Den meisten Kennern der DDR-Geschichte und ihrer jähen kulturpolitischen Wendungen ist die verhängnisvolle Wirkung des auch als „Kahlschlagplenum“ bezeichneten 11. Plenums des ZK der SED im Dezember 1965 bekannt. Damals war eine ganze Jahresproduktion von DEFA-Filmen verboten worden, darunter „Spur der Steine“ von Frank Beyer mit Manfred Krug in der Rolle des undogmatischen Zimmermanns und Brigadeleiters Hannes Balla und „Das Kaninchen bin ich“ von Kurt Maetzig. Der teils existenzvernichtende Bannstrahl traf allerdings nicht nur Filmleute, sondern auch Literaten. Zu ihnen gehörte neben Werner Bräunig, der danach keinen Roman mehr schrieb, und Volker Braun auch der damals erst 28-jährige Schriftsteller
Gerd Bieker, der am 23. Juli 2022 seinen 85. Geburtstag feiern kann. Der heftige Zorn von Berichterstatter Erich Honecker, damals zweiter Mann nach Walter Ulbricht an der SED-Spitze, entlud sich auf dessen Debütroman „
Sternschnuppenwünsche“. Darin erzählte Bieker in einer munter-lockeren Sprache eine kleine, weithin alltägliche Geschichte: Der junge Buchdrucker Ede Hannika kommt aus einer vogtländischen Klitsche in die Stadt, gerät in eine spröde Liebesbeziehung zu dem herb-klugen Mädchen Maria und fühlt sich am wohlsten mit Gleichaltrigen, die mangels anderer Gelegenheiten abends immer an einer Litfaßsäule herumlümmeln und sich ironisch-überheblich „Meute“ nennen. Auf persönliche Weisung Honeckers wurde das Buch eingestampft. Der Roman war zwischen dem 20. August und dem 30. Oktober 1965 komplett in der auflagenstarken FDJ-Tageszeitung „Junge Welt“ in Fortsetzungen vorabgedruckt worden. Inmitten des Vorabdrucks verlangte Honecker – wegen gestalterischer Mängel – den Abbruch. Der Autor musste seinen Roman mühevoll überarbeiten und die immer neuen Wünsche von FDJ-Zentralrat, der Hauptverwaltung Verlage und seinem Verlag berücksichtigten. Das Buch erschien dann 1969 in überarbeiteter Fassung – allerdings ohne die ursprüngliche Frische des Debüts, bis 1989 gab es noch neun Nachauflagen. Die überarbeite Fassung von 1969 liegt auch dem E-Book zugrunde. Neben den „Sternschnuppenwünschen“ liegen bei EDITION digital weitere vier E-Books von Gerd Bieker vor, die unter edition-digital.de sowie im Online-Buchhandel zu haben sind: „
Eiserne Hochzeit“ (1978) und das Kinderbuch „
Mach’s gut, Paul!“ sowie „
Rentner-Disco“ (1981) und „
Dorflinde“ (1987)“.
Gerd Bieker wurde am 23. Juli 1937 in Grünhainichen im Erzgebirge geboren. Nach einer Lehre als Buchdrucker arbeitete er als Zeitungsrotationsdrucker in ständiger Nachtarbeit. Von 1960 bis 1963 studierte er am Leipziger Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ und war danach bis 1969 Kulturpolitischer Mitarbeiter beim Kulturbund der DDR. Ab 1970 wirkte er als freier Autor in Karl-Marx-Stadt, als Erzähler, Hörspiel- und Jugendbuchautor. Er schrieb eigene Serien für Kinder wie seine Paule-Geschichten. Zudem war Bieker vielseitig journalistisch sowie als Autor von Stadt- und Regionalgeschichte tätig. Nach 1990 arbeitete er als Buchhändler und als Leiter des ABM-Vereins „Fachwerk heute e. V.“, wobei er unter anderem für die Umsetzung und Restaurierung des ältesten sächsischen Bauernhauses verantwortlich war. Gerd Bieker lebt mit seiner Partnerin Brigitte Dathe in Chemnitz.
Über die EDITION digital Pekrul & Sohn GbR
EDITION digital war vor 27 Jahren ursprünglich als Verlag für elektronische Publikationen gegründet worden. Inzwischen gibt der Verlag Krimis, historische Romane, Fantasy, Zeitzeugenberichte und Sachbücher (NVA-, DDR-Geschichte) sowie Kinderbücher gedruckt und als E-Book heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen sowie Belletristik und Sachbücher über Mecklenburg-Vorpommern. Bücher ehemaliger DDR-Autoren werden als E-Book neu aufgelegt. Insgesamt umfasst das Verlagsangebot, das unter www.edition-digital.de nachzulesen ist, mehr als 1.200 Titel. E-Books sind barrierefrei und Bücher werden klimaneutral gedruckt.