Umso wichtiger ist es, dass jeder mit Hörproblemen die richtige Unterstützung bekommt. Dafür sorgen Hörakustikerinnen wie Jana Ritter aus Engen. Wegen der immer älter werdenden Gesellschaft kommt dem Gesundheitshandwerk eine wachsende Bedeutung zu. Doch die Versorgung für Betroffene könnte viel besser sein, sagt Jana Ritter. Leider werde noch oft eine Beeinträchtigung des Gehörs zu spät erkannt oder zu spät behandelt.
Dabei kommen dank technischem Fortschritt in immer kürzeren Intervallen neue Hörgeräte auf den Markt. Waren es früher etwa fünf Jahre, ist es heute ein Jahr, so die Hörakustikmeisterin. So helfe mittlerweile auch künstliche Intelligenz und Sprachsteuerung, um noch mehr aus den kleinen Hörhilfen herauszuholen. Diese wurden im Laufe der Jahre immer kleiner und kompakter, so dass sie teilweise kaum noch auffallen, erzählt Jana Ritter, die von der Technik in den Geräten begeistert ist.
Allerdings ist einiges komplizierter und bürokratischer geworden, seitdem es neue Versorgungsverträge mit den gesetzlichen Krankenkassen gibt. Vorher konnten Patienten deutlich einfacher nach etwa sechs Jahren ein neues Hörgerät beantragen, erzählt Jana Ritter. „Doch aktuell wird nicht unbedingt zugunsten der Patienten entschieden“, bemängelt sie. „Die Krankenkassen prüfen die Kostenvoranschläge sehr ausführlich und lehnen oft ab. So lange müssen wir in Vorkasse treten.“
Ein finanzielles Risiko für die Selbständige, die ihre Kunden mit Leidenschaft und Expertenwissen viele Stunden berät, diese als Dienstleistung aber nur anteilig bezahlt bekommt. „Egal wie lange ich berate und wie viele Hörgeräte der Patient anprobiert. Ich bekomme eine Pauschale von den Kassen bezahlt“, sagt Jana Ritter, die Filialen in Engen, Stockach und Radolfzell besitzt. Doch sie betont, dass das nichts daran ändert, dass sie ihren Beruf von Herzen gern ausübt und jedem das bestmöglichste Hören ermöglichen möchte.
Wer eine Hörhilfe braucht, braucht auch eine Verordnung vom Hals-, Nasen-, Ohrenarzt, damit die Krankenkasse die Kosten übernimmt. Im Fachgeschäft führt die Hörakustikmeisterin oder einer ihrer zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Bedarfsanalyse sowie weitere Hörmessungen durchführen. „Wir testen, wie viel der Kunde mit Hörgeräusch noch verstehen kann. Anschließend machen wir ein Hörtraining von 14 Tagen mit einem Testgerät.“ Der Kunde sieht so, was die Geräte wieder möglich machen. Im Anschluss entscheidet sich der Kunde für ein Gerät – im Ohr oder hinter dem Ohr.
„Der Hilfsmittelkatalog sieht einen Basisbetrag vor, den die Kassen übernehmen“, erklärt Ritter. Doch oft ergebe die Bedarfsanalyse, dass der Patient ein anderes Gerät brauche oder wünscht. „Das geht dann nur mit Zuzahlung. Die Kassen zahlen das in der Regel nicht – auch nicht, wenn der Patient damit besser hören würde.“ Klar seien die Basisgeräte auch für bestimmte Bedürfnisse passend, aber eben nicht für alle. „Wenn man die High-End-Geräte mit einem Steinway-Flügel vergleicht, dann ist das Basisgerät wie eine Melodica“, macht sie die Qualitätsunterschiede deutlich. So könne auch sie nicht jedem optimal helfen.
Wie viele Handwerksbetriebe kämpft Jana Ritter mit Preissteigerungen und Lieferschwierigkeiten. Die Mehrkosten möchte sie nur ungern an die Kunden weitergeben, da sich das auf die optimale Versorgung auswirke. „Trotzdem haben ich habe die Kosten für die Geschäfte und die Wartung der Messtechnik sowie die Mitarbeiter und deren Fortbildungen. Aber damit heben wir uns als Fachgeschäft vor Ort vom Online-Handel ab“, sagt sie. „Wir sind präsent, haben ein offenes Ohr – auch für die nicht immer hörbezogenen Probleme der Kunden. Und bei Schwierigkeiten können wir sofort helfen – mit Herz und Verstand. Das macht uns aus.“
Vorteile bringe ein Kauf im Internet nicht unbedingt. „Die Geräte können online und zuhause vom Sofa aus gar nicht so vernünftig angepasst werden wie im Fachgeschäft. Online bezahlen die Kunden für eine andere Leistung. Preise lassen sich so schwer vergleichen. Oft kommen die Kunden dann doch noch zusätzlich ins Fachgeschäft. In Summe kostet sie das deutlich mehr als der Direktkauf im Fachgeschäft.“ Ungleich sei der Wettbewerb auch, da sich die Handwerksbetriebe regelmäßig teuer zertifizieren lassen müssten. Für den Onlinehandel gebe es diese Vorgaben bislang noch nicht.
Den Fachkräftemangel bekommt die Unternehmerin nicht zu spüren. „Wir haben oft Praktikanten, die wir dann als Azubis übernehmen.“ Derzeit werden zwei bei ihr ausgebildet. Der Job ist krisensicher. „Schwerhörige gibt es immer“, sagt Jana Ritter.
Besonders gerne arbeitet Jana Ritter mit Kindern, denen sie wieder ein besseres Gehör schenkt. Die Hörakustikerin hat sich auf Hörgeräte für Kinder spezialisiert. „Die Kinder sind so dankbar, wenn sie wieder mehr wahrnehmen können.“ Das gebe ihr selbst auch viel.
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Die Gesundheitshandwerke in Deutschland leisten einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsversorgung. Ihre Produkte und Dienstleistungen sind individuell angepasst und machen ihren Kunden das Leben wieder angenehmer. Wir stellen in vier Teilen einige Betriebe vor, um sichtbar zu machen, was sie leisten aber auch, wo die Probleme
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