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Laufzeit: 26.05 – 06.08.2023
Eröffnung: 25.05.2023
19h
Künstler*innen:
Gerald Chukwuma, Nick Schamborski, Holger Steen, Hyejeong Yun

Ein radikales Umdenken gegenüber Kulturgütern aus ehemaligen Kolonien ist in den letzten Jahren zu beobachten. Es führte u. a. am 17.12.2020 in Frankreich zu einem neuen Gesetz, dass die Rückgabe von Raubgut aus französischen Sammlungen an die Republiken Benin und Senegal ermöglicht. In Frankreich und vor kurzem auch in Deutschland hat der Prozess der Restitution bereits begonnen. Zwanzig Benin-Bronzen brachten Außenministerin Annalena Baerbock und Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth im Dezember 2022 in ihre Heimat Nigeria zurück. Die Restitution ist längst überfällig, aber immerhin folgen erstmals Taten nach einer langen Phase ablehnender oder unverbindlicher Äußerungen. Die beginnende Restitution bildet den Anlass für das Ausstellungsprojekt Coming Home. Das Ende kolonialer Phantasmen.

Die Eröffnung des Humboldt-Forum in Berlin im Jahr 2021, in dem sich das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst befindet, war mit Protesten gegenüber der Aufbewahrung von Raubkunst verbunden und löst bis heute heftige Debatten über den Umgang mit nach Deutschland verfrachteten Kulturgütern aus der Zeit der Kolonialgeschichte aus. Die Raubkunst-Debatte hat das Verhältnis zwischen Europäer* innen und den Werken aus dem globalen Süden grundlegend verändert. Das Ende kolonialer Phantasmen scheint unumkehrbar. Die Rezeption dieser Werke kann nicht mehr ohne den Kontext ihrer Beschaffung betrachtet werden.

Immer mehr bildende Künstler*innen beschäftigen sich inzwischen mit den kolonialen Interessen und der kulturellen Überheblichkeit der europäischen Staaten. Einzelne Aspekte der kolonialen kulturellen Ausbeutung werden in der Ausstellung Coming Home. Das Ende kolonialer Phantasmen thematisiert.

Nick Schamborski, Preisträger*in des Bundespreis für Kunststudierende 2021, weist in einem Kurzfilm auf das Kolonialdenkmal in Braunschweig hin, das kommentarlos in der Stadt existiert, obwohl es in den 1920er Jahren errichtet wurde, um für die Wiedererlangung der deutschen Kolonien zu plädieren. Schamborski testet in einem im Tutorial-Stil gedrehten Video vermeintlich eine neue Fotobearbeitungs-App aus, um mögliche Veränderungen an dem Monument vorzunehmen.

Die koreanische Künstlerin Hyejeong Yun beschäftigt sich mit der Kolonialisierungsgeschichte Asiens. Ausgehend von einem gefundenen Foto einer Elefantendressur in London geht sie der Frage nach, wie Elefanten nach Großbritannien kamen. Mit dem daraus entstanden Video entwirft die Künstlerin eine Kolonialgeschichte des British Empire, in der auch die Faszination an „exotischen“ Tieren eine Rolle spielt.

Der nigerianische Künstler Gerald Chukwuma verwendet weggeworfene Dosen und Holzpaneele, die er mosaikartig mit zerschnittenem Metall bearbeitet. The Gentleman’s Story bezieht sich auf eine alte Geschichte aus Nigeria, in der die Einwohner*innen auf ein Schiff verladen und versklavt werden sollten, sich jedoch allesamt für den Freitod auf offenem Meer entschieden. Seine Arbeiten Oru Oyibo und After gehören zur Werkgruppe Ikwokirikwo, mit der an eine zeremonielle Tanzperformance der Igbo erinnert wird, die in Nigeria allmählich aus dem Gedächtnis verschwindet.

Der Hamburger Performancekünstler Holger Steen verwendet Briefmarken der früheren deutschen Kolonien, um sich in dem Projekt Edvin Adlers Kleine Philatelie (Performance und Ausstellung) mit den Hintergründen dieser Phase der Ausbeutung, Misshandlung und Ermordung von Menschen in den deutschen Kolonien künstlerisch auseinanderzusetzen.

Die Eröffnung der Ausstellung findet am Donnerstag, den 25.05.2023, um 19h im Kunstverein Wolfsburg statt. Einige der Künstler*innen werden am Abend anwesend sein.

Es sprechen:
Christian Heuer, Vorstandsmitglied Kunstverein Wolfsburg
Dr. Justin Hoffmann, Kurator der Ausstellung
Dr. Alexander Kraus, IZS, Kurator der Ausstellung im Raum für Freunde

Die Ausstellung wird freundlicherweise gefördert vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der Stadt Wolfsburg.

RAUM FÜR FREUNDE

Ansichtssache
Ausstellungsfotografie als Medium des Wandels
Laufzeit: 26.05 – 06.08.2023
Eröffnung: 25.05.2023
19h
kuratiert von Dr. Alexander Kraus/ IZS

Wenn das Wolfsburg der Nachkriegszeit eines ganz sicher nicht war, so ein Zentrum der Kultur. Um diese Leerstelle zu füllen, initiierte der VW-Generaldirektor Heinrich Nordhoff in den 1950er Jahren eine Reihe von Kunstausstellungen in der sich noch im Aufbau befindlichen Stadt. Denn „Kunstverständnis und Kunstgenuss“ sollten, wie er in seiner ersten Eröffnungsrede formulierte, „nicht das Vorrecht einiger weniger sein, sondern für jeden Schaffenden die notwendige schöne Ergänzung tätiger Arbeit“. So richteten sich die Ausstellungen vorrangig an die Werksangehörigen und ihre Familien. Die bis 1967 insgesamt acht realisierten Ausstellungen – von Franz Marc über Albrecht Dürer bis hin zu Vincent van Gogh – dienten darüber hinaus der Identitätsbildung von Werk und Stadt. Obgleich sie sich mitunter zu wahren Publikumsmagneten entwickelten, die Wolfsburg auf der kulturellen Landkarte der Bundesrepublik verorteten, war die gezeigte Kunst doch fernab von dem, was man gemeinhin „am Puls der Zeit“ beschreiben würde.

Diesem Ansinnen, der zeitgenössischen Kunst nachzuspüren, sie zu zeigen und zu vermitteln, folgte ab 1959 – und damit parallel zu den großen Kunstausstellungen des Werks – der Kunstverein Wolfsburg. Die überlieferte Dokumentations- und Pressefotografie zu den präsentierten Ausstellungen verdeutlicht dies auf vielfache Weise. Ob die Kunst, die auf ihr zu sehen ist, das Publikum, das diese adressierte, die Botschaft, die die ausgestellten Werke transportierten, oder die Form der Kunstbetrachtung selbst – überall tritt die Ausstellungsfotografie als Medium des Wandels in Aktion. Letztlich wird auch sie mutiger in der Begegnung mit der zeitgenössischen Kunst und eröffnet andere, neue Perspektiven. 

Die Ausstellung und das begleitende Veranstaltungsprogramm finden in freundlicher Zusammenarbeit mit dem IZS statt.

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Kunstverein Wolfsburg e.V.
Schloßstr. 8
38448 Wolfsburg
Telefon: +49 (5361) 67422
Telefax: +49 (5361) 650862
http://kunstverein-wolfsburg.de

Ansprechpartner:
Jana M. Lehnert
E-Mail: kunstverein@wolfsburg.de
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