Honorarkräfte, Pfleger oder Physiotherapeutinnen: Freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind flexibel und günstig. Aber nur auf den ersten Blick. Denn sie können für Auftraggeber richtig teuer werden, wenn die Scheinselbstständigkeitsfalle zuschnappt – und das passiert immer häufiger.

Schon die Bezeichnung Scheinselbstständigkeit lässt es erahnen: Es handelt sich um Personen, die „zum Schein“ als selbstständige Unternehmerinnen und Unternehmer auftreten. Bei genauerer Betrachtung handelt es sich jedoch meist um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, also Angestellte. Für Auftraggeber haben Selbstständige oder freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den ersten Blick viele Vorteile:

  • Der Auftraggeber muss keine Sozialversicherungsbeiträge abführen.
  • Der Auftragnehmer spart sich die Lohnsteuer.
  • Der Auftraggeber muss dem Selbstständigen keine Arbeitnehmerrechte etwa Kündigungsschutz, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsanspruch einräumen.

In den meisten Fällen sind sich Auftraggeber und Auftragnehmer nicht bewusst, dass Scheinselbstständigkeit vorliegt. „Stellt sich erst im Nachhinein heraus, dass es sich bei dem Auftragnehmer um einen Scheinselbstständigen handelt, hat dies dann verheerende Folgen für beide“, sagt Mathias Parbs, Steuerberater bei Ecovis in Rostock.

Gravierende Konsequenzen für Auftraggeber

Stellen die Prüfer bei einer Sozialversicherungsprüfung fest, dass der freie Mitarbeiter angestellt tätig ist, sind die Folgen zahlreich und finanziell schmerzhaft.

  • Die Prüfer unterstellen ein illegales Beschäftigungsverhältnis. In diesem Fall gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart. Dabei rechnen die Prüfer Beiträge und Abgaben nicht heraus, sondern rechnen sie im Abtastverfahren auf ein hypothetisches Bruttoarbeitsentgelt hoch.
  • Arbeitgeber müssen Sozialversicherungsbeiträge inklusive Säumniszuschlägen in Höhe von zwölf Prozent pro Jahr sowie die Lohnsteuer nachzahlen. Die Beitragsnachzahlungen verjähren erst nach vier Jahren. Bei vorsätzlich vorenthaltenen Beiträgen sind das sogar 30 Jahre. Die Lohnsteuer lässt sich bis zur Verjährungsgrenze nachfordern. Die reguläre Verjährungsfrist liegt hier ebenfalls bei vier Jahren.
  • Der freie Mitarbeiter oder Selbstständige wird zum Arbeitnehmer mit allen arbeitsrechtlichen Konsequenzen. So hat er beispielsweise Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit, Erholungsurlaub und Kündigungs- oder Mutterschutz.
  • Hat der Freiberufler Rechnungen mit Umsatzsteuer ausgestellt, handelt es sich um einen unberechtigten Steuerausweis. Der Arbeitgeber muss in diesem Zusammenhang zu Unrecht geltend gemachte Vorsteuer mit Zinsen rückwirkend an das Finanzamt zurückzahlen.
  • In der Unfallversicherung kann Regress drohen.

Was Auftragnehmer bei Scheinselbstständigkeit erwartet

Deckt eine Prüfung Scheinselbstständigkeit auf, müssen auch Auftragnehmer mit Folgen rechnen. Sie sind aber nicht so gravierend wie für Auftraggeber. Das reguläre Arbeitnehmerverhältnis des selbstständig Tätigen beginnt mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, also mit Aufnahme der Vertragsbeziehungen. Ausnahme: Das Arbeitsverhältnis beginnt erst mit dem Tag der Bekanntgabe der Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund über Vorliegen der Scheinselbstständigkeit, wenn ein Statusfeststellungsverfahren innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit angestoßen wurde.

Ab dem Zeitpunkt, an dem die Scheinselbstständigkeit festgestellt ist, liegt ein reguläres Arbeitnehmerverhältnis mit allen Arbeitnehmerrechten, aber auch -pflichten vor. Der Auftragnehmer muss dann

  • seine gestellten Rechnungen nachträglich korrigieren (Umsatzsteuer und Vorsteuer),
  • dem Finanzamt die in Abzug gebrachte Vorsteuer zurückzahlen und
  • seinen Anteil zur Sozialversicherung für drei Monate rückwirkend zahlen.

Damit für alle Beteiligten diese unschönen Folgen ausbleiben, „empfehlen wir, ein Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund auf den Weg zu bringen. Das bringt im Zweifelsfall Klarheit“, sagt Parbs.

Die Indizien für Scheinselbstständigkeit

In den vergangenen Jahren kamen die Sozialgerichte oft zu dem Ergebnis, dass nicht von einer selbstständigen Tätigkeit, sondern von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist. Meist wurde die Entscheidung damit begründet, dass der Auftragnehmer

  • seiner Tätigkeit in den Räumen des Auftraggebers nachgeht,
  • kein eigenes Unternehmerrisiko hat,
  • die Arbeitsmittel und Geräte des Auftraggebers nutzt,
  • fest in die Prozesse und Organisation des Auftraggebers eingebunden ist,
  • feste Arbeitszeiten hat und seine geleistete Arbeit dokumentieren muss oder
  • vom Gewinn und Verlust unabhängige Bezüge bekommt.

So läuft das Statusfeststellungsverfahren

Das kostenlose Verfahren klärt verbindlich für alle Träger der Sozialversicherung den Status einer Person, ob sie also als Selbstständiger oder als abhängig Beschäftigter anzusehen ist. Diese Prüfung führt die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund durch. Den Antrag dazu kann der Arbeitgeber genauso stellen wie der freie Mitarbeiter selbst. Mehr dazu auch hier: http://www.clearingstelle.de/

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