Im September 2022 feierte das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) sein 30-jähriges Bestehen. Doch die Tradition der
Ernährungsforschung am Standort Rehbrücke, heute Teil der Gemeinde Nuthetal, reicht mittlerweile schon 75 Jahre zurück. Zu diesem besonderen Anlass
hat der Vorstand des DIfE den Wissenschaftshistoriker PD Dr. Georgy Levit und Dr. Judith Schäfer beauftragt, die wechselvolle Geschichte der
Ernährungsforschung in Rehbrücke von den Anfängen bis zur Gegenwart zu rekapitulieren. Entstanden ist eine historische Abhandlung, die den
Leser*innen in fünf Kapiteln einen anschaulichen Überblick zu den Entwicklungen des Forschungsstandorts liefert. Das 352 Seiten umfassende Buch* trägt
den Titel „Von der Verpflegungswissenschaft zur Gesundheitsforschung – Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke (1946 2021)“ und wurde kürzlich
veröffentlicht.

Die Geburtsstunde des Buchprojekts

Die Idee für das Buch wurde 2017 geboren und geht auf Prof. Tilman Grune, Wissenschaftlicher Vorstand des DIfE, zurück. „Mir schwebte eine
geschichtliche Aufarbeitung der Ernährungsforschung am Standort Rehbrücke und der handelnden Personen, wie beispielsweise Arthur Scheunert, vor“,
erklärt Grune. „Ich wollte eine Grundlage schaffen, auf der sich das DIfE hinsichtlich historischer Ereignisse positionieren kann.“ Der
Wissenschaftshistoriker PD Dr. Georgy Levit von der Universität Jena erhielt 2017 vom Institutsvorstand den Auftrag, entsprechende Recherchen zu
tätigen und die Abhandlung zu verfassen. Unterstützung erhielt er von der langjährigen DIfE-Mitarbeiterin Dr. Judith Schäfer, die als Co-Autorin
fungierte.

Detektivarbeit in den Archiven

Um ein möglichst umfassendes Bild der Geschichte der Ernährungsforschung in Rehbrücke zeichnen zu können, recherchierten Levit und Schäfer
deutschlandweit in verschiedenen Archiven. Sie studierten zahlreiche Dokumente, sichteten Nachlässe und Bildmaterial. Zudem gewährten Angehörige
ehemaliger Institutswissenschaftler den beiden Autoren Einblicke in ihre Familienarchive und unterstützten mit Fotos sowie aufschlussreichen
Hintergrundinformationen. Interviews mit derzeitigen und ehemaligen Mitarbeiter*innen des DIfE rundeten die Nachforschungen ab.

Insbesondere die Recherchen zum Zentralinstitut für Ernährung (ZfE) stellten eine Herausforderung dar. „Da das DIfE kein offizieller Rechtsnachfolger
des ZfE ist, gingen sämtliche historische Dokumente und Fotos nach der Wende in rund 460 Kartons verpackt in den Besitz des Brandenburgischen
Landeshauptarchivs (BLHA) über“, berichtet Schäfer. Mittlerweile wurden die Kartons aufgelöst und in etwa 2000 Akten überführt. Trotz
pandemiebedingter Einschränkungen konnten Schäfer und Levit in wochenlanger akribischer Recherchearbeit im BLHA zahlreiche wichtige Erkenntnisse aus
den Akten gewinnen. „Ich finde es beeindruckend, dass die Wissenschaftler*innen in der ehemaligen DDR unter den damaligen gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen und trotz teilweise widriger Umstände hervorragende, international anerkannte Ergebnisse erreicht haben“, sagt Schäfer.

Zusätzliche Informationen zum ZfE erhielt das Autorenteam bei ihren Recherchen im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und
im Stasi-Unterlagen-Archiv. „Es ist erstaunlich, dass trotz der gesellschaftlichen Umbrüche eine Kontinuität und Tradition auf dem Gebiet der
Ernährungsforschung über Jahrzehnte beibehalten werden konnten“, sagt Levit. Dabei stand die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Ernährung und
Gesundheit immer im Fokus der Wissenschaftler*innen.

