In Deutschland ist jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen, das sind mehr als 12 Millionen Frauen. Experten/innen gehen jedoch von einer hohen Dunkelziffer aus, denn viele Opfer trauen sich z.B. aus Furcht oder Scham nicht, Anzeige zu erstatten.
Bisher war in Deutschland ein kontinuierlicher Anstieg der Anzahl der erfassten weiblichen Opfer häuslicher Gewalt zu verzeichnen. Alle 45 Minuten wird eine Frau durch ihren Partner gefährlich körperlich verletzt, jeden dritten Tag tötet ein Mann seine (Ex-)Partnerin.
„Gewalt gegen Frauen ist kein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Problem und die Bundesrepublik Deutschland ist verpflichtet, Gewalt gegen Frauen zu verhüten, zu bekämpfen, Schutz und Hilfe zu gewähren und ein öffentliches Bewusstsein für die Thematik zu schaffen“, sagt Michael Löher, Vorstand des Deutschen Vereins.
Gewaltbetroffene Frauen brauchen sofortige Hilfe sowie Schutz. Auch ihre Kinder haben einen eigenen Unterstützungsbedarf, denn sie sind immer (mit)betroffen. Die Arbeit von Frauenhäusern, Beratungsstellen und anderen sozialen Diensten zum Schutz, Beratung und Unterstützung von gewaltbetroffenen Frauen und deren Kinder ist bis heute nicht ausreichend finanziell abgesichert. Es fehlen sofort zugängliche und bedarfsspezifische Schutz- und Beratungsangebote für jede gewaltbetroffene Frau und ihre Kinder in ihren jeweiligen Lebensbedingungen (z.B. Frauen mit Behinderung), es fehlt aber auch eine gesicherte Gewaltprävention, die Gewalt bereits im Vorfeld verhindert. Der im Herbst 2022 veröffentlichte Evaluierungsbericht von GREVIO (unabhängige Expertengruppe des Europarates, die für die Überwachung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) zuständig ist) mahnt die nicht vollständig erfolgte Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland an, auch was die Reform der familienrechtlichen Verfahren mit Bezug „häusliche Gewalt“ angeht.
Ein komplexes Thema mit vielen Schnittstellen und einem großen Einigungsbedarf zwischen Bund, Ländern, Kommunen, Freier Wohlfahrtspflege und Trägerverbänden. Die Lage verschärft sich zunehmend. Zwar gab es in letzter Zeit einige politische Vorstöße sowie verschiedene Vorschläge aus Fachverbänden und der Wissenschaft. Dennoch ist es bisher nicht gelungen, eine einheitliche finanzielle Absicherung des Hilfesystems für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder zu entwickeln.
„Wir halten an unserem Ziel einer bundeseinheitlichen Regelung, die den Schutz, Beratung und Unterstützung von gewaltbetroffenen Frauen und die Finanzierung dieser wichtigen Hilfen dauerhaft sicherstellt, fest. Mit unseren aktuellen Empfehlungen (s.u.) an Politik und Fachöffentlichkeit haben wir Entwicklung und Umsetzung von Lösungen hierzu wichtige Grundlagen vorgelegt.“, so Löher. „Die Bemühungen müssen nun endlich Früchte zeigen. Hierfür braucht es aber neben einem politischen Willen endlich auch ein konkretes Handeln politisch relevanter Akteure.“
Den Vodcast können Sie sich hier anschauen: https://www.deutscher-verein.de/de/presse-vodcast-4372.html
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