Namen bedeuten „Glück“, „sanftmütig“ und „Juwel“
Die aktuell zurückgeschickten Kölner Naturbruten „Ligaya“, „Mutya“ und „Mayumi“ haben ihren Namen übrigens im Rahmen eines gemeinsam mit unseren philippinischen Kooperationspartnern von CPPI (Crocodylus Porosus Philippines inc.) im September 2021 aufgerufenen Namenswettbewerbs erhalten. „Ligaya“ heißt Glück, „Mayumi“ sanftmütig und „Mutya“ Juwel. Nach ihrer Eingewöhnung in einer Wildtierauffangeinrichtung der philippinischen Regierung sollen die drei Kölner Nachzuchten eine reinerbige Population aufbauen helfen, die dann ausgewildert werden kann, um die stark bedrohten natürlichen Bestände zu stärken.
Mit Unterstützung der Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz e. V. (ZGAP) und der Kampagne „Zootier des Jahres 2021“, die über 170.000 Euro für den Krokodilschutz zusammenbringen konnte, werden derzeit von unseren Kooperationspartnern von CPPI, auch unterstützt durch den Kölner Zoo, eine Halbfreianlage und ein Bildungszentrum im Süden der Philippinen gebaut – durch die Corona-Krise wurde dieses Projekt leider nach hinten verzögert, sodass die Station noch nicht fertig ist. Dort, im Paghungawan Sumpfgebiet, Siargao Island Protected Landscape and Seascape (SIPLAS), werden die Nachkommen aus dem europäischen Zuchtbuch zum Aufbau einer natürlichen Population beitragen.
Genau wie bei der Rückführung von „Hulky“ und „Dodong“ in Manila sorgte auch die aktuelle Ankunft von „Ligaya“, „Mutya“ und „Mayumi“ für große Begeisterung auf den Philippinen. Die drei Panzerechsen sind echte Rheinländerinnen. Sie schlüpften Ende Juni bzw. Anfang Juli 2021 im Aquarium des Kölner Zoos. Dort gelang bereits 2013 die Erstzucht der vom Aussterben bedrohten Krokodilart für Europa, 2015 dann die erste Naturbrut und mit dem Schlupf von „Ligaya“, „Mutya“ und „Mayumi“ aktuell die zweite Naturbrut. Dies bedeutet, dass die Eier nach dem Legen im Gehege belassen und die Schlüpflinge nach dem Schlupf von der Mutter ins Wasser getragen wurden. Dort konnten sie gemeinsam aufwachsen. Solch eine natürliche Sozialisierung im Rahmen einer Naturbrut ist Grundvoraussetzung für ein späteres Auswildern. So konnte das Kölner Krokodilteam rund um Reviertierpflegerin Anna Rauhaus auch den Maultransport, das Nestbewachen und generell das Sozialverhalten dieser hochseltenen Panzerechsenart beobachten und erforschen. Das Aufwachsen der Kleinen mit ihrer Mutter – keiner weiß, wie lange sie in der Natur zusammenbleiben – wurde daher dieses Mal auch von Kölner Studierenden untersucht und diese im Kölner Aquarium erforschte wissenschaftliche Pionierstudie wird derzeit vom Kölner Team zur Veröffentlichung in einem Fachjournal aufbereitet.
Status „Höchst bedroht“: Nur noch rund 100 Exemplare leben in der Wildnis
Das Philippinenkrokodil (Crocodylus mindorensis) ist eine mittelgroße Krokodilart, die es nur auf den Philippinen gibt. Mit nur noch etwa 100 Tieren in freier Wildbahn zählt es zu den seltensten Krokodilen der Welt. Deswegen wird die Art in der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) als „vom Aussterben bedroht“ geführt. Sie hat den höchsten Schutzstatus (Anhang I) auf dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen. Aufgrund dieser besorgniserregenden Lage in der Natur und um die Art nicht zu verlieren, hat die IUCN Crocodile Specialist Group (CSG) ex situ Maßnahmen empfohlen, d. h. den Aufbau von Erhaltungszuchten in Zoos. Internationale Erhaltungszuchtprogramme, geregelt durch Verträge mit der Philippinischen Regierung, wurden zunächst in den USA und Australien aufgebaut, später auch in Europa. Das Erhaltungszuchtprogramm (ESB) in Europa wurde im April 2012 von der Europäischen Vereinigung der Zoos und Aquarien (EAZA) ins Leben gerufen. Koordiniert wird das europäische Programm vom Kölner Zoo durch Aquariumskurator Prof. Dr. Thomas Ziegler und Terrariums-Reviertierpflegerin Anna Rauhaus.
Ziel war der Aufbau einer Reservepopulation in Europa. Dazu wurden 2006 15 junge Philippinenkrokodile aus dem Palawan Wildlife Rescue & Conservation Center (PWRCC) nach Europa eingeflogen. Sie sind eine Leihgabe des Department of Environment and Natural Resources (DENR) der Philippinischen Regierung. Kurz darauf gelang im Kölner Zoo im Juli 2013 die Erstzucht des Philippinenkrokodils für Europa – ein Meilenstein. Es folgten weitere Nachzuchterfolge im tschechischen Krokodil-Zoo Protivin, im englischen ZSL London Zoo und im dänischen Krokodille Zoo. Es folgten die beiden Kölner Naturbruten von 2015 und 2021. So wuchs die Anzahl an Philippinenkrokodilen in Europa stetig an. Nun sind es insgesamt rund 50 Tiere, verteilt auf mittlerweile doppelt so viele Institutionen wie zu Beginn des Erhaltungszuchtprogramms.
Reverse the Red – aktiv gegen das Artensterben
Dies ist ein eindrucksvolles Beispiel für moderne Zooarbeit und das Aufstocken vom Aussterben bedrohter natürlicher Bestände. Das sieht auch der „One Plan Approach“ der Conservation Planning Specialist Group der IUCN vor, nämlich Artenschutz vor Ort mit Artenschutz durch Zoos und Zoohaltungen zu kombinieren, um in Zeiten schwindender Lebensräume und Wildtierbestände möglichst schnell und optimalen Artenschutz durchführen zu können. Durch Aufstocken geschwächter natürlicher Bestände aus Zoonachzuchten kann so der Bedrohungsstatus einer Art minimiert werden. Dieses Vorzeigebeispiel moderner Zooarbeit im Sinne des One Plan Approach wurde daher kürzlich als Erfolgsgeschichte auf der Homepage von Reverse the Red (https://www.reversethered.org/…) vorgestellt. Durch die Stärkung geschwächter natürlicher Bestände durch Zoonachzuchten kann nämlich der Bedrohungsstatus einer Art zurückgehen.
Weltnaturschutzunion unterstützt Zoo-Artenschutz-Strategie
„Das ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie von Zoos koordinierte Erhaltungszuchtprojekte aktiv zu in situ-Schutzmaßnahmen beitragen oder, wie in diesem Fall, überhaupt erst möglich machen“, sagt der Kölner Aquariumsleiter Prof. Dr. Thomas Ziegler, der auch Mitglied der internationalen IUCN Crocodile Specialist Group ist. Prof. Theo B. Pagel, Kölner Zoodirektor, bilanziert: „Das ist ein weiteres erfolgreiches Beispiel für den ,One Plan Approach’, umgesetzt durch moderne, progressive Zoos, die massiv Artenschutz vor Ort unterstützen und ermöglichen.“
Nur durch internationale Zusammenarbeit möglich
Nachdem das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Bonn und die philippinischen Behörden Grünes Licht für eine Rückführung gegeben hatten, also die Ex- und Importpapiere für diese international höchst geschützte Art bereitgestellt hatten, organisierte Bernd Marcordes, Transferkoordinator des Kölner Zoos, den Transport gemeinsam mit dem am Frankfurter Flughafen ansässigen Tierreisebüro Gradlyn („Gradlyn petshipping – The animal travel agency“). Ein aufwändiges Unterfangen, muss doch nicht nur ein Flug gebucht werden, sondern auch allerlei Papiere wie z.B. Gesundheitszeugnisse oder Kooperationsübereinkommen zusammengetragen werden.
Läuft weiterhin alles so wie geplant, werden weitere Rückführungen von Krokodilnachwuchs aus dem Europäischen Zuchtprogramm auf die Philippinen folgen. Auswilderungsgebiet ist der Süden der Philippinen. „Hier gibt es ausreichend Lebensraum für das Auswildern von Philippinenkrokodil-Nachzuchten, auch von anderen europäischen Zoos“, so Vicente P. Mercado und Rainier Manalo von Crocodylus Porosus Philippines Inc (CPPI), einer philippinischen NGO, die sich für den Krokodilschutz auf den Philippinen einsetzt und mit der der Kölner Zoo intensiv zusammenarbeitet.
Und CPPI hat weitere Pläne gemeinsam mit dem Kölner Zoo, unterstützt von der ZGAP und Spendengeldern aus der Kampagne „Zootier des Jahres 2021“, nämlich ein weiteres Schutzgebiet für Philippinenkrokodile zu schaffen, und zwar dort, wo die Art ursprünglich beschrieben wurde, wo es sie aber längst nicht mehr gibt, nämlich auf der den Artnamen – Crocodylus mindorensis – gebenden Insel Mindoro.
Info-Kasten: Reinerbigkeit ist Voraussetzung für Erhaltungszucht
Um die wenigen verbleibenden natürlichen Populationen in ihrem Lebensraum zu stärken, machte sich CPPI auf die Suche nach auswilderbaren Philippinenkrokodilen. In Köln wurden sie fündig. Zwar werden auch in philippinischen Farmen Krokodile gehalten, doch ist über die Herkunft dieser Tiere wenig bekannt. So fehlen z.B. verlässliche Informationen über ihre Reinerbigkeit. Das bedeutet, dass es nicht ausgeschlossen werden kann, dass auf philippinischen Farmen gehaltene Krokodile sich mit anderen dort gehaltenen Krokodilarten vermischt haben. Reinerbige Tiere sind aber eine Grundvoraussetzung für Erhaltungszuchtprogramme zur Wiederauswilderung. Bei fragwürdiger Herkunft von Ursprungstieren führen wissenschaftlich geführte Zoos genetische Untersuchungen durch. Gemeinsam mit Genetikern des Omaha’s Henry Doorly Zoo (USA) und des Zoologischen Instituts der Technischen Universität Braunschweig wurden die Kölner und darüber hinaus auch alle anderen in Europa gehaltenen Philippinenkrokodile schon vor Jahren getestet und als reinerbig bestätigt.
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