Nach Berechnungen des RKI sind rund ein Viertel der deutschen Erwachsenen adipös. Adipositas ist umso gravierender, wenn sie bereits bei Kindern und Jugendlichen auftritt. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums leiden rund 6 Prozent aller 3- bis 17-jährigen unter Adipositas. Das sind Hunderttausende! In dieser Lebensphase manifestieren sich Ernährungsgewohnheiten, die ohne eine konsequente Behandlung jahrzehntelang andauern – in einem Leben, das oft von schweren Folgeerkrankungen geprägt ist und nicht selten von einem frühen Tod. Diese Erkrankung kann nur mit einer langfristig wirksamen Therapie der Ernährungsund Lebensgewohnheiten bekämpft werden. Genau dies ist das Ziel einer neugegründeten Gruppe von Reha-Kliniken, die sich mit einem neu entwickelten Konzept auf die Behandlung von Adipositas-erkrankten Kindern und Jugendlichen spezialisiert hat: den „Gesundheitscamps“.

Das Neue am Gesundheitscamp-Konzept ist die ganzheitliche Betrachtung und interdisziplinäre Behandlung der jungen Adipositas-Erkrankten. Das Konzept beruht dabei auf vier nahezu gleichberechtigten Säulen: Ernährung, Sport, Pädagogik und Psychologie. „Mit diesem Konzept führen wir die Patienten mit konzentrierten und qualifizierten Maßnahmen zu nachhaltigen Verhaltensänderungen“, so Dr. med. Elmar Bergmann, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft. „Denn nur mit langfristig veränderten Ernährungsgewohnheiten und -verhalten können die jungen Menschen ihre Erkrankung langfristig überwinden. Wir wollen gemeinsam kochen, Gemüse anbauen, täglich Sport treiben und den Kindern in persönlichen Gesprächen vermitteln, wie wichtig gesunde Ernährung und Bewegung für sie sind.“ Überdies wurde das Therapiekonzept nach den Leitlinien der „Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter“ (AGA) und dem „Rahmenkonzept der Konsensusgruppe Adipositasschulung“ für Kinder und Jugendliche e.V. (KgAS) entwickelt.

Die Kinder und Jugendlichen werden während ihres Aufenthalts von interdisziplinären Therapeutenteams betreut, leben in kleinen Gruppen und bekommen einen regelmäßigen Schulunterricht innerhalb der Einrichtung. Beim Sport und beim Kochen werden auch prominente Persönlichkeiten aus TV und Film als Motivatoren eingesetzt, die vor Ort mit den Kindern arbeiten, etwa einen Fernsehkoch, oder bekannte Spitzensportler wie zum Beispiel Bundesliga-Fußballer.“ Erste Zusagen liegen bereits vor.

MULTIFUNKTIONSHALLE MIT 3D-TECHNOLOGIE

Bisher sind zwei Gesundheitscamp-Standorte ausgewählt: Das Gesundheitscamp Kirchhundem (Sauerland) hat bereits Anfang Juni 2022 eröffnet. Das Camp verfügt über 100 Plätze in 50 Doppelzimmern. Die Kinder und Jugendlichen werden betreut von einem rund 30-köpfigen Team aus Fachärzt*innen für Kinder- und Jugendmedizin, Psycholog*innen, Oecotropholog*innen, Bewegungstherapeut* innen, etc. 

Der Standort Kirchhundem ist entstanden im Joseph-Gockeln-Haus, einer ehemaligen Bildungsund Erholungsstätte der katholischen Kirche. Das Gebäude liegt schön und ruhig gelegen in der Natur und wurde für die neue Nutzung von Grund auf saniert und ergänzt, u.a. um eine Turnhalle, Gewächshäuser, einen Sportplatz, einem Schwimmbad sowie zahlreiche weitere Außen- und Innen-Sportangebote. Ein weiteres neues Gesundheitscamp ist im ehemaligen Kloster Springiersbach (unweit der Mosel) geplant.

Die Einladung von Prominenten zur Motivation der adipösen Kinder und Jugendlichen steht exemplarisch für eine weitere wichtige Besonderheit der Gesundheitscamps. Während bspw. die meisten anderen Reha-Kliniken für Kinder und Jugendliche neben der Adipositas auch weitere Erkrankungen (z.B. Asthma oder Neurodermitis) behandeln, sind die Gesundheitscamps ausschließlich auf Adipositas in der Altersgruppe 8 bis 17 Jahre fokussiert. Elmar Bergmann: „Kinder und Jugendlich benötigen eine besondere individuelle Ansprache, um ihr Interesse zu wecken und langfristig zu motivieren.“ Ein weiteres Beispiel für innovative Reha-Angebote ist die moderne Multifunktionshalle in Kirchhundem: Dabei handelt es sich nicht um eine klassische Schulturnhalle mit Medizinbällen, Barren und Reck. Stattdessen haben die Betreiber eine virtuelle, interaktive 3D-Technologie installiert, eine riesige Videowand, die als interaktiver Touchscreen fungiert und bspw. mit Bällen beworfen werden kann, um spielerisch Fragen zu beantworten. Ein Weg, der zu körperlicher Bewegung in spielerischer Form animiert – und nicht als anstrengende Leibesübung empfunden wird (siehe auch: youtube.com.)

ADIPOSITAS APP

Demselben Innovationsgedanken folgt die eingesetzte Adipositas App im Rahmen der ambulanten Adipositas-Nachsorge der Gesundheitscamps. Die Anwendung spieltypischer Elemente der App wird dabei zur Motivation der Kinder und Jugendlichen nach Ende des Reha-Aufenthaltes genutzt. Ziel ist es, die Patienten mit digitalen Mitteln zu unterstützen, ihre Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten langfristig umzustellen. „Mittels Gamification übertragen wir einen Teil der Nachsorge der Reha auf eine spielerische Ebene, insbesondere in Apps“, so Dr. Elmar Bergmann. „Dabei werden bspw. Belohnungssysteme, Fortschrittsbalken oder weitere Feedback-Elemente eingeführt. Ziel ist es, die Adipositas-Patienten zu motivieren, die während der Reha erlernten neuen Verhaltensweisen langfristig fortzuführen.” Auch das Bundesbildungsministerium setzt auf den Einsatz von Gamification als Zukunftstechnologien der Medizin: bmbf-prod.bmbfcluster.de

 

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Ann-Kathrin Püllen
E-Mail: ap@sundf.ag
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