In seinem Grußwort betonte Habeck, dass Europa nicht zusehen dürfe, wie in der Ukraine täglich hunderte Menschen getötet würden. Gewalt und Krieg dürften in der Politik keine Rolle spielen. Dass in der Konsequenz in ganz Europa die Energiepreise explodierten, sei eine Herausforderung, „der wir uns stellen müssen“, so Habeck. „Deutschland hat klug, frühzeitig und entschieden reagiert“, sagte Habeck, „deswegen wird es uns gelingen, trotz jahrelanger Abhängigkeit von Russland, unser Land gut durch den Winter zu bringen“. So seien Lieferverträge mit anderen Ländern geschlossen, Energiesparmaßnahmen verabschiedet und die um Ostern herum nahezu leeren Gasspeicher in Deutschland mittlerweile durch größte Anstrengungen relativ gut gefüllt, sagte Habeck. Es brauche zukünftig mehr Erneuerbare Energien, eine andere Energiestruktur und vor allem neue Marktmechanismen und intakte Märkte. „Daran arbeiten wir als Bundesregierung mit Hochdruck, auch gemeinsam mit Schleswig-Holstein.“ Wo günstig Energie erzeugt werde, wie im Norden beispielsweise durch Windkraft, müsse dies auch an Verbraucher und Handwerksbetriebe durchgereicht werden, so Habeck.
Um die Energie- und vor allem die Klimakrise zu bekämpfen, brauche es zwingend das Handwerk, betonte Habeck: „Das Handwerk hat hier eine zentrale und überragende Rolle. Vieles, was wir politisch machen, was mit Investitionstätigkeiten zu tun hat, muss im Alltag ins Werk gesetzt werden, muss realisiert werden – das ist Aufgabe des Handwerks, das aus meiner Sicht zurecht als systemrelevant eingestuft ist.“ Noch soviele Solar- und Windgesetze blieben ohne Erfolg, wenn es nicht genügend Fachkräfte gebe, die Häuser sanieren oder Wärmepumpen einbauen könnten.
Zugleich bekannte Habeck sich zu Fördermaßnahmen etwa am Bau oder in der Mobilität („Ja, wir wollen den Hochlauf der E-Mobilität!“), sagte aber auch klar: „Zehn Jahre alte Förderprogramme bedürfen nun einmal einer Anpassung an heutige Verhältnisse.“
Sein Landeskollege Claus Ruhe Madsen appellierte an die Gäste des Sommerempfangs, in Krisenzeiten nicht nur das Schwarze zu sehen: „Ich sage: Kopf hoch! Es muss uns auch um Optimismus gehen: Wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, sollte man nicht den Kopf hängen lassen!“ Im Kampf gegen den Fachkräftemangel brauche es Anreize für die Menschen, arbeiten zu gehen, sich ausbilden zu lassen und sich fortzubilden. „Dafür müssen Politik und Handwerk gemeinsam sorgen.“ Man könne es sich nicht mehr erlauben, irgendjemanden zurückzulassen.
Auch im Hinblick auf Langzeitarbeitslose sieht Madsen in der heutigen Zeit Ansätze, diese in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Ebenso plädierte Madsen für eine angemessene Ausstattung der Dualen Ausbildung, „nur schöne Worte und Anerkennung“ reichen da nicht. Und: „Wir müssen das Unternehmertum unterstützen, denn sonst will in zehn Jahren niemand mehr Unternehmer sein und die Hälfte der Betriebe muss schließen, weil es keine Nachfolger gibt.“ Schon heute sei die Situation beängstigend.
Präsident Thorsten Freiberg hatte in seiner Begrüßung zuvor die aktuelle Lage aus Sicht des Handwerks skizziert: „Arbeitskräftelücke, steigende Löhne, Lieferkettenprobleme, Inflation mit 10 Prozent zum Jahresende, eine absehbare Rezession, weil im Verhältnis zu den extremen Kostensteigerungen viel zu wenig Innovation gegenübersteht. Dazu eine Energiekrise bei Öl, Diesel, Benzin, Gas und Strom – niemand kann sich davon frei machen oder ausweichen!“ All dies schlage mit voller Wucht bei den Unternehmen durch – insbesondere in den energieintensiven Gewerken, wie beispielsweise im Bäcker- oder Fleischerhandwerk. Freiberg: „Leider sehen wir hier existenzbedrohende Ausmaße!“ Zumal die bisherigen Hilfsprogramme der Bundesregierung an den allermeisten kleinen und mittelständischen Handwerksbetrieben vorbei gingen.
Weiterhin forderte Freiberg von der Politik eine verlässliche Förderpolitik, die die Gegebenheiten des Marktes (und die Verfügbarkeit von beispielsweise Wärmepumpen etc.) berücksichtige. „Wir brauchen Verlässlichkeit, die wir zuletzt sehr vermisst haben.“ Gleichwohl plädierte auch Freiberg dafür, in der Krise „die Chance zu sehen“. Was oft im „Klein-Klein“ des Alltags unterginge, biete nun die Chance, sich wieder auf das große Ganze und das Wesentliche zu fokussieren.
Holger Schwannecke, Generalsekretär des ZDH (Zentralverband des Deutschen Handwerks), war zum wiederholten Male beim Sommerempfang zu Gast und konnte abermals die aktuelle Gemengelage gekonnt einordnen. „Es braucht fairen und verlässliche Rahmenbedingungen im Handwerk. Nur dann werden die Betriebe ihre Stärken und Resilienz entwickeln können und ihr Potential auf die Straße bringen“, sagte Schwannecke. Dabei nahm er auch das Handwerk selbst in die Pflicht: „Wir müssen unsere Betreibe sensibilisieren, um Effizienzpotentiale noch besser zu heben, gerade auch für die Energiewende und den Klimaschutz.“
Gleichwohl plädierte Schwannecke für gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen – kleinere Unternehmen dürften größeren gegenüber nicht benachteiligt werden. „Wer die Klima- und Energiewende will, der darf beim Energiekostendämpfungsprogramm nicht auf Unternehmensgröße und Grad der internationalen Tätigkeit schauen.“
Auch Schwannecke betonte den unschätzbaren Wert der Dualen Ausbildung in Deutschland, dankte Minister Habeck für die Aufstockung der Mittel in 2022 dafür, bemängelte aber zugleich auch wieder einen Mittelrückgang ab 2023. „Wir brauchen von der Politik Verlässlichkeit, um unsere Bildungszentren auch weiterhin zukunftsfit zu machen!“ Dann werde auch das Handwerk seinen Teil zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz beitragen können.
Handwerk Schleswig-Holstein – Vereinigung der Fachverbände und Kreishandwerkerschaften vertritt als Unternehmens- und Arbeitgeberverband die Interessen des freiwillig organisierten Handwerks in Schleswig-Holstein. Mitglieder sind 26 Fachverbände und Landesinnungen vom Baugewerbe bis zur Zahntechnikerinnung sowie zwölf Kreishandwerkerschaften als regionale Organisationen des Handwerks und Geschäftsführungen der Innungen. Die Vereinigung repräsentiert damit rund 8000 Handwerksbetriebe in Schleswig-Holstein.
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