Klimakrise, Ukrainekrieg, Covid-Pandemie: Faktoren, die auch in der Behandlung psychisch erkrankter Menschen zunehmend eine wichtige Rolle einnehmen. Das Team der Stadtteiltagesklinik Neugraben bemerkt Veränderungen insbesondere bei Patienten mit Depressionen und Angststörungen: Die vielschichtigen Belastungen durch die Pandemie in Beruf und Familie werden durch den Krieg in Europa noch verstärkt. Viele der Menschen, die bei den Experten Hilfe suchen, sind jünger – und oft zum ersten Mal psychisch erkrankt. Der Bedarf ist nach dem Umzug und der Erweiterung der Therapieplätze vor einem Jahr ungebrochen hoch. 

„Anfangs schienen vor allem Menschen mit bereits bekannten psychischen Vorerkrankungen durch die Pandemie zusätzlich belastet und betroffen zu sein. Mittlerweile kommen aber auch mehr und mehr Ersterkrankte zu uns“, beobachtet Dr. Florian Hirdes, Oberarzt und Leiter der Asklepios Tagesklinik Neugraben. „Hinzu kommt der Krieg in der Ukraine, der viele beschäftigt. Hier geht es nicht nur um die Energieversorgung. Einige Patienten sind auch akut in Sorge um Angehörige und Freunde in der Ukraine“, erklärt der Psychiater. Allein im ersten Jahr hat das Team der Tagesklinik mehr als 100 Patienten behandelt, 20 Plätze stehen in den vor einem Jahr bezogenen hell und modern gestalteten Räumen mitten in Neugraben zur Verfügung. Die Behandlung dauert in der Regel acht Wochen. Der Bedarf im Stadtteil steigt an – und die Patienten werden jünger: Das Durchschnittsalter sank von 2021 auf 2022 um sechs Jahre und liegt aktuell bei 38 Jahren. „Viele unserer Patienten waren vor Beginn ihrer Krise berufstätig und können in vielen Fällen nach erfolgreicher Behandlung in ihren alten Beruf oder einen anderen Beruf zurückkehren“, so der Experte. Unterstützt werden die Patienten dabei von einem Team, in dem neben Ärzten, Psychologen, Therapeuten und Pflegekräften auch Sozialpädagogen arbeiten und die berufliche Wiedereingliederung begleiten.

Wichtige Unterstützung im gewohnten Umfeld

Eine tagesklinische Behandlung richtet sich an Patienten, für die eine ambulante Behandlung aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung nicht ausreicht und eine stationäre Behandlung noch nicht oder nicht mehr notwendig ist. „Das hat für unsere Patienten nur Vorteile, da sie nachmittags in ihr gewohntes Umfeld zurückkehren können und die Nächte und Wochenenden zuhause verbringen. Auch aus verhaltenstherapeutisch-psychotherapeutischer Perspektive ist dies sinnvoll, da auf diese Weise neu erworbene Kompetenzen und Wege im persönlichen Umfeld ausprobiert und angewandt werden können. Unsere Behandlung hat eine hohe Therapiedichte und einen strukturierten Tagesablauf“, berichtet Dr. Florian Hirdes. Neben verhaltenstherapeutischer Psychotherapie und Bewegungsangeboten bietet das Team auch Achtsamkeitstherapie und moderne Ergotherapie an, aktuell wird das ergotherapeutische Angebot noch weiter ausgebaut. Zukünftig sollen hier auch verstärkt digitale Angebote in die Therapie eingebunden werden, um eine noch besser an den Bedürfnissen der Patienten ausgerichtete Behandlung anbieten zu können. „Bereits jetzt ist die Vernetzung der Hilfsangebote im Stadtteil sehr gut. Unsere engen Kooperationen, etwa mit psychosozialen Kontaktstellen wie der Passage Süderelbe in Neugraben oder der Kajüte Neuwiedenthal pflegen wir genauso wie den Austausch mit Zuweisern und Weiterbehandlern. So können wir unseren Patienten möglichst niederschwellig und frühzeitig Hilfe anbieten“, freut sich Dr. Hirdes.

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