Von der Krise in den Boom und direkt zurück in die Krise: Die letzten Jahre waren geprägt von wirtschaftlichen Unsicherheiten. Thomas Meier, Portfoliomanager bei MainFirst Asset Management, befürchtet, dass wir in eine Art „Stop-and-Go Wirtschaft“ geraten könnten, wenn die Politik bei ihrem aktuellen Kurs bleibt.

Der Experte vergleicht die aktuelle Marktsituation gerne mit dem Straßenverkehr: „Jeder Pendler kennt wahrscheinlich den Stop-and-Go-Verkehr. Diese nervenaufreibende Form der Fortbewegung lässt sich auf die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung übertragen“, sagt er.

Die letzten drei Jahre seien von großen Veränderungen geprägt gewesen. Zuerst habe das Coronavirus das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben zum Erliegen gebracht. Ein Stillstand, der zu erheblichen Anpassungen in der gesamten Wirtschaft geführt habe: Kurzfristige Entlassungen, vor allem in den USA, Stornierungen von Aufträgen und Anpassungen der Produktionskapazitäten. Zwar hätten einige Branchen von der Abschottung profitiert, insgesamt sei die Wirtschaft jedoch hart getroffen worden. „Eine Vollbremsung auf der linken Spur sozusagen“, meint Meier.

Die Maßnahmen der Regierungen und Notenbanken hätten dann zu einem Nachfrageschub geführt, der die Lagerbestände der Produzenten und Händler schnell geleert habe. Diese wiederum hätten versucht, ihre Produktion rasch hochzufahren und ihre Lager zu füllen. „Übertragen auf den Verkehr könnte man das als Kickdown bezeichnen“, so Meier. Diesen Boom könne man zum Beispiel an den Frachtraten für Container erkennen, diese hätten sich innerhalb kürzester Zeit um ein Vielfaches erholt. Gleichzeitig hätten einige Regionen, wie zum Beispiel China, weiterhin mit Corona-bedingten Fabrikschließungen zu kämpfen gehabt.

Die Folge seien stark steigende Preise und massive Verzögerungen in den Lieferketten gewesen. Die logistischen Engpässe wiederum hätten zu massiven Lieferverzögerungen geführt. „Manch in Asien produzierter Weihnachtsschmuck kam erst zu Ostern bei den Kunden an“, sagt Meier. Die Wirtschaft hätte kaum Zeit gehabt sich zu erholen, bevor der nächste Schock folgte: Der Angriff Russlands auf die Ukraine. Dieser habe zu stark steigenden Rohstoffpreisen geführt und einen Paradigmenwechsel der Zentralbanken ausgelöst. Diese hätten die Zinsen stark erhöht, was vor allem in Europa zu Konjunktursorgen geführt habe. 

Gleichzeitig sei die allgemeine Nachfrage wieder gesunken, was den Unternehmen große Kopfschmerzen bereitet habe. „Ich glaube, dass die Firmen deshalb auch erstmal weniger investieren werden“, so der Experte. Unternehmer seien aktuell auch in ihren Geschäftsberichten vorsichtig, da Lagerbestände noch korrigiert werden müssten und es noch wenig Informationen über die Nachfrage in den nächsten Monaten gebe. Viele Modehändler würden aktuell auf hohen Lagerbeständen sitzen bleiben, während Autokäufer lange auf einen Neuwagen warten müssten.  

Wenn sich die Schätzungen eines deutlichen Konjunkturrückgangs in diesem Jahr bewahrheiten, glaubt Meier, dass auch dieses Mal die Politik schnell den Fuß von der Bremse nehmen werde und das Gaspedal wieder durchdrücken würde: „Das hätte weitreichende Konsequenzen für die Wirtschafts- und Kapitalmarktakteure. 

Solche kurzfristigen und heftigen Schwankungen der Wirtschaft würden wahrscheinlich weiter anhalten, meint Meier: „Auch die jüngsten Verwerfungen im Finanzwesen untermauern diese Sichtweise eines schwankungsintensiveren Verlaufes der Wirtschaft und Kursen an den Finanzmärkten." Die Zeiten längerfristiger Zyklen seien vorbei. Die vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit würden auch mittelfristig nur zu ruckartigen Fortschritten führen.  „Das Motto des Autofahrers im Stau gilt daher auch für alle Kapitalmarktteilnehmer: Ruhe bewahren!“, resümiert der Portfoilomanager.

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