Die Freiburger Verkehrs AG (VAG) schließt das zweite Corona-Jahr mit einem Fehlbetrag von 19 Millionen Euro ab und ist damit um 4,8 Millionen Euro besser als im Vorjahr. Hauptgrund für das gute Ergebnis sind insbesondere um 3,9 Millionen Euro höhere Umsatzerlöse gegenüber dem Jahr 2020. Aus dem ÖPNV Rettungsschirm von Land und Bund erhielt der Freiburger Verkehrsbetrieb rund 12 Millionen Euro Ausgleichsleistungen, wovon 2,5 Millionen aus der Schlussabrechnung des Rettungsschirms 2020 stammen. Gegenläufig waren auch schon im Jahr 2021 signifikante Preissteigerungen bei Gas und Strom. Diese Effekte haben sich mit dem russischen Krieg in der Ukraine in diesem Jahr nochmals deutlich verschärft.

Diese Zahlen nannten die Vorstände der VAG, Oliver Benz und Stephan Bartosch bei der Präsentation der Bilanz für das Jahr 2021.

„Homeoffice und das Bemühen größere Menschenansammlungen zu meiden haben auch 2021 zu starken Fahrgastverlusten geführt“, sagt Oliver Benz. „Wir merken jetzt aber, dass im dritten Jahr der Pandemie die Fahrgäste allmählich wieder zurück in unsere Fahrzeuge kommen und wir bemühen uns mit aller Kraft, dass sich dieser Trend fortsetzt.“ Besonders dankbar sind die VAG-Vorstände ihren treuesten Kundinnen und Kunden: „In den vergangenen zweieinhalb Jahren haben wir im Regio-Verkehrsverbund Freiburg (RVF) in allen Fahrscheinsegmenten Rückgänge verkraften müssen, aber wir haben die Anzahl an Abonnentinnen und Abonnenten stabil halten können. Das hat uns sehr geholfen,“ so Benz.

Vorstand Stephan Bartosch erläutert, dass die VAG alles tut, um auch in den schwierigen Zeiten der Pandemie ein verlässliches und ständig verfügbares Angebot des Öffentlichen Nahverkehrs sicherzustellen. „Unsere Busse und Straßenbahnen haben im Jahr 2021 mit 7,977 Millionen Linienkilometern einen neuen Allzeitrekord aufgestellt und sind über eine halbe Million Kilometer mehr gefahren als beispielsweise im Jahr 2020,“ bilanziert Bartosch, der betont, dass sich die VAG „auch in diesen schwierigen und herausfordernden Zeiten von Pandemie und dem russischen Krieg in der Ukraine in allen Bereichen weiterentwickelt.“

„Extrem geholfen,“ so Bartosch und Benz, habe die dauerhafte Unterstützung der Verkehrsbetriebe durch Bund und Land: „Ohne den ÖPNV-Rettungsschirm wäre der Öffentliche Nahverkehr in Deutschland wahrscheinlich zu großen Teilen zum Erliegen gekommen. Und die Rabattierungsaktionen bis hin zum 9-Euro-Ticket helfen uns dabei Kundinnen und Kunden zu halten und zurückzugewinnen.“ Bislang wurden im RVF rund 158.000 9-Euro-Tickets verkauft. Hinzu kommen 55.000 Abonnenten und etwa 17.000 Inhabende von Jahreskarten, die ebenfalls in den Genuss der Verbilligung kommen. 

Exakte Fahrgastzahlen für 2021 zu nennen, fällt erneut schwer. Dies liegt daran, dass sehr viele Fahrgäste im Regio-Verkehrsverbund Freiburg (RVF) mit Zeitkarten unterwegs sind. Für diese wird in „normalen“ Zeiten eine an empirischen Werten orientierte Fahrtenhäufigkeit angenommen, die aber während der Lockdowns offensichtlich deutlich davon abweicht. Legt man die seitens des Verbands der Deutschen Verkehrsunternehmen (VDV) dafür empfohlene Fahrtenhäufigkeit zugrunde, betrüge die statistisch ermittelte Fahrgastzahl der VAG etwa 47,6 Millionen – und läge damit um 42 Prozent unter dem Wert von 2019.

Bei den Verkaufszahlen von Tickets im gesamten Regio-Verkehrsverbund Freiburg (RVF) gibt es bei nahezu allen Produkten teils deutliche Rückgänge. So liegt der Verkauf von Monatskarten für Erwachsene um 37,6 Prozent und der von Schülerinnen und Schülern um 42,2 Prozent unter den Werten von 2019. Eine Ausnahme bilden jedoch die Abos, deren Zahl sogar leicht angestiegen ist.

Investitionen

Die Arbeiten zum Bau der Stadtbahn Waldkircher Straße sind im Jahr 2021 planmäßig vorangeschritten. Mittlerweile ist der Bereich zwischen der Kaiserstuhlstraße und der Offenburger Straße fertiggestellt und für den Verkehr freigegeben. Momentan erfolgt die Einbindung der neuen Strecke im Bereich der Hornusstraße, weshalb neben der Stadtbahnