Am 25. November wird auch in Brandenburg der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen mit vielen Aktionen im ganzen Land begangen. Häusliche und sexualisierte Gewalt gegen Frauen befinden sich auch in Brandenburg im Jahr 2022 auf einem erschreckend hohen Niveau. Gleichzeitig freuen sich das Netzwerk der brandenburgischen Frauenhäuser e.V. (NbF) und der Frauenpolitische Rat Land Brandenburg e.V. (FPR) über das Engagement der Landesregierung und über mehr Veranstaltungen zum Anlass als je zuvor. Sie mahnen jedoch an: Die Beendigung der Gewalt gegen Frauen ist eine Aufgabe, der sich niemand entziehen darf.

Wir begrüßen die aktuellen Entwicklungen, die von wachsenden Aktivitäten in der Zivilgesellschaft und in der Verwaltung und Politik zeugen. Der Entwurf für den Doppelhaushalt sieht einen Wegfall der Nutzungsentgelte für Bewohnerinnen, eine Tarifangleichung für Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser und einen Ausbau der Beratungsstrukturen im Land vor.

Die Leiterin des Beratungs- und Krisenzentrums für Frauen Rathenow und NbF-Vorstandsfrau Catrin Seeger erinnert: „Wir wollen die Folgen geschlechtsbasierter Gewalt nicht nur verwalten müssen, wir wollen, dass sie gar nicht mehr stattfindet. Dafür müssen alle ihren Teil dazu tun.“

Der 25. November läutet die „16 Aktionstage gegen Gewalt an Frauen“ ein, die den 25.11. mit dem 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, verbinden. Im gesamten Land Brandenburg finden Veranstaltungen und Aktionen statt. Das Netzwerk der brandenburgischen Frauenhäuser bietet eine landesweite Veranstaltungsübersicht auf seiner Webseite unter https://www.nbfev.de/16-aktionstage/ an. Dieses Jahr organisieren kommunale Verwaltungen, Frauenschutzeinrichtungen, Universitäten und zivilgesellschaftliche Organisationen mit über dreißig uns bekannten Aktionen mehr Veranstaltungen als je zuvor: Von der Flaggenhissung über die Fachtagung, den Infoabend, den Selbstverteidigungskurs, das Adventsbasteln bis hin zum humorvollen Abend zu „Mythos und Tabu der Menstruation“. 

Tatjana Geschwendt vom FPR: „Jede 3. Frau erlebt in ihrem Leben Gewalt. Meistens sieht man sie nicht. Es sind nicht immer die blauen Flecken im Gesicht. Gewalt drückt sich aus in Beleidigungen, Beschimpfungen, Demütigungen, in Kontrolle und Abhängigkeit. Gewalt erleben Frauen zuhause, auf der Arbeit, auf der Straße und an vielen Orten wo die wenigsten es erwarten, wie zum Beispiel bei der Geburtshilfe. Hier nennen Betroffene zum Beispiel unnötige Trennungen und Interventionen, aber auch empathielose Behandlungen. Es ist wichtig über Gewalt zu sprechen und sie sichtbar zu machen.“

Es braucht weiterhin tiefgreifende politische, rechtliche und gesellschaftliche Veränderungen, um Frauen als Trägerinnen von Menschenrechten zu ihrem Recht auf ein gewaltfreies Leben zu verhelfen: Dafür muss die systematische und strukturelle geschlechtsbasierte Gewalt sichtbar gemacht und beendet werden. Dies verstehen wir als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich niemand entziehen darf.

Hintergrund

Im „Lagebild häusliche Gewalt“ des Landeskriminalamts sind für das Jahr 2021 insgesamt 5.073 Fälle von Straftaten im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt erfasst, das sind 3,1 % weniger als im Vorjahr. Dennoch ist das Niveau mit jährlichen Schwankungen über einen Zeitraum von 10 Jahren tendenziell steigend, besonders im Bereich Stalking / Nachstellung, wo mit 136 Fällen 27 % mehr als im Vorjahr zu verzeichnen sind. Weiterhin erfasst die Statistik, dass mit über 70% vor allem Frauen betroffen sind und zu 75% Männer die Tatverdächtigen sind.

Derzeit stehen für gewaltbetroffene Frauen in Brandenburg 127 Zimmer in 22 Schutzeinrichtungen – Frauenhäusern und Frauennotwohnungen – zur Verfügung. Laut der Istanbul-Konvention (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt), zu deren Umsetzung sich Deutschland vor nunmehr fast fünf Jahren rechtlich bindend verpflichtete, müssten beispielsweise auf das Land Brandenburg heruntergerechnet 251 Zimmer, also knapp doppelt so viele wie vorhanden, zur Verfügung stehen. Besonders fehlen Schutzeinrichtungen und Beratungsstrukturen, die spezialisiert sind auf die immer komplexer werdenden Problemlagen gewaltbetroffener Frauen wie beispielsweise die Verschränkungen von psychischen Erkrankungen, Sucht, Überschuldung, rassistischer und / oder homo- und trans*feindlicher Diskriminierung sowie der steigenden digitalen Gewalt.

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