Martina Goeschel ist eigentlich Managerin bei Zalando. Jetzt hilft sie nach der Arbeit an zwei Abenden pro Woche Geflüchteten aus der Ukraine. Unsere Gastautorin Manuela Kasper-Claridge hat sie getroffen und mit ihr über das freiwillige Engagement gesprochen.

Das Hotel liegt in einer Friedrichshainer Seitenstraße. Vor der Tür stehen Helfer mit gelben Westen. Nur wer tatsächlich Bewohner*in ist, darf rein. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen. Man hört ukrainische, russische, englische, deutsche und arabische Wortfetzen. An der Rezeption steht Martina Goeschel zusammen mit weiteren Helfer*innen. Zwei Mal in der Woche ist hier ihr abendlicher Arbeitsplatz, manchmal hilft die 41-järige auch in der Küche aus. Man sieht ihr nicht an, dass sie bereits 8 Arbeitsstunden hinter sich hat. Denn erst macht sie ihre eigentliche Arbeit als Managerin bei Zalando, dann arbeitet sie zwei Mal in der Woche abends als Freiwillige. Sie trägt Jeans und T-Shirt, ist immer freundlich, lacht und erklärt geduldig Dokumente oder Behördengänge.  Sie nimmt sich Zeit für die Flüchtlinge aus der Ukraine, von denen viele traumatisiert sind, weil sie wegen des russischen Angriffs Hals über Kopf ihre Heimat verlassen mussten. Die meisten Flüchtlinge sind Frauen mit Kindern aber auch Austauschstudenten sind hier vorübergehend untergebracht. Sie mussten ihr Studium wegen des Krieges in der Ukraine abbrechen.

“Ich spreche leider kein Ukrainisch oder Russsich, aber Englisch spreche ich fließend und viele Flüchtlinge verstehen das. Wenn nicht, frage ich andere Helfer*innen, die übersetzen können”, erzählt Martina Goeschel.

Vor dem Krieg geflüchtet

Innerhalb kürzester Zeit wurde das in die Jahre gekommene Mittelklassehotel vom Unionhilfswerk zu einem Flüchtlingshotel umgewandelt. Der Betreiber wollte das Haus eigentlich abreißen, hat die Pläne aber nun bis Ende Dezember 2022 verschoben, damit hier die Flüchtlinge unterkommen können. Die Hotelzimmer haben Bäder und ein bis zwei Betten, in der Regel auch einen Schreibtisch aber keine Küche. Die Essenausgabe ist zentral im Speisesaal. Martina Goeschel zeigt auf Käse, Schwarzbrote und Butter: “Das sind alles Spenden.” Die Mütter sitzen mit ihren oft noch kleinen Kindern am Tisch, schmieren Brote. Man merkt ihnen die Anspannung an. Viele schauen immer wieder auf ihr Mobiltelefon. Vielleicht gibt es eine Nachricht vom Eheman oder von den Eltern? Es gibt ein Spielezimmer für die Kinder. Hier hilft Martina Goeschel auch gerne aus.

“Mir war gleich klar, dass ich helfen muss”, erzählt sie. Wir sitzen zwischen Wäschestapeln, Windeln und Haarwaschmitteln, alles säuberlich in Kisten von den Helfer*innen sortiert. Besonders zu Beginn des Krieges war die Spendenbereitschaft und auch die Hilfsbereitschaft groß. Jetzt kommt es schon mal vor, das eine Schicht nicht besetzt werden kann.

Jede*r freiwillige Helfer*in wird gebraucht

Martina Goeschel wird weitermachen, da ist sie sich sicher. “Es ist Krieg mitten Europa, da müssen alle zusammenhalten”, betont sie. Krisenmanagement war Teil ihres Studiums, das hilft ihr, hier den Überblick zu behalten. Jede*r freiwillige Helfer*in wird hier gebraucht, egal ob jung oder alt und unabhängig von der Ausbildung. Es gibt genug zu tun. “Die Ukrainer*innen halten den Kopf für uns hin und wann der Krieg vorbei ist, weiß niemand”, betont Martina Goeschel. Dann muss sie schnell zur Rezeption. Gerade sind neue Flüchtlinge aus der Ukraine angekommen.

Sie möchten auch helfen? Interessierte finden unter www.unionhilfswerk.de/ukraine-hilfe die Sach- und Zeitspendenbedarfe.

Text: Manuela Kasper-Claridge

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