Die „vier apokalyptischen Reiter“ Pandemie, Krieg, Inflation und Klimaschock machten das Jahr 2022 nach Meinung von Werner Krämer, Senior Economic Analyst bei Lazard Asset Management, zu einem der schwierigsten und volatilsten der Kapitalmarktgeschichte. Bis zu einem gewissen Grad dürften sie nach Ansicht Krämers auch weiterhin die Märkte in Schach halten. Doch er merkt auch an, dass sich in einem Abschwung meist bereits der nächste Aufschwung herausbilde.  

Die Inflation dürfte weltweit mittelfristig sinken, aber dauerhaft erhöht bleiben. Weitere Zinserhöhungen seien zu erwarten, so Krämer. „Meine Erwartung ist, dass die Inflation in den USA in den Bereich von drei bis vier Prozent zurückgeht, in Europa in den Bereich von zwei bis drei Prozent. Raten von ein bis zwei Prozent werden wir aber nicht mehr sehen. Das ist eine echte Zeitenwende“, erläutert der Experte. Dieses Jahr habe gezeigt, dass der Inflationsanstieg nicht nur auf Basis- und Sondereffekte zurückgehe, sondern in weiten Teilen struktureller und damit anhaltender Art sei. Dafür macht Krämer mehrere Faktoren verantwortlich: staatliche Eingriffe in den Markt durch zunehmenden Dirigismus, Internalisierung negativer externer Kosten der Produktion (Greenflation), eine Verknappung des Angebots auf den Arbeitsmärkten, ein Rückgang der grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten und eine Zunahme geopolitischer Konflikte. 

Geschäftsmodell Deutschland gefährdet
Darüber hinaus bleibt das Kapitalmarktumfeld aus Sicht Krämers sehr schwierig. Die Rezessionsgefahr bleibe sehr hoch, insbesondere in Europa. Generell sei zu erwarten, dass die Globalisierungsgewinner der Vergangenheit zu den Verlierern von morgen werden. Hiervon sei insbesondere Deutschland betroffen: „Das deutsche Geschäftsmodell ist besonders gefährdet, da der Bezug zu China und zu Russland besonders stark ist. Und wenn diese Beziehungen in die Krise geraten, ist Deutschland mit am stärksten betroffen.“ Im Gegensatz dazu seien die USA auf der Gewinnerseite zu verorten. „Die Globalisierung spielt für die Vereinigten Staaten keine so bedeutende Rolle, denn deren Macht steigt im politischen System, weil viele westliche Länder jetzt stärker auf die Hilfe der USA angewiesen sind“, erklärt Krämer. 

Wandelanleihen diversifizieren das Portfolio
Insgesamt rät Krämer weiterhin zu einer vorsichtigen Anlagepolitik. „Die Erwartungen für die Kapitalmärkte sind im Moment nach wie vor gedämpft. Unsicherheit und Volatilität dürften anhalten. Es empfiehlt sich deshalb eine eher defensive Ausrichtung, also Fokus auf Qualität und nicht unbedingt auf Wachstum“, sagt der Experte. Sinnvoll seien zum Beispiel effiziente Risikodiversifizierer wie klassische Wandelanleihen, die wegen ihrer Risiko-Ertrags-Asymmetrie und Konvexität interessant seien.

Generell gelte weiterhin: Bestehende Risiken ändern nichts an der Notwendigkeit eines wohl diversifizierten Portfolios, das die verschiedenen Ziele und Risiken austariert. Zudem sei wichtig zu berücksichtigen, dass sich in jeder Krise auch die Grundlagen für einen neuen Aufschwung ausbilden würden. „Sobald die Zentralbanken anfangen anzudeuten, dass sie nicht weiter stark erhöhen wollen, wäre dies natürlich für alle risikobehafteten Assetklassen das Signal für ein positiveres Umfeld“, erwartet Krämer.

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