Das Bildungswesen ist trotz großer Herausforderungen eine der weltweiten Erfolgsgeschichten. Im Jahr 1820 waren 88 % der Weltbevölkerung Analphabeten, 2016 waren es noch 14 %. Zwischen 1970 und 2020 sank der Anteil der Erwachsenen ohne formale Bildung von 23 % auf weniger als 10 %. Während dieser Expansion ist das Bildungsmodell weitgehend intakt geblieben. Doch der technologische Fortschritt und andere Entwicklungen (u. a. die Auswirkungen einer globalen Pandemie) verändern unseren Ansatz rapide. Wie sieht also die Zukunft des Bildungssektors aus?

Um die Trends zu verstehen, die das moderne Bildungswesen prägen, müssen wir zunächst einen Blick auf das Bevölkerungswachstum werfen. Bis 2050 wird die Weltbevölkerung voraussichtlich um weitere 2 Milliarden auf 9,7 Milliarden Menschen anwachsen. Trotz dieses Anstiegs sind die Wachstumsraten seit Mitte des 20. Jahrhunderts weltweit zurückgegangen. Kurz gesagt, die Alten werden immer älter, was zu einem beträchtlichen fiskalischen und wirtschaftlichen Druck auf die bereits überlasteten Renten- und Gesundheitssysteme führt, vor allem in den entwickelten Volkswirtschaften. Die Tatsache, dass wir länger leben, bedeutet, dass wir wahrscheinlich länger arbeiten müssen, wenn wir wirtschaftlich überleben wollen.

Abgesehen von der demografischen Entwicklung ist ein weiterer bedeutender Druck auf die Volkswirtschaften die rasante Entwicklung der Technologie, die Automatisierung und höhere Effizienz im Leben und am Arbeitsplatz ermöglicht hat. Mit der Einführung dieser neuen Technologien werden zunehmend Arbeitsplätze in der alten Wirtschaft verloren gehen, und obwohl dies für viele ein schwieriger Übergang sein wird, zeigen unsere Erfahrungen mit der industriellen Revolution, dass sich unweigerlich neue Möglichkeiten ergeben werden.

Online-Weiterbildung ein Schlüsselfaktor

Das Bildungswesen wird bei diesem Übergang ein entscheidender Faktor sein. Insbesondere müssen Regierungen und Industrie sicherstellen, dass die Arbeitskräfte – alte wie junge – auf die kommenden Herausforderungen vorbereitet sind, indem sie sich auf die Höherqualifizierung, Umschulung und Umschulung konzentrieren. Diese Umschulung findet immer häufiger online statt.

Das Internet ermöglicht es, dass Bildung überall und zu jeder Zeit stattfinden kann. Da die Weltbevölkerung wächst, nimmt auch der weltweite Internetzugang zu. Schätzungen zufolge werden bis 2050 90 % der Weltbevölkerung Zugang zu Breitband-Internetdiensten haben, während es heute nur etwa die Hälfte ist. Die Chancen für den Online-Bildungssektor sind daher enorm.

Die Dezentralisierung des Bildungswesens mag durch die Pandemie ausgelöst worden sein, doch der Trend zur Fernbildung ist schon seit einiger Zeit im Gange. Das virtuelle Klassenzimmer und die Online-Bildung haben in den letzten zehn Jahren sowohl in den Industrie- als auch in den Schwellenländern ein enormes Wachstum erfahren. Von 2020 bis 2028 wird für den globalen Online-Bildungsmarkt eine jährliche Wachstumsrate von 12,68 % erwartet.

Der Hochschulsektor hat das Potenzial des Angebots von Online-Kursen bereits für sich entdeckt. Massive Open Online Courses (MOOCs) haben beispielsweise ein starkes Wachstum erfahren; zwischen 2012 und 2018 ist die Zahl der verfügbaren MOOCs um rund 683 % gestiegen, und die Gesamtzahl der eingeschriebenen Studierenden hat sich von 10 Millionen im Jahr 2013 auf derzeit 81 Millionen erhöht. Die Universitäten prüfen nun auch, wie ein gemischter Ansatz für die Lehre (mit weniger Zeit auf dem Campus) funktionieren könnte. Für einen Sektor, der durch eine hohe Verschuldung (sowohl der Studierenden als auch der Hochschulen) belastet ist, sind die potenziellen Chancen – und Gefahren – erheblich.  

