Nach seinen Worten bleibe Altpapier weltweit die wichtigste und vor allem auch eine nachhaltige Quelle für die Papierindustrie. Mehr als 250 Millionen Tonnen Altpapier werden für die Papier- und Pappe-Produktion rund um den Globus eingesetzt.
Mit geschätzt einer Milliarde Tonnen CO2-Einsparpotenzial spielt das Altpapierrecycling auch eine erhebliche Rolle bei den internationalen Bemühungen zur Bekämpfung der Klimakrise und dem politischen Willen nach grünen Lösungen.
"Als Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft werden wir mit unseren Partnern in der Wertschöpfungskette noch enger im Dialog bleiben. Die globale Erfolgsstory Altpapier basiert in Deutschland darauf, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Wenn wir zusammen Synergieeffekte und gleichgerichtete Interessen herausfiltern und daraus Strategien und Handlungsweisen ableiten, die gemeinsame Vorteile und Lösungsansätze mit sich bringen, dann blicke ich für unseren Rohstoff Altpapier langfristig optimistisch in die Zukunft", erklärte Werner Steingaß.
Altpapiermarkt stellte die Branche vor erhebliche Herausforderungen
Bis zum Februar 2022 hielt die Covid-19-Pandemie die Altpapierbranche mit ihren Auswirkungen schwer in Atem. Rückblickend betrachtet hatten die Entsorgungs- und Recyclingunternehmen das schwierige Corona-Jahr 2021 jedoch gut bewältigt. Diese Entwicklung setzte sich in der ersten Jahreshälfte 2022 zunächst fort. Die Nachfrage der inländischen Papierproduzenten war insgesamt gut bis sehr gut und die Altpapierlager der Recyclingwirtschaft entsprechend leer.
Der Altpapierimport nach Deutschland bewegte sich in der ersten Jahreshälfte auf einem relativ hohen Level. Auch im Exportbereich bestand eine gute Nachfrage, vor allem im braunen Sortenbereich.
Nach und nach erreichten die politischen Turbulenzen dann auch den Altpapiermarkt. Im Lauf des 2. Quartals 2022 schlug sich der seit Februar tobende fürchterliche russische Angriffskrieg gegen die Ukraine mehr und mehr auch auf unsere Branche nieder.
Die Altpapieraufbereiter mussten mit einer verheerenden Frachtsituation zurechtkommen. Geschätzt 100.000 Fahrer aus der Ukraine und ihre Lkw fehlten innerhalb kürzester Zeit durch die Folgen der Kriegshandlungen. Ein Umstand, der sich unter anderem in einer drastischen Verknappung von Ladekapazitäten und in sich vervielfachenden Frachtkosten niederschlug. Etwa 10 % der lieferbaren Altpapiermenge konnte beispielsweise im Juni rein aus logistischen Gründen nicht zu den Papierfabriken transportiert werden.
Die Konsequenzen dieser Krise betreffen nicht nur einzelne Altpapier-einsetzende Fabriken, sondern die gesamte Papierindustrie. Die Inflation stieg in Deutschland und in den Nachbarstaaten rasant an. Gepaart mit der Sorge vor massiv steigenden Energiekosten und der Unsicherheit über den Verlauf von Herbst und Winter, entwickelte sich der gewerbliche und private Konsum stark rückläufig. Das schlug auch auf die Papierfabriken durch. Erstmals seit vielen Jahren verzeichnete die Verpackungsindustrie massive Absatzprobleme für ihre Neuware. Im Resultat kam es im Verlauf des 4. Quartals 2022 im Inland bereits zu teils erheblichen Kürzungen der Altpapier-Ordermengen. Die Vergütung für verschiedene Altpapiersorten wurde in einem nie gekannten Maß von Monat zu Monat um einen höheren zweistelligen Eurobetrag gesenkt.
Der Altpapier-Export erwies sich in dieser Lage als unverzichtbares Ventil und konnte dank des Know-how der Altpapierrecyclingwirtschaft das Gesamtbild ein Stück weit verbessern. Die Altpapier-Nachfrage aus Asien und Indien war hoch und die hinderliche Störung der Lieferketten löste sich zeitgleich Stück für Stück weiter auf. Entsprechend bewegten sich die Vergütungen für die verschifften Mengen stark aufwärts und lagen deutlich über dem Inlandsniveau.
Ungeachtet dessen ging die inländische Abnahme von Altpapier um den Jahreswechsel konjunkturbedingt weiter zurück, was durch geplante und ungeplante Abstellmaßnahmen in den Fabriken noch begünstigt wurde. Im Ergebnis ließ sich ein massiver Aufbau der Lagerbestände bei den Altpapierrecyclern feststellen.
Die Altpapierrecyclingwirtschaft ist darin geübt, auch in schwierigen Phasen Lösungen zu finden. Zweifellos zieht der Jahresanfang noch die schwierigen Auswirkungen aus dem Vorjahr mit sich. Grundsätzlich aber sieht die Altpapierrecyclingwirtschaft positiv auf dieses neue Jahr 2023.
Nationales Ende der Abfalleigenschaft für Altpapier
Das Thema "Ende der Abfalleigenschaft für Altpapier" war für den bvse-Fachverband Papierrecycling ein sehr Wichtiges in 2022, das wird sich auch in 2023 keinesfalls ändern. "Qualitativ aufbereitetes Altpapier ist kein Abfall. Im Gegenteil, es ist wertvoller Rohstoff, ein Produkt, und es ist längst überfällig, dass der Gesetzgeber dies anerkennt und Altpapier aus dem Abfallbegriff herauslöst", so Werner Steingaß, Vorsitzender des bvse-Fachverband Papierrecycling. Für den bvse ist klar, dass Altpapier nach Erfüllen bestimmter Kriterien das Ende der Abfalleigenschaft erreichen kann. Dies entspricht auch bereits der gängigen Rechtsauffassung in Bayern und Nordrhein-Westfalen sowie in Spanien, Italien, Frankreich und der Wallonie.
Auf europäischer Ebene hat die Kommission kürzlich eine Studie vorgestellt, die Altpapier ein gewisses Abfallende-Potenzial bescheinigt. Ob und wann sich daraus allerdings europäische Rechtsprechung entwickelt, ist nicht absehbar.
Der bvse-Fachverband Papierrecycling geht dieses Thema jedoch auf nationaler Ebene an. Auch dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung (Textseite 42/43) lässt sich entnehmen, dass qualitätsgesicherte Abfallprodukte aus dem Abfallrecht entlassen werden sollen und einen Produktstatus erlangen. Diese Auffassung vertritt die Altpapierrecyclingwirtschaft seit langem. Wir benötigen in Deutschland eine nationale Regelung, um den notwendigen Anforderungen bei der Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft Rechnung zu tragen. Die Altpapier-Lieferantenverbände in Deutschland, bvse und BDE, sind sich einig hinsichtlich der Sinnhaftigkeit einer gemeinsamen, harmonisierten, nationalen Betrachtung von Altpapier als Rohstoff, entsprechend den gelebten Erlassen in Nordrhein-Westfalen und in Bayern.
bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V.
Fränkische Straße 2
53229 Bonn
Telefon: +49 (228) 98849-0
Telefax: +49 (228) 98849-99
http://www.bvse.de/
Geschäftsführer
Telefon: +49 (228) 98849-27
Fax: +49 (228) 98849-99
E-Mail: Lacher@bvse.de