„Die Menschen, die vor dem russischen Aggressor aus der Ukraine nach Deutschland fliehen, sind bei der Suche nach einem neuen Zuhause weiter stark auf die Gastfreundschaft privater Haushalte angewiesen. Kleine Einliegerwohnungen, die eigentlich für die Großeltern gedacht waren, Ferienwohnungen, Dachetagen – viele Türen wurden geöffnet und Familien rückten zusammen. Das großartige Engagement kann aber jederzeit Belastungsgrenzen übersteigen, nicht nur wenn die Heizkosten plötzlich durch die Decke gehen. Wir müssen als Gesellschaft alles dafür tun, damit nicht nur die geflüchteten Menschen, sondern auch diejenigen, die sie willkommen heißen, unterstützt werden und gut durch diese Zeit kommen“, erklärt Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. Eine aktuelle Abfrage in den Caritasverbänden, die Begleit- und Beratungsangebote für Gastgeberinnen und Gastgeber vorhalten, zeigt: Der Bedarf an Beratung und Begleitung ist sehr groß. Die Inanspruchnahme solcher Angebote ist ein wichtiger Baustein dafür, dass private Aufnahme längerfristig möglich ist.

„Egal, wie hoch die Motivation und wie empathisch die Einstellung: Menschen über Wochen und Monate bei sich aufzunehmen, die möglicherweise krank vor Sorge um die in der Heimat gebliebenen Angehörigen und deren Zukunftsaussichten ungewiss sind, ist nicht nur Sonnenschein und Regenbogen,“ so die Caritas-Präsidentin.

Wohnraum in vielen Kommunen knapp

Zusammen mit seinem Hilfswerk Caritas international, geht der Deutsche Caritasverband davon aus, dass weiter Menschen die Ukraine verlassen werden, um sich vor dem Krieg in Sicherheit zu bringen. „Zunehmende Kampfhandlungen verbunden mit der winterlichen Kälte im Land geben uns und unseren Caritas-Partnern vor Ort berechtigten Anlass zur Sorge, dass sich die humanitäre Lage in der Ukraine in den kommenden Wochen dramatisch verschlechtern wird,“ so Oliver Müller, Leiter von Caritas international.

Ein Großteil der aus der Ukraine nach Deutschland geflüchteten Menschen ist privat untergebracht und diese Form der Unterbringung wird weiterhin eine wichtige Rolle spielen müssen, da Wohnraum in vielen Kommunen knapp ist. Zahlreichen Kommunen fehlt es auch an geeigneten Räumlichkeiten für Flüchtlingsunterkünfte.

Gastgeber_innen nicht allein lassen

An bundesweit 20 Standorten, zum Beispiel in Köln, Chemnitz oder Wuppertal, bietet die Caritas Unterstützung in Form von eigens eingerichteten Anlauf- und Beratungsstellen für private Gastgeber_innen und die Menschen, die sie aufgenommen haben. Angebote sind etwa Mediationen bei Konfliktsituationen und die Weitervermittlung der Geflüchteten an zuständige Ämter und Dienste – damit die Gastgeber_innen sich nicht auch noch um einen Kitaplatz, Anträge für Sozialleistungen oder psychologische Unterstützung kümmern müssen. Das spendenfinanzierte Angebot der Caritas zur Beratung und Begleitung der Gastgeber_innen reicht angesichts der Bedarfe bei weitem nicht aus – die Anlaufstellen haben zum Teil lange Wartelisten.

„Mit der privaten Aufnahme waren und sind die Gastfamilien Ansprechpartner für alle Fragen, wie beispielsweise bei der der Beantragung von Sozialleistungen“, erklärt Irene Porsch, Flüchtlingsbeauftragte und Koordinatorin der Anlaufstellen bei der Caritas im Erzbistum Köln. „Sie dürfen damit aber nicht allein gelassen werden. Nicht nur die Inflation und die Energiekrise wirken sich derzeit herausfordernd auf das Miteinander aus, die Gastfamilien selbst brauchen darüber hinaus fachliche Unterstützung. Nur so kann die private Aufnahme von Geflüchteten wirklich gelingen!“

Wenn Sozialleistungen bezogen werden, haben Mieter_innen wie auch Eigentümer_innen einen Anspruch auf Übernahme von Wohnkosten. Es wäre aus Sicht der Caritas darüber hinaus begrüßenswert, wenn das besondere Engagement der Gastgeber_innen entsprechend honoriert würde. Einzelne Kommunen in NRW haben Zuschüsse in Aussicht gestellt – bisher leider ohne Konkretisierung.

Die Fluchtbewegungen aus der Ukraine und anderen Ländern erhöhen auch den Druck auf die Bundesregierung, schnell Lösungen für den gravierenden Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu finden. Das Problem beschränkt sich längst nicht mehr auf Großstädte.

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