In einer Reihe von Prüfaufträgen, die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erteilt hat, geht es um die Frage, ob bei bestimmten Operationen ein Zusammenhang zwischen der Menge der pro Krankenhaus erbrachten Leistung und der Qualität des Behandlungsergebnisses nachweisbar ist. Für die Chirurgie kolorektaler Karzinome liegt nun der Rapid Report des IQWiG vor.

Demnach gibt es bei Darmkrebs-Operationen einen positiven Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge und der Behandlungsqualität – sowohl auf der Krankenhausebene als auch auf der Ebene der Ärztinnen und Ärzte. Auch für die Kombination der Leistungsmenge von Krankenhaus und Ärztin oder Arzt kann aus den vorliegenden Studien ein Zusammenhang zwischen einer höheren Leistungsmenge und einem besseren Behandlungsergebnis abgeleitet werden.

Kolorektale Karzinome bei Frauen zweithäufigste und bei Männern dritthäufigste Tumorart

In Deutschland sind Karzinome des Kolons und des Rektums bei Frauen nach dem Mammakarzinom die zweithäufigsten und bei Männern nach dem Prostata- und dem Bronchialkarzinom die dritthäufigsten Tumorarten. Im Jahr 2018 erkrankten 26 710 Frauen und 33 920 Männer erstmals an einem kolorektalen Karzinom.

Seit 2003 setzt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) für bestimmte planbare stationäre Leistungen verbindliche Mindestmengen für Kliniken fest: Krankenhäuser dürfen diese Leistungen grundsätzlich nur dann abrechnen, wenn die erforderliche Mindestmenge im jeweils nächsten Kalenderjahr aufgrund berechtigter Prognosen voraussichtlich erreicht wird.

Für die Chirurgie kolorektaler Karzinome ist derzeit noch keine jährliche Mindestmenge festgelegt. Im Juni 2022 beauftragte der G-BA das IQWiG, einen Rapid Report zum „Zusammenhang zwischen Leistungsmenge und Qualität des Behandlungsergebnisses bei der Chirurgie kolorektaler Karzinome“ zu erstellen.

Auf drei untersuchten Ebenen positiver Zusammenhang zwischen erbrachter Menge und Qualität der Leistung

Für den nun vorliegenden Rapid Report konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts 19 retrospektive Kohortenstudien (basierend auf Routinedaten) auswerten. Dabei ist die Dominanz US-amerikanischer Studien weniger deutlich als bei vorangegangenen Berichten zu Mindestmengen. 13 von 19 Studien stammen nicht aus den USA, sondern aus Deutschland, dem europäischen Ausland, Kanada oder Australien. Das ist für die Übertragbarkeit der Berichtsergebnisse auf die deutsche Versorgung wichtig, weil sich insbesondere das deutsche und das US-amerikanische Gesundheitssystem in einigen Punkten deutlich unterscheiden, zum Beispiel im Zugang zum Gesundheitssystem, in der Finanzierung aber auch in der mittleren Aufenthaltsdauer im Krankenhaus.

Bei der Auswertung der identifizierten Studien stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IQWiG für alle drei Ebenen einen (positiven) Zusammenhang zwischen der erbrachten Menge und der Qualität der Leistung fest:

[*]Am häufigsten untersuchten die eingeschlossenen Studien die Leistungsmenge pro Krankenhaus: Sie fanden für neun untersuchte Zielgrößen einen Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge und der Qualität des Behandlungsergebnisses zugunsten der Krankenhäuser mit höherer Leistungsmenge. Dies betraf unter anderem die kurz- und die langfristige Sterblichkeit (Mortalität), die Gesamtkomplikationen, das Nierenversagen, die Kontinenzerhaltung (Vermeidung eines künstlichen Darmausgangs), die Krankenhausaufenthaltsdauer und die Re-Intervention.
[*]Auf der Arztebene fand das Wissenschaftlerteam in den ausgewerteten Studien für drei von sechs untersuchten Zielgrößen einen Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge und der Qualität des Behandlungsergebnisses: für die kurzfristige Mortalität, für die Kontinenzerhaltung und für die Krankenhausaufenthaltsdauer.
[*]Auch auf der Ebene der Kombination der Leistungsmenge von Krankenhaus und Ärztin oder Arzt fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IQWiG für drei von vier untersuchten Zielgrößen (Kontinenzerhaltung und kurzfristige Mortalität, operationalisiert als 30- und 90-Tage-Mortalität) einen Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge und der Qualität des Behandlungsergebnisses zugunsten höherer Fallzahlen.

Nur für die Zielgröße gesundheitsbezogene Lebensqualität konnte das Wissenschaftlerteam keine Studie identifizieren. Auch für die Auswirkungen von in die Versorgung eingeführten Mindestfallzahlen auf die Qualität des Behandlungsergebnisses liegen keine Studien vor.

Vergleich mit Cochrane Review ergab übereinstimmende Ergebnisse

Der jetzt vorliegende Rapid Report des IQWiG unterscheidet sich von früheren Berichten zu Mindestmengen dadurch, dass die Ergebnisse zusätzlich mit den Ergebnissen eines Cochrane Reviews von 2012 verglichen wurden. Die Fragestellungen der beiden Untersuchungen, die eingeschlossenen Studientypen und die Zielgrößen sind weitgehend gleich und die Ergebnisse beider Untersuchungen werden im vorliegenden Rapid Report gegenübergestellt: Die Ergebnisse des Rapid Reports sind im Wesentlichen konsistent mit den Ergebnissen der Metaanalysen des früheren Cochrane Reviews, die weniger Zielgrößen und diese nur auf Krankenhaus- und auf Arztebene untersucht hatte.

Zum Ablauf der Berichtserstellung

Der G-BA hatte das IQWiG im Juni 2022 beauftragt, den Bericht zum Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge und der Qualität des Behandlungsergebnisses für die Chirurgie kolorektaler Karzinome in einem beschleunigten Verfahren als „Rapid Report“ zu erarbeiten. Zwischenprodukte wurden daher nicht veröffentlicht und nicht zur Anhörung gestellt. Dem Auftraggeber ist dieser nun veröffentlichte Rapid Report am 15. März 2023 zugegangen.

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