Nach Einschätzung von Riehle setze man vor allem aus wirtschaftlichen Erwägungen auf jene Therapierichtungen, die prinzipiell mit wenigen Sitzungen auskämen und zu einem schnellen Erfolg führten: „Nicht nur aus meiner Krankheitsbiografie kann ich berichten, dass gerade die expositorische Verhaltenstherapie zwar zu raschen Resultaten führen kann, aber eben nicht langfristig wirken muss. Dies hat vor allem mit dem Umstand zu tun, dass sich dieses Verfahren vornehmlich mit den Symptomen befasst und Ursachen der psychischen Erkrankung weitgehend außer Acht lässt. Wer Unkraut nur abschneidet, ohne seine Wurzeln zu entfernen, wird alsbald erleben können, wie die Probleme nachwachsen“, argumentiert der Selbsthilfegruppenleiter, der mittlerweile rund 5000 Patienten durch Beratung ergänzend begleitet habe und aus deren Geschichten weiß, dass viele von ihnen mit Verhaltenstherapie zwar zügig Linderung der Zwänge und Ängste erfuhren, aber schon nach wenigen Monaten oder Jahren in die alten Muster zurückgefallen sind: „Ohne Frage, psychoanalytische Therapien, tiefenpsychologische Gesprächstherapien oder systemische Therapien sind für Betroffene weitaus anstrengender, zeitaufwändiger und verlangen mehr Offenheit ab. Denn sie suchen nach der Auslösesituation, Ursprüngen oder Persönlichkeitsmustern, die die Erkrankung aufkeimen ließen und sie aufrecht erhalten. Und da muss man manchmal eben auch bis in die Kindheit zurückgehen, das mag belastend sein. Allerdings ist die Aussicht, mit einer Bearbeitung von Gründen Zwänge und Ängste an ihrem psychodynamischen Ausgangspunkt zu packen. Um es mit einem Modewort zu beschreiben: Diese Varianten einer Psychotherapie sind nachhaltiger, weil sie nicht nur am Erscheinungsbild der Krankheit herumdoktern, sondern sie verständlich und nachvollziehbar machen. Das ist eine gute Basis, Patienten mit ihr zu versöhnen und endgültig aufzulösen“, sagt Riehle abschließend.
Die Psychosoziale Beratung der Selbsthilfeinitiative ist kostenlos über www.selbsthilfe-riehle.de erreichbar.
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