Ein dreiviertel Jahrhundert in vier Kapiteln

Das erste Kapitel beschreibt das Wirken von Arthur Scheunert und Wilhelm Ziegelmayer, die Anfänge der Vitaminforschung und deren Übergang zur
Ernährungsforschung. „Bemerkenswert ist die Weitsichtigkeit, mit der die Institutsgründer schon damals agiert haben“, sagt Schäfer. Im zweiten
Kapitel gehen Levit und Schäfer auf die Institutionalisierung der Ernährungsforschung in Deutschland ein. Dabei liegt der Fokus auf der Entstehung und
Entwicklung des ZfE in der DDR, welche u. a. am Beispiel der Kindernahrung Manasan veranschaulicht wird. Einen zusammenfassenden Überblick der
Ernährungsforschung am Standort Potsdam-Rehbrücke bietet die Chronologie am Kapitelende. Sie veranschaulicht die Institutsbezeichnungen samt
Direktoren sowie die Forschungsschwerpunkte und -bereiche von 1946 bis Ende 1991. Es folgt die Wendezeit, die mit dem Übergang vom ZfE zum DIfE
verbunden ist und im dritten Kapitel dargestellt wird. Auch dieses Kapitel endet mit einer Chronologie, in der die wichtigsten politischen und
institutsbezogenen Ereignisse von 1989 bis 1992 präsentiert werden.

Im vierten Kapitel dreht sich alles um den Aufbau und die Entwicklung des DIfE und seiner Forschung von 1992 bis 2021. Dem Gründungsdirektor Prof.
Dr. Christian Barth wurde das erste Unterkapitel gewidmet. „Die Gründung des DIfE war ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung der
Ernährungswissenschaften in Deutschland“, fasst Levit zusammen. Im DIfE-Kapitel eingebunden sind drei Interviews mit dem ehemaligen
Wissenschaftlichen Vorstand Prof. Dr. Dr. Hans-Georg Joost und dem aktuellen Wissenschaftlichen und Administrativen Vorstand, Prof. Dr. Tilman Grune
und Dr. Birgit Schröder-Smeibidl. Den Abschluss des Kapitels bildet eine Chronologie zu den Forschungsschwerpunkten und Abteilungen des DIfE von 1992
bis 2022.

Blick in die Zukunft

Im abschließenden fünften Kapitel gibt Prof. Dr. Tilman Grune einen Ausblick zur wissenschaftlichen Entwicklung des DIfE und den Herausforderungen
der Zukunft. „Die Untersuchung der Effekte von nachhaltig produzierten Lebensmitteln auf den Stoffwechsel wird zunehmend an Bedeutung gewinnen“, sagt
er darin unter anderem. Levit ergänzt: „Hier schließt sich der Kreis, denn die Erforschung der Lebensmittel und die Erschließung neuer
Nahrungsquellen, die nach dem Krieg zu den dringendsten Aufgaben der Ernährungsforschung gehörten, werden angesichts der neuen globalen
Herausforderungen wieder aktuell.“

Der Vorstand des DIfE und die Autoren bedanken sich an dieser Stelle recht herzlich bei allen, die dieses Buchprojekt unterstützt haben, insbesondere
beim Brandenburgischen Landeshauptarchiv (BLHA).

Hintergrundinformationen

* In diesem Buch wird nur die Entwicklung des DIfE und seiner Vorläuferinstitute betrachtet, nicht jedoch die des Instituts für
Ernährungswissenschaft (IEW) der Universität Potsdam, das sich auf dem gleichen Campus befindet.

Das Buch ist in Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Designstudio „Synchronschwimmer“ entstanden und wurde in einer Auflage von 1000 Stück produziert.

Über Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIFE)

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht), Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und Ernährungsverhalten. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).
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