Robotik, Künstliche Intelligenz, 3-D-Druck, Automatisierungen oder Echtzeit-Biomarker: Wie können innovative Techniken in der Chirurgie auch in der onkologischen Krebsbehandlung zum Wohl der Patient*innen genutzt werden? Beim 35. Deutschen Krebskongress (DKK) im City Cube Berlin – veranstaltet von der Deutschen Krebsgesellschaft zusammen mit der Stiftung Deutsche Krebshilfe – zeigten Expert*innen jetzt die Vorteile auf: Komplikationen könnten vielfach vermieden und damit die Patientensicherheit gesteigert werden. Gleichzeitig stiegen die Hoffnungen auf eine höhere Überlebenschance und Lebensqualität der Betroffenen.

„Die innovativen Techniken in der onkologischen Viszeralchirurgie haben sich in den vergangenen Jahren vielfältig weiterentwickelt und stimmen mich auch für die Zukunft optimistisch, dass wir die Patient*innen noch zielgerichteter, präziser und schonender behandeln können“, sagte Univ.-Prof. Dr. Ines Gockel, Lehrstuhl und Leitung Viszeralchirurgie, Universitätsklinikum Leipzig. Neue optische Biomarker könnten biologische Prozesse besser messbar machen und genauere Prognosen ermöglichen. Künstliche Intelligenz könnte die Tumorerkennung automatisieren, multispektrale Bildgebung einen detaillierteren Blick in den Körper ermöglichen. Mit positiven Folgen für die Überlebenschance und einer höheren Lebensqualität. „Dabei ist der datengetriebene, kognitive OP-Saal essentiell für neueste technische und didaktische Entwicklungen in der Chirurgie“, erklärte Gockel.

Prof. Dr. Michael Ghadimi, Präsident des Deutschen Krebskongresses 2022 und Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie der Universitätsmedizin Göttingen, zeigte die Weiterentwicklungen in der Chirurgie am Beispiel der Oligometastasierung auf. Einer Tumorerkrankung, die zwar nicht mehr lokal begrenzt ist, sich aber nur limitiert ausgebreitet hat. „Noch vor 30 Jahren sind wir bei einer metastasierten Erkrankung bei allen Tumoren von einer systemischen und damit nicht mehr heilbaren Erkrankung ausgegangen, die nur noch durch systemische Chemotherapie zu behandeln war. Heute haben wir fachübergreifend ein differenzierteres Verständnis und angepasste Therapieoptionen entwickelt“, sagte Ghadimi. Der Anspruch an therapeutisch-heilende Maßnahmen hätte sich mittlerweile gerade bei Darmkrebs-Metastasen fest in der Chirurgie etabliert. „Wünschenswert wäre, dass gerade molekulare Profile zusammen mit klinisch-bildgebenden Charakteristika die Prognose und Patientenselektion zur Operation von Gewebeteilen und Organen zukünftig verbessern.“ Durch die Kombination von Systemtherapie mit chirurgischen Eingriffen können Patienten heute sehr viel länger leben und eine sogenannte Chronifizierung von Tumorerkrankungen in einigen Fällen erreicht werden.

Bei den Todesfällen gerechnet nach Krankheitsdiagnosen ist das Pankreaskarzinom, der Bauchspeicheldrüsenkrebs, eine der führenden krebsbedingten Todesursachen. „Gemeinsam mit der onkologischen Forschung zu Immuntherapien, neuen Chemotherapeutika und multimodalen Konzepten bietet die moderne Chirurgie durch den Einsatz neuer Technologien die erhofften Chancen für die Betroffenen“, erklärte PD Dr. Dr. Lena Conradi, Oberärztin der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie der Universitätsmedizin Göttingen. Die anatomische Lage und Funktionalität der Bauchspeicheldrüse erforderten komplexe, technisch-aufwändige und funktionell-herausfordernde Operationen, für die eine langjährige operative Erfahrung und eine high-end Ausstattung der Kliniken zwingend notwendig seien. „Einen Schwerpunkt der Entwicklungen stellen die OP-Roboter dar. Zurzeit entsprechen diese Systeme sogenannten Telemanipulatoren und ermöglichen noch keine automatisierte oder navigierte Hilfestellung. Die Nutzung von präoperativer und intraoperativer Bildgebung und von künstlicher Intelligenz schafft jedoch die Voraussetzungen für zukünftige autonome Anwendungen. Navigation, Fehlervermeidung und Assistenzsysteme sind dabei realistische Visionen für eine Chirurgie der Zukunft.“

Auch Prof. Dr. Jan-Hendrik Egberts, Chefarzt der Chirurgischen Klinik am Israelitischen Krankenhaus Hamburg, ist vom Einsatz von OP-Robotern überzeugt – gerade in der Chirurgie von Speiseröhrenkrebs. Die Eingriffe seien kompliziert und mitunter gefährlich. Durch minimal-invasive Technik habe der Gewebeschaden bei Eingriffen bereits reduziert werden können. „Jedoch sind die Instrumente bei der Laparoskopie durch die fehlende Abwinkelbarkeit in der Bewegungsfreiheit limitiert und werden daher im Brustkorb nur selten verwendet. Durch den Einsatz des OP-Roboters werden diese Limitationen aufgehoben“, erklärte Egberts. „OP-Roboter, die sich in den vergangenen zehn Jahren immer mehr durchgesetzt haben, erhöhen die Qualität aus meiner praktischen Erfahrung sehr deutlich. Auch wenn die Studienlage in Deutschland leider noch gering ist, wird aus vielen Zentren von weniger Nervenverletzungen, einer geringeren Rate an pulmonalen Komplikationen, einer höheren Anzahl entfernter Lymphknoten – gleichbedeutend mit höherer chirurgischer Qualität –, von kürzerer Liegedauer auf Intensivstationen und weniger postoperativen Schmerzen berichtet.“

Und was wird in Zukunft noch möglich sein? Prof. Gockel nannte „Hochaufgelöste Mosaik-Sensoren mit Weißlichtquelle“, „Spektrales Scanning für MSI in hoher Auflösung mit Farbsensor“ oder „Robotik mit 3D-MSI in hoher Auflösung und Echtzeit“. Visionen, die kompliziert und nach Hightech klingen. Und die die chirurgischen onkologischen Krebsbehandlungen vielleicht schon in wenigen Jahren weiter revolutionieren.

Die Ausrichter – starke Partner im Kampf gegen Krebs

Die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) – eine Nachfolgeorganisation des 1900 gegründeten „Comité für Krebssammelforschung“ – ist die größte wissenschaftlich-onkologische Fachgesellschaft im deutschsprachigen Raum. In der DKG vertreten sind über 8.000 Einzelmitglieder in 25 Arbeitsgemeinschaften, die sich mit der Erforschung und Behandlung von Krebserkrankungen befassen; dazu kommen 16 Landeskrebsgesellschaften und 36 Fördermitglieder. Die DKG engagiert sich für eine Krebsversorgung auf Basis von evidenzbasierter Medizin, Interdisziplinarität und konsequenten Qualitätsstandards, ist Mitinitiator des Nationalen Krebsplans und Partner der „Nationalen Dekade gegen den Krebs“. Weitere Infos: www.krebsgesellschaft.de

Die Deutsche Krebshilfe wurde am 25. September 1974 von Dr. Mildred Scheel gegründet. Ziel der gemeinnützigen Organisation ist es, Krebserkrankungen in all ihren Erscheinungsformen zu bekämpfen. Unter dem Motto „Helfen. Forschen. Informieren.“ fördert die Stiftung Deutsche Krebshilfe Projekte zur Verbesserung der Prävention, Früherkennung, Diagnose, Therapie, medizinischen Nachsorge und psychosozialen Versorgung, einschließlich der Krebs-Selbsthilfe. Ihre Aufgaben erstrecken sich darüber hinaus auf forschungs- und gesundheitspolitische Aktivitäten. Sie ist ebenfalls Mitinitiator des Nationalen Krebsplans sowie Partner der „Nationalen Dekade gegen Krebs“. Die Deutsche Krebshilfe ist der größte private Geldgeber auf dem Gebiet der Krebsbekämpfung – unter anderem der Krebsforschung – in Deutschland. Sie finanziert ihre gesamten Aktivitäten ausschließlich aus Spenden und freiwilligen Zuwendungen der Bevölkerung. Weitere Infos: www.krebshilfe.de

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