahlt ab Pflegegrad 2 je nach Höhe des Pflegegrads einen Pauschbetrag. Darüber hinaus unterstützt bereits ab Pflegegrad 1 der sogenannte Entlastungsbetrag von monatlich 125 Euro. Dieser soll pflegenden Personen Pausen vom Pflegealltag ermöglichen. Damit können sie etwa die Begleitung von Pflegebedürftigen zum Arzt, haushaltsnahe Dienstleistungen wie eine Einkaufshilfe oder eine Verhinderungspflege finanzieren. Liegt ein Pflegegrad vor, gewährt die Pflegekasse beziehungsweise die Pflegeversicherung weitere Zuschüsse für Pflegehilfsmittel. Das können etwa ein Pflegebett oder Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnsituation, beispielsweise der Einbau von Treppenliften, sein. Auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) fördert aktuell mit dem Kredit 159 einen altersgerechten Umbau beziehungsweise den Kauf von umgebautem Wohnraum.

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