Grundsätzlich sind sich alle einig – Bund und Länder, Krankenkassen und Verbände: Wir brauchen eine Krankenhausreform. Die Vorschläge einer Regierungskommission liegen auf dem Tisch. Bis zum Sommer sollen die Eckpunkte für das Gesetz stehen. Doch inzwischen geht es an die Umsetzungsdetails – also „ans Eingemachte“.

Eine Auswirkungsanalyse im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft hat gezeigt, dass der Änderungsbedarf noch erheblich ist, wenn das Ziel der Reform – die zukunftsfeste Gesundheitsversorgung – tatsächlich erreicht werden soll.

Nach den ersten beiden Terminen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die nun über die Reform berät, zeigt sich, dass es auch aus Sicht der Länder noch deutliche Änderungen geben muss. Die Länder dringen zunächst auf Öffnungsklauseln und Ausnahmeregelungen.

„Gleiche Regeln für alle, aber die Möglichkeit von Ausnahmen und Öffnungsklauseln“, wie Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach erklärte. Auch dafür muss es natürlich Regeln geben. Doch wie das alles mit den vorgesehenen Leveln, Vorhaltepauschalen, Leistungsgruppen, der vorgesehenen Finanzierung, etc. zusammengebracht werden soll, wollen wir als VKD nicht nur gespannt abwarten.

„Krankenhäuser sind die Anker der Gesundheitsversorgung – diese Ankerfunktion muss in ihrer Leistungsfähigkeit erhalten, wirtschaftlich und finanziell gestärkt sowie qualitativ weiterentwickelt werden“, sagt VKD-Präsident Dr. Josef Düllings. „Angesichts der Lage, in der sich viele Krankenhäuser seit längerem befinden, fordern wir als Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands schon seit etlichen Jahren eine Krankenhausreform. Diese Reform darf aber nicht zur Zerstörung funktionierender Strukturen führen – nicht Revolution, sondern Evolution. Daher sehen wir als Praktiker das Papier der Regierungskommission in Teilen als deutlich zu radikal an. Ohne Änderungen umgesetzt würde es aus Sicht des VKD zu oft sowohl für die Patienten als auch für unsere Belegschaften zu nicht nachvollziehbaren Umbrüchen – sprich Lücken – in der Versorgungslandschaft führen.“

Grundsätzliche Positionen für eine zukunftsfeste Gesundheitsversorgung hat der VKD bereits im vergangenen Jahr aus Sicht der Praxis formuliert (www.positionen-des-vkd.de). Hier seien sie mit Blick auf den aktuellen Stand der Diskussion noch einmal kurz zusammengefasst:

Eine flächendeckende, stabile und qualitativ hochwertige Patientenversorgung muss auch in Zukunft für alle Bürger in Deutschland gleichwertig gewährleistet sein. Sie muss daher in Zukunft differenzierte Regelungen für die unterschiedlichen Bedingungen in den Ländern und Regionen berücksichtigen.

Hier sehen wir nach wie vor die Länder in der Pflicht, die Krankenhausplanung entsprechend zu gestalten, künftig auch die vorgesehenen Leistungsgruppen festzulegen und mit den Selbstverwaltungspartnern abzustimmen. Flexibilität im Sinne bereits bestehender und gut funktionierender Strukturen sollte die Richtschnur sein.

Für die angestrebten und notwendigen vernetzten Versorgungsstrukturen unabdingbar sind Krankenhäuser aller Versorgungsstufen. Basis ist dabei die Erreichbarkeit einer stationären Grundversorgung mit einer Notfall- und Intensivversorgung innerhalb von 20 Minuten für jeden Bürger.

Das Krankenhaus ist heute im Notfall bereits erste Anlaufstelle für die Bürger. In allen Häusern mit einer Notfallstufe des Gemeinsamen Bundesausschusses sollte daher ein Integriertes Notfallzentrum vorhanden sein, das in Verantwortung des jeweiligen Krankenhauses betrieben wird – mit Einbindung von KV-Ärzten, wenn diese das ermöglichen können.

Ebenfalls seit etlichen Jahren fordert der VKD eine Reform der Finanzierung über Fallpauschalen und deren Ergänzung durch Vorhaltepauschalen für alle bedarfsnotwendigen Häuser vom Grundversorger bis zur Hochleistungsklinik. Diese Weiterentwicklung muss zwingend auch eine Strukturkomponente beinhalten.

