„Ich begrüße, dass mit der Entscheidung des Deutschen Bundestages die Ex-Post-Triage weiterhin unzulässig bleibt,“ sagt Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl, Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und Mitglied des Deutschen Ethikrats. „Das heißt, dass eine begonnene medizinische Intensivbehandlung  im Falle unzureichender medizinischer Ressourcen nicht zugunsten einer Patientin oder eines Patienten mit besserer Prognose abgebrochen werden darf.“

Am Donnerstagabend hatte der Bundestag entschieden, das Infektionsschutzgesetz entsprechend der vorausgehenden Triage-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts anzupassen. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie hatte die Triagierung bei der medizinischen Versorgung von Patient*innen immer mehr an Bedeutung gewonnen. Mehrfach war es zu Überlastungen von Krankenhäusern gekommen.

Die „Ex-Post-Triage“ ist eine Konstellation, in der die Behandlung von intensivmedizinisch versorgten Patient*innen zugunsten anderer Patient*innen mit besserer Aussichten abgebrochen werden kann. „Das halten wir für unethisch“, sagt die Präsidentin des ZdK, Dr. Irme Stetter-Karp. „Deshalb ist es richtig, dass der Gesetzgeber in der Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes bereits zugeteilte überlebenswichtige intensivmedizinische Behandlungskapazitäten von der Zuteilungsentscheidung ausnimmt.“

Die gesetzliche Neuregelung sieht vor, dass die grundsätzliche Entscheidung über diese Zuteilung nur aufgrund der „aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit“ von Patient*innen getroffen werden darf. Allerdings, so Lob-Hüdepohl sei „die Frage der Zuteilungskriterien, insbesondere der Dringlichkeit, noch nicht zufriedenstellend geklärt und muss weiter reflektiert werden. Denn gerade in Akutsituationen kann sich die Gefahr einer stereotypen Wahrnehmung und Diskriminierung von Menschen mit Behinderung oder von alten Menschen verstärken.“

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember 2021 geurteilt, dass niemand aufgrund einer Behinderung bei der Zuteilung nicht ausreichender überlebenswichtiger Ressourcen benachteiligt werden darf und eine entsprechende gesetzliche Regelung gefordert. „Wir sehen es positiv, dass nun im Gesetz verankert ist, dass niemand wegen einer Behinderung, Gebrechlichkeit, aufgrund seines Alters, seiner ethnischen Herkunft, seiner Religion und Weltanschauung oder wegen seines Geschlechts oder der sexuellen Orientierung benachteiligt werden darf“, sagt Irme Stetter-Karp. „Um das in der medizinischen Praxis wirklich zu garantieren, sind jetzt auch zielgerichtete Fort- und Weiterbildungskonzepte erforderlich.“

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