Was kommt eigentlich heraus, wenn man einen Opel Kadett A, der vor 60 Jahren seine Premiere hatte, mit heutigen Testmethoden auf einem alten Flugplatz auf Herz und Nieren prüft? Ohne Servo, ohne Assistenzsysteme, aber mit Trommelbremsen, Starrachse und Haltegriffen für flotte Kurvenfahrt erinnert der Kadett mit seinen nur 752 kg an die Wirtschaftswunderzeit, in der noch nicht gerast wurde und weniger mehr war. Die neue Ausgabe der auto motor und sport setzt dem Kadett ein journalistisches Denkmal in Form eines Tests, der ernst gemacht, aber nicht zu ernst zu nehmen ist. Hier ein paar Textbeispiele aus dem Testbericht von Autor Sebastian Renz. Den Test und Fotos stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Spartanische Ausstattung: Vier Erwachsene beherbergt der Kadett ungedrängt und ablenkungsfrei. Außer dem Rausschauen, der Belüftungsfeinregulierung durch vier Ausstellfenster und der Nutzung des einst hoch angesehenen Aschenbechers verspricht Mitreisenden einzig der farbvariierende Breitbandtacho etwas Aufregung.

Fahrkomfort: Sitzhaltung fördert bereits nach kurzer Fahrzeit gesundheitsfördernden Bewegungs-/Dehnungsdrang. Ausstellfenster vorn und hinten ermöglichen dosierte, elegante, zugfreie Belüftung.

Tempo: Wenn wir nach der Geräuschmessung eines festhalten können, so ist es die Erkenntnis, dass der 40-PS-Opel schneller klingt, als er fährt.

Von 0 auf 100: 40 PS vermögen selbst den schütteren Grip der Zwölf-Zoll-Räder nicht in Wallung zu versetzen. Drinnen lässt nur die steigende Klangfülle darauf schließen, worauf die Tempoveränderung gründet. Die ersten zwei Mal endet die Landebahn, bevor der Kadett 100 km/h erreicht hat. Beim dritten Mal – vielleicht hat der Wind gedreht oder jemand die Strecke verlängert, beides wäre gleichermaßen möglich in der Zeit, die es dauert, bis wir zurück zum Startpunkt gefahren und erneut gestartet sind – gelangt der Opel in 33,7 s auf pfeilschnelle 100 km/h.

Bremsen: Unter Mitwirkung der vier Trommelbremsen – jede mit eigenen Vorstellungen, in welche Richtung es den Wagen beim Verzögern zu stabilisieren gilt – nimmt die Geschwindigkeit beim beherzten, lang anhaltenden Druck auf das Bremspedal mit der Zeit ab.

Sicherheit: Haltegriff für Beifahrer. Peilkanten helfen, Parkrempler zu vermeiden. Von Kollisionen in darüber hinausreichenden Tempobereichen raten wir grundsätzlich ab.

Fazit: Die Bremsen so schwach, der Grip so dürftig, die Lenkung so träge, das Untersteuern so immens – doch wird es nie gefährlich. Denn während sich andere in neuen Autos die Hügel hinunterstürzen, dass die Bremsscheiben glühen, steigt der Kadett die Berge bedächtig herab. Auch über die Schnellstraße tourt er ohne Eile. Da die anderen so gehetzt fahren, brauchen sie vehementere Bremsen, falls hinter der Kurve plötzlich ein Hindernis liegt. Im langsamen Kadett dagegen liegt es nicht plötzlich da, sondern räkelt sich so weithin sichtbar, dass die milde Kraft der Bremsen lange reicht.

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