Da der Zugang zur Online-Bildung zunimmt, wird die Zahl der Menschen ohne formale Bildung Prognosen zufolge von heute 10 % auf etwa 5 % im Jahr 2050 sinken. Für Länder mit niedrigem Einkommen oder Entwicklungsländer bietet dezentralisiertes Lernen einen besseren Zugang und mehr Flexibilität als die traditionelle Bildung.

Lernen in einer virtuellen Welt

Nicht nur der Zugang zur Bildung hat sich verbessert, sondern auch die Qualität und die Art des Unterrichts entwickeln sich weiter. Technologische Innovationen wie Augmented Reality (AR), Virtual Reality (VR), Haptik, Cloud Computing und maschinelles Lernen (KI) werden die Bildung viel virtueller, umfassender und praxisorientierter machen. Diese Entwicklungen werden eine stärkere Personalisierung und Verbesserung der Bildung des Einzelnen ermöglichen. KI und Algorithmen des maschinellen Lernens werden in der Lage sein, die Fortschritte der Schüler zu überwachen und zu bewerten und ihnen Verbesserungsmöglichkeiten in bestimmten Bereichen ihres Studiums aufzuzeigen.

Obwohl es sich derzeit um zwei unterschiedliche Technologien handelt, werden AR und VR bis 2050 nicht mehr zu unterscheiden sein, vor allem aufgrund der Fortschritte in der haptischen Technologie. AR und VR beschränken sich derzeit auf die Stimulierung des Tastsinns und der Bewegungswahrnehmung. Haptische Geräte stimulieren unsere fünf Sinne und die somatosensorische Wahrnehmung – Druck, Schmerz, Temperatur usw. Insgesamt kann die haptische Technologie den Nutzern ein realistisches Erlebnis bieten, da sie die Umgebung, in der sie eingesetzt wird, erkennen kann. Im Jahr 2050 werden haptische Technologie, AR und VR in der Lage sein, zusammenzuarbeiten, um eine realistische und vollständig immersive Umgebung zu schaffen. Die Schüler werden sich beispielsweise in einer bestimmten Zeit oder an einem bestimmten Ort der Geschichte befinden und mit dieser Umgebung interagieren können. Darüber hinaus können fortschrittliche Technologien mit haptischem Feedback eine virtuelle praktische oder physische Ausbildung anstelle der theoretischen Ausbildung ermöglichen, die derzeit die einzige Form der Online-Ausbildung ist.

Es ist gut möglich, dass die Fortschritte in der KI und der Robotik dazu führen werden, dass die Klassenräume von robotischen oder virtuellen Lehrern und Assistenten geleitet werden. Auch die Art des Lernens wird wahrscheinlich von zukünftigen Berufen und neuen Technologien beeinflusst werden. Infolgedessen werden die Schüler wahrscheinlich einen großen Teil ihrer Ausbildung auf das Erlernen von MINT-bezogenen Fähigkeiten wie Robotik und Programmierung verwenden.

Die Pandemie hat gezeigt, dass sich die Fernarbeit nicht auf das Produktivitätsniveau auswirkt. Sie hat auch bestätigt, dass die Art und Weise, wie wir lernen, flexibel sein muss, um das Beste aus der Bildung herauszuholen. Mit dem Ende der Pandemie und darüber hinaus erwarten wir viele weitere Herausforderungen für das etablierte Bildungsmodell. Der Einsatz von Technologie wird es uns ermöglichen, die Bildung auf jeden Einzelnen zuzuschneiden. Vielleicht haben wir endlich ein Mittel gefunden, das sicherstellt, dass jeder Mensch seinen Weg zum Erfolg findet.

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