Nachholbedarf bei den Investitionen von über 30 Milliarden Euro
Die Beschleunigungskommission Schiene (BKS) übergibt heute ihren Abschlussbericht an Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing (FDP). 25 Experten aus dem Eisenbahnbereich haben sich intensiv mit der Frage beschäftigt, wie man dem Schienenverkehr in Deutschland auf die Sprünge helfen kann. „Die BVMB unterstützt die Idee mit der Komplettsanierung von Hochleistungskorridoren“, kommentiert Gilka, der für den Verband in der Kommission sitzt. Hochbelastete Streckenabschnitte sollen über mehrere Monate hinweg komplett gesperrt werden, damit an einem Stück alle notwendigen Sanierungsmaßnahmen erledigt werden können und diese Strecke über die nächsten Jahre ohne weitere Baustellen betrieben werden kann.
„Man darf aber dabei nicht außer Acht lassen, dass man unseren Bahnbauunternehmen damit Höchstleistungen abverlangt“, unterstreicht er. Verkehrsminister Wissing selbst hatte bereits in der Vergangenheit diese Art der Generalsanierung mit einer „Operation am offenen Herzen“ verglichen. Michael Gilka bestätigt dies und fügt hinzu: „Da darf bei der Planung und beim Bauen nichts dem Zufall überlassen werden, jeder Handgriff muss sitzen und die Beteiligten – DB und Baukonsortien – müssen sich unter fairer Verteilung der Risiken aufeinander verlassen können, sonst ist der Patient tot.“
Eine große Gefahr sieht die BVMB allerdings in einem zu starken Fokus auf diese Korridorstrecken. „Unser Schienennetz ist insgesamt so marode und sanierungsbedürftig, dass es nicht ausreicht, wenn man sich nur öffentlichkeitswirksam auf wenige Leuchtturmprojekte stürzt“, mahnt Gilka. Es reiche nicht, wenn wenige Hauptstrecken funktionieren. Aus einem Gutachten des Bundes von 2021 habe sich bereits ein kritischer Investitionsnachholbedarf von 29 Milliarden Euro in der deutschen Eisenbahninfrastruktur ergeben. „Für das deutsche Schienennetz ist es fünf vor zwölf“, fasst Gilka die Erkenntnisse zusammen. Hinzu kämen die aktuellen Baukostensteigerungen um 20 Prozent sowie der neu hinzugekommene Nachholbedarf aus dem aktuellen Jahr. Gerade die mittelständischen Firmen bräuchten zudem weiterhin auch das „normale Sanierungsgeschäft“ für die Auslastung ihrer vorgehaltenen Kapazitäten. Nur wenige Korridorprojekte reichten dafür nicht aus. „Anderenfalls wechseln diese Bauunternehmen in andere Infrastrukturbereiche. Das wäre für die gewollte Verkehrswende kontraproduktiv“, mahnt der Verbandschef.
„Nicht auf Leuchtturmprojekten ausruhen!“
„Wenn sich der Bund bei seinen Finanzierungsplanungen auf den vermeintlichen Lorbeeren der Hochleistungskorridore ausruht, wird unser übriges Schienennetz in naher Zukunft komplett kollabieren“, warnt Gilka. Der Bund müsse gemeinsam mit der DB „mit voller Kraft“ ungebrochen auch die Sanierung der übrigen Bahnstrecken vorantreiben, die nicht das Prädikat „Hochleistungskorridor“ führen. Nur wenn das Schienennetz insgesamt funktioniere, sei die Eisenbahn ein zuverlässiger und zukunftsfähiger Verkehrsträger. Die Finanzierung der Korridore wie etwa der Riedbahn dürfe also andere Sanierungsmaßnahmen nicht ersetzen, sondern könne „allenfalls on top“ dazukommen, so Gilka. „Wenn die Politik schon proklamiert, dass die Eisenbahn wichtig für den Kampf gegen den Klimawandel ist, dann muss sie auch Farbe bekennen und Mittel dafür freigeben, sonst ist das zum Scheitern verurteilt.“
Ebenso räumt der BVMB-Vertreter mit dem Vorurteil auf, Bahnbaustellen seien schuld an Zugverspätungen. „Das ist allerdings der völlig falsche Ansatz“, klärt Michael Gilka auf: „Baustellen sind nicht das Problem der Eisenbahn, sondern Teil der Lösung der Probleme bei der Bahn!“ Jahrelang sei viel zu wenig auf Kosten der Leistungsfähigkeit des Schienennetzes gebaut worden. „Aktuell ist zwar die Rede von einem Investitionshochlauf Schiene, aber faktisch wird noch einmal 20 Prozent weniger gebaut“, kritisiert er. Die Baukosten seien um rund 20 Prozent gestiegen.
„BKS-Empfehlungen zügig umsetzen“
„Die Einsetzung einer fachkundigen Kommission war ein erster richtiger Schritt“, resümiert Michael Gilka. In der Kommission wurde über verschiedene kapazitätssteigernde Maßnahmen für die nächsten drei bis fünf Jahren beraten, die in konkreten Handlungsempfehlungen im Abschlussbericht mündeten. „Jetzt liegt es am Verkehrsministerium und der Deutschen Bahn AG, die empfohlenen Maßnahmen zügig in Angriff zu nehmen“, fordert der BVMB-Hauptgeschäftsführer.
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