Was die Inflation betrifft, hat unser Amundi Institut die Prognose aufgrund eines höheren Ölpreisszenarios und einer bereits höheren Inflation nach oben korrigiert: Wir sehen für 2022 in Italien eine durchschnittliche Inflationsrate von 7,3 %; für 2023 durchschnittlich 3,9 %. In Spanien gehen wir von 8 % in diesem Jahr aus und 3,3 % im nächsten. Wieder zum Vergleich: Für die Eurozone insgesamt stehen derzeit 7,5 % für 2022 im Raum. 4,1 % für nächstes Jahr sind denkbar.
Die EZB sitzt am langen Hebel
Die Schuldenquote Italiens betrug 2021 aufgrund der Corona-Pandemie 150 % des BIP. Wir beobachten jedoch einen etwas stärkeren Rückgang der Quote bei gleichem Zinsniveau und gleicher Haushaltsdisziplin als in der Vergangenheit. Italien ist allerdings weiterhin anhaltenden Schwankungen der Renditekurve ausgesetzt. Und mittelfristig, wenn der Großteil des Aufbauprogramms „NextGenerationEU“, abgeschlossen sein wird, wird beschleunigtes Wachstum der Schlüssel zur Tragfähigkeit der Schuldenlast sein.
Spanien steht in dem Punkt etwas besser da. Die Schuldenquote stieg auf 120 % des BIP im Jahr 2020. Der Schuldenstand und die Tragfähigkeit des Defizits des Landes sind aber mit zwei Hauptproblemen konfrontiert: einer ungünstigeren Finanzierungssituation aufgrund der Normalisierung der Geldpolitik und der demografischen Entwicklung Spaniens. Beide Faktoren erfordern mehr Haushaltsdisziplin.
Was bedeutet das nun für die Staatsanleihemärkte?
Die Europäische Zentralbank spielt eine entscheidende Rolle bei der Eindämmung der Renditespannen zwischen Peripherieanleihen und Euro-Kernanleihen. So hielt die EZB am 15. Juni eine Ad-hoc-Sitzung ab, um die Ausweitung der Spannen bei Anleihen der Eurozone und den Anstieg der Kreditkosten zu erörtern. Die Nachricht ist vom Markt zunächst positiv aufgenommen worden und führte zu einer deutlichen Einengung der Spreads in den Peripherieländern. Aber: Das angekündigte Instrument birgt auch ein hohes politisches Risiko und könnte am Ende hinter den Erwartungen zurückbleiben, was Umfang und Umsetzungserfolg angeht.
Dennoch: Die technischen Daten für italienische Staatsanleihen sind durchaus positiv. Die kurzfristige Volatilität wird zwar, wie in anderen Staaten auch, anhalten, da der Markt sich auf die nächste Ankündigung der EZB konzentrieren wird. Italien hat bei der Finanzierung für dieses Jahr aber größere Fortschritte gemacht als andere EU-Länder. Mitte Mai waren bereits 80 % der Nettoemissionen platziert. Die Liquiditätspuffer sind im historischen Vergleich hoch. Was den Bestandseffekt betrifft, so wird die EZB weiterhin eine Rolle bei der Reinvestition ihrer Bestände spielen. Da ausländische Anleger ihre Gewichtung auf ein historisch niedriges Niveau reduziert haben, spiegelt die derzeitige Positionierung bereits einen vorsichtigeren Ansatz in dem neuen, schwierigeren Umfeld wider.
In Spanien sieht die Lage etwas gemischter aus. Das Nettoangebot an Staatsanleihen bleibt noch hinter dem durchschnittlichen Anteil der Euro-Länder zurück. Aufgrund der relativ begrenzten Emissionstätigkeit im ersten Quartal spielte die EZB in diesem Jahr in Spanien eine geringere Rolle als für Italien. Der größte Teil der Anleihen wurde von privaten Investoren erworben. Andererseits gehört die spanische Schuldendauer von fast acht Jahren zu den höchsten im Euroraum, während der Anteil der ausländischen Anleger in den letzten zwei Jahren um etwa 10 % auf derzeit 40 % gesunken ist. Angesichts des geringen Engagements ausländischer Investoren liegt auch hier der Fokus bei den Spreads kurzfristig weiterhin auf der nächsten Ankündigung der EZB. Es bleibt also spannend, welche konkreten Umsetzungsvorschläge diese auf den Tisch bringen wird.
Quelleninformationen und weitere Informationen finden Sie in den aktuellen Research Papers “Macroeconomic projections for the Italian economy and fixed income implications“ und „Focus on Spain: „macroeconomic projections and fixed income view“ sowie im Amundi Research Center.
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