Der globale Datenbestand wächst rund um die Uhr: Laut Prognosen sollen 2025 bis zu 175 Zettabytes, also 175 mit 21 Nullen dahinter, zirkulieren[1]. Hinein spielt nicht nur die zunehmend Video-lastige Internetnutzung im privaten Raum, auch Tendenzen der Wirtschaft hin zu Industrie 4.0 und Smart Cities benötigen immer höhere Datenraten. Für die Übertragung dieser gigantischen Mengen ist eine neue, zuverlässige Infrastruktur vonnöten – denn die Kanalbreiten der ersten vier Generationen der Mobilfunkkommunikation (1 bis 4G) sind fast vollständig ausgelastet. Schon zur Etablierung der 5. Mobilfunkgeneration wurden deswegen höhere Frequenzen oberhalb der 6 GHz eingerichtet. Doch auch dieser Standard reicht nicht aus, um alle Anforderungen der Zukunftsanwendungen zu erfüllen. Deswegen wird bereits jetzt an 6G geforscht.
Ein Ziel des neuen Standards soll sein, im Bereich von Tbit/s Daten drahtlos zu übermitteln oder eine Echtzeitkommunikation zu ermöglichen. Um dies umzusetzen, werden hohe Bandbreiten benötigt: Solche sind oberhalb von 100 GHz vorhanden. Untersuchungen laufen derzeit unter anderem im so genannten D-Band, also dem Frequenzbereich von 110 GHz bis 170 GHz. Bevor Hardware-Module für diesen Bereich nutzbar werden, ist umfassende Forschungsarbeit nötig: Neuartige Module wie Package-integrierte Frontend-Komponenten und Antennen müssen entwickelt, aufgebaut und getestet werden.
Bei der Konzeption neuer Bauelemente tritt die hohe Freiraumdämpfung der Signale als ein großes Problem auf. Um diese zu überwinden, sind Architekturen mit hunderten Antennen pro Mobilfunk-Basisstation mit integrierter Strahlformung, so genannte massive MIMO-Architekturen, notwendig. Zusätzlich müssen die parasitären Terahertz-Effekte bei der Planung des Basisbands mitgedacht werden.
Das Konsortium im BMBF-geförderten Projekt 6GKom hat es sich zur Aufgabe gemacht, frühzeitig miniaturisierte, ultrabreitbandige Module zu entwickeln und somit ein Hardware-Fundament für die Mobilfunkkommunikation von morgen zu errichten. Zugleich werden innovative Testverfahren und -umgebungen simuliert, damit das D-Band-Modul nach Fertigstellung getestet, validiert und optimiert werden kann. Um die Spezifikationen der neuen Generation anwendungsorientiert umzusetzen, stimmten die Kooperationspartner ihre Vorstellungen im Vorfeld mit einem breit aufgestellten Industriebeirat aus den Bereichen Chip-, Leiterplatten- und Materialherstellung, der Telekommunikation sowie der Luftfahrt- und Landmaschinenindustrie ab.
Das Fraunhofer IZM koordiniert das Projekt und ist verantwortlich für die Entwicklung und den Aufbau einer aktiven 6G-Antenne sowie das Design und Packaging des Gesamtmoduls. Der Clou beim Aufbau ist das komplexe Design der Antenne: Um Verluste bei der Übertragung zu vermeiden, muss der Chip nämlich so nah wie möglich an der Antenne verbaut sein. Mit diesem Ansatz und bei der starken Miniaturisierung der Module entstehen sehr dichte Strukturen, so dass wiederum eine zuverlässige Wärmeableitung und Signalintegrität gewährleistet werden müssen. Unter Abwägung aller Anforderungen entschied sich das Expert*innen-Team rund um Michael Kaiser und Prof. Ivan Ndip für die Nutzung von Wafer-Level-Prozessen beim Aufbau: Dabei entstehen trotz feinster Strukturen nur sehr geringe Pfadverluste, zudem liegt die Rückseite des Packages frei, so dass an dieser Stelle eine direkte Anbindung zu einem Kühlkörper möglich ist.
Im Vergleich zu alternativen Lösungen – bei denen Antenne und Ansteuerchips als ein einziges Bauelement, sprich beide aus Silizium, hergestellt werden – setzt das 6GKom-Team auf den Aufbau einer Package-integrierten Antenne: Damit löst sich das Antennendesign vom Silizium als Grundmaterial. Die gewonnene Freiheit bei der Materialauswahl ermöglicht eine bessere Performance in Bezug auf die Bandbreite und den Antennengewinn. Die Packagingmaterialien können also hinsichtlich geringer Verluste ausgewählt werden, wodurch die Leistung effizient abgestrahlt und nicht in Verlustleistung umgesetzt wird. Schließlich würde die Platzierung auf dem Chip dessen Fläche deutlich vergrößern, was sehr kostenintensiv ist. Deshalb integrieren die Forschenden die Antennen außerhalb des Chips. Zum Projektabschluss wird ein finaler Demonstrator entstehen, mit dem in einem Laboraufbau drahtlos zwischen den D-Band Modulen kommuniziert werden kann.
In der ersten Phase der technologischen Kreation identifizierten die Forschenden mit Hilfe von Simulationen und der Herstellung von Teststrukturen die Eignung der Grundbausteine des Packages, wie Leitungen, Leitungsübergänge und Antennen für das D-Band. Die Antennen erreichen in der vorgesehenen Integrationsplattform Bandbreiten von circa 10 GHz. Durch die Bündelung mehrerer Kanäle können schließlich die Terabitdatenraten erreicht werden. Nachdem die aktiven Komponenten zur Steuerung der Antennenabstrahlcharakteristik von den Projektpartnern gefertigt wurden, beginnen die Expert*innen vom Fraunhofer IZM mit der Arbeit rund um die Integration zu einem Gesamtmodul. In enger Zusammenarbeit der Partner soll ein leistungsfähiges und zuverlässiges Hardware-System für Frequenzen über 100 GHz entstehen.
Das Projekt ForMikro – 6GKom wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter dem Förderkennzeichen: 16ES1104K mit 2,86 Mio. Euro gefördert. Die Forschungspartner sind neben dem Fraunhofer IZM die TU Berlin, die TU Dresden, die Universität Ulm sowie das Leibniz IHP. Der Industriebeirat fügt sich zusammen aus Airbus SE ALCAN Systems GmbH, Ansys, CONTAG AG, Continental AG, Creonic GmbH, Ericsson, Globalfoundries Inc., Heraeus Group, Infineon Technologies AG, Isola GmbH, John Deere, National Instruments Dresden, Rohde & Schwarz, Schott AG, TE Connectivity und Vodafone GmbH.
Mehr Informationen zum Projekt: www.6gkom.org
Das Fraunhofer IZM ist weltweit führend bei der Entwicklung und Zuverlässigkeitsbewertung von Technologien für die Aufbau- und Verbindungstechnik von zukünftiger Elektronik. Hierdurch entstehen Eigenschaften, die bislang eher untypisch für Mikroelektronik sind: zum Beispiel wird sie dehn- oder waschbar, hochtemperaturbeständig oder extrem formangepasst. Die Forschenden des Fraunhofer IZM setzen dabei ebenso Maßstäbe für die Umweltverträglichkeit von Elektronik.
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