Unabdingbar ist aber auch Gesetzestreue durch die Länder bei der Investitionsfinanzierung inzwischen in Höhe von acht Milliarden Euro im Jahr. Ohne diese Mittel kommt es zu einer fortgesetzten und kumulativen Unterfinanzierung der Kliniken. Kommen die Bundesländer dieser Verpflichtung weiterhin nicht hinreichend nach, sieht der VKD den Bund in der Pflicht, den in jedem Jahr fehlenden Anteil für eine bedarfsgerechte Investitionsförderung zu übernehmen.

Die vorangetriebene Ambulantisierung und die damit zunehmende Behandlung bisher stationär erbrachter Leistungen in den Krankenhäusern, erfordert ebenfalls neue Strukturen – und damit Investitionsmittel.

Notwendig scheint inzwischen auch eine realistische Einschätzung der tatsächlichen Möglichkeiten, niedergelassene Ärzte sowohl in die ambulante Notfallversorgung einzubeziehen,   Bereitschaftsdienstpraxen an Krankenhäusern rund um die Uhr zu besetzen sowie als Belegärzte in Gesundheitszentren tätig zu werden, die als Ersatz kleiner Krankenhäuser in Flächenregionen betrieben werden sollen. Angesichts der stetig weiter aufreißenden Lücken im KV-Bereich sind diese Vorstellungen nicht zukunftsfähig.

Von den Beschäftigten in den Krankenhäusern wird mit der Reform ein weiterer Kraftakt gefordert, der eine hohe Veränderungsbereitschaft voraussetzt. Fachkräftesicherung steht an vorderster Stelle. Ein wichtiges Signal wäre daher der deutliche Abbau der uns auferlegten überbordenden Bürokratie, mit denen das Personal viele Stunden am Tag beschäftigt ist.

Insgesamt notwendig ist ein koordinierter, am veränderten Versorgungsbedarf angepasster und für die Einrichtungen finanziell abgesicherter Strukturwandel, insbesondere auch während der Übergangsphase der Reform. Für die geplanten Strukturveränderungen ist die Bereitstellung von zusätzlichen Investitionsmitteln unerlässlich. Geklärt werden müssen daher Fragen der Transaktionskosten, denn eine komplexe Reform, wie sie in den kommenden Jahren bewältigt werden soll, ist nicht zum Nulltarif umzusetzen. Je radikaler sie im Übrigen ausfällt, desto teurer wird es für Bundes- und Länderhaushalte.

Der erste Schritt in Richtung großer Reform ist aber die wirtschaftliche Stabilisierung der Krankenhäuser. Hier fordert der VKD schnelle Entscheidungen des Bundes. Aus einer Finanzkrise heraus, in der sich ein Großteil der Häuser befindet, kann keine große Strukturreform gelingen.

Als VKD gehen wir optimistisch davon aus, dass sich die im Sommer vorliegenden Eckpunkte für ein Reformgesetz noch deutlich von den Vorschlägen der Regierungskommission unterscheiden werden. Immerhin will das Bundesgesundheitsministerium nun auch selbst eine Auswirkungsanalyse in Auftrag geben. Offenbar glaubt man im Bundesgesundheitsministerium der vorliegenden Analyse der DKG nicht, obwohl sie doch von einem Mitglied der Regierungskommission federführend erarbeitet wurde. Auch die Ersatzkassen haben ihre Missbilligung daran schon geäußert und konstatiert: „Berechnungen zu vermeintlichen Auswirkungen der Kommissionsvorschläge, die den Eindruck erzeugen sollen, die Versorgung würde gefährdet, entbehren fachlicher Grundlagen und verunsichern die Bevölkerung.“

Und die Analyse hat natürlich erhebliches „Verunsicherungspotenzial“. Doch Krankenkassen, die für ihre Versicherten eine funktionierende Versorgung wünschen, und zwar überall im Land, sollten sich mit den Ergebnissen intensiv beschäftigen. Die Vorschläge der Regierungskommission müssen in der Praxis funktionieren. Das sehen die Praktiker derzeit noch nicht. Ein gemeinsamer Kraftakt aller Beteiligten ist notwendig – und der sollte dann auch zu einer besseren und zukunftsfähigen Versorgung führen.

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