Die Anleihen-Experten von DPAM Sam Vereecke, CIO Fixed Income, und Lowie Debou, Fondsmanager Fixed Income schätzen die weitere Geldpolitik der EZB ein: 

Da die Straffung über die Kreditvergabe nach dem jüngsten Bankenschock zugenommen hat, dürfte die Straffung der Zinssätze geringer ausfallen als bisher angenommen. Das bedeutet nicht, dass die EZB und andere Zentralbanken aufhören werden, die Zinsen zu erhöhen, aber wir sind dem Höhepunkt der Zinsen näher gekommen.   

Bisher hatte der Straffungszyklus nur begrenzte Auswirkungen auf die Realwirtschaft. Der Konsum ist nach wie vor lebhaft, die Unternehmen nach wie vor sehr profitabel. Nach den jüngsten Ereignissen stellt sich vor allem die Frage, ob die Probleme der US-Regionalbanken und der Credit Suisse zu einer weltweiten Ansteckung unter den Finanzinstituten führen werden. Dies würde die Zentralbanken der Industrieländer veranlassen, den Zinserhöhungszyklus früher als erwartet zu beenden oder sogar den geldpolitischen Kurs zu ändern. Bislang gehen wir davon aus, dass dies nicht der Fall sein wird.  

Auf kurze Sicht sehen wir jedoch folgende Risiken: 

  1. Sollte eine Bank aus Europas Peripherie die nächste in der Reihe sein, würden sich die Spreads der Peripherie im Vergleich zu den sicheren Häfen ausweiten. Wir halten dies für sehr unwahrscheinlich, da die Credit Suisse ein ganz besonderer Fall zu sein scheint und die Regulierungsbehörden um die Wichtigkeit des Vertrauens in das Finanzsystem wissen. Sollte die Ansteckungsgefahr zunehmen, werden sie klare und energische Maßnahmen ergreifen. Die EZB hat bereits öffentlich ihr effektives Transmissionsschutzinstrument in Erwägung gezogen.
  2. Würde dies den Kurs der EZB wesentlich ändern? Lagarde hat deutlich gemacht, dass die Zinsanhebung um 50 Basispunkte aus Sicht der Inflationsbekämpfung sehr vernünftig ist, dass aber die Finanzstabilität mit dem Hauptziel der EZB abgestimmt werden muss. Sie werde nicht zögern, auch neue Instrumente zu schaffen, die auf die Belange der Finanzstabilität ausgerichtet sind. Darüber hinaus hat die Bank of England gezeigt, dass die Geldpolitik auch dann ihren Kurs beibehalten kann, wenn die Bilanz genutzt werden muss, um ein Problem vorübergehend zu lösen. Allerdings verstärkt ein Bankenschock die Übertragung der Geldpolitik über die Kreditvergabe. Damit sinkt die Notwendigkeit, den geldpolitischen Zinssatz zu erhöhen.

Mittelfristig ist der geldpolitische Kurs noch nicht ganz klar, da der Inflationsdruck nicht so schnell nachlässt wie erhofft. Auch wenn die Energiepreise stark rückläufig sind, hält sich die Kerninflation hartnäckig.  

Nach den aktuellen Ereignissen wird die EZB die geldpolitische Straffung zumindest verlangsamen, auch wenn die Inflation noch nicht vollständig mit dem Ziel übereinstimmt. Lieber auf Nummer sicher gehen – d. h. abwarten, bis die Geldpolitik voll durchschlägt – als etwas zu bereuen. Die EZB wird versuchen, die Wahrscheinlichkeit einer falschen Entscheidung zu mindern, um nicht die Geldpolitik hinterher stärker lockern zu müssen, als sie gestrafft wurde.

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