Im Mai ist die Mahd in vollem Gang. Riesige Mähwerke mit Arbeitsbreiten bis zu 15 Metern schneiden das Gras auf den Wiesen. Anschließend wird es als Heu oder Silage an die Kühe verfüttert oder in einer Biogasanlage zu grüner Energie umgewandelt. Was für Landwirte eine notwendige Ernte ist, ist für frisch geborene Rehkitze, junge Feldhasen oder die Gelege seltener Wiesenvögel häufig das Ende. Es ist nicht einmal ein Wettlauf mit dem Tod, denn die jungen Wildtiere flüchten noch nicht. Sie drücken sich bei Gefahr dicht an den Boden und hoffen aufs Beste – meist vergeblich. Ehrenamtliche Rehkitzretter versuchen, den vielfachen Tod auf den Wiesen zu verhindern: Sie stehen in diesen Zeiten vor Sonnenaufgang auf und nutzen modernste Technik, um Wildtiere am Erdboden auszumachen. Mit Drohnen, die eine Wärmebildkamera tragen, erkennen sie aus der Luft, ob unten ein Wildtierherz schlägt.

Die Effektivität der Drohnensuche ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass neben Rehkitzen auch Junghasen, die anfangs nicht größer als ein Tennisball sind, mit geübtem Pilotenauge sicher gefunden werden. Bis zu zehn Hektar können auf diese Art in einer Stunde abgesucht werden. Wenn die Wildtierretter nicht nur nach Kitzen und Junghasen, sondern auch nach Bodenbrütern Ausschau halten, werden aus den Tierschützern auch noch Artenschützer. Denn während Tod und Verstümmelung bei Rehkitzen dringende Tierschutzprobleme sind, bedeuten Gelege- und Jungvogelverluste bei Wiesenvögeln enorme Rückschläge für den Artenschutz. „Kiebitz, Großen Brachvogel oder Wachtelkönig werden wir in unseren Grünlandregionen nur erhalten, wenn wir den Mähtod eindämmen“, sagt Dr. Andreas Kinser, Leiter Natur- und Artenschutz der Deutschen Wildtier Stiftung. „Zum Glück bietet die mittlerweile weit verbreitete Rehkitzrettung für den Wiesenvogelschutz eine riesige Chance: Rehkitzretter können mit etwas Know-how auch zu effektiven Wiesenvogelschützern werden“, so der Artenschützer.

Die Voraussetzung für erfolgreichen Tier- und Artenschutz bei der Wiesenmahd ist ein guter Draht zwischen Landwirten und Wildtierrettern. „Landwirte müssen den Jagdpächter oder ein von ihm beauftragtes Wildtier-Rettungsteam so früh wie möglich über den konkreten Mahdtermin und die konkrete Fläche informieren“, sagt Andreas Alfred Brandt, Vorsitzender der Deutschen Wildtierrettung e.V. Nur so können die Helfer rechtzeitig einen Einsatz organisieren. Brandt hat aber auch eine politische Forderung, um die Wildtierrettung noch effizienter werden zu lassen: Zum Zwecke der Wildtierrettung sollten Drohnen auch in Naturschutzgebieten und in der Nähe von Ortslagen uneingeschränkt eingesetzt werden dürfen. Dies ist bisher meist verboten.

Die Deutsche Wildtier Stiftung hat gemeinsam mit der Deutschen Wildtierrettung e.V. einen neuen Ratgeber zum Wildtierschutz bei der Mahd veröffentlicht. Neben Rehkitzen stehen dabei vor allem Wiesenbrüter im Fokus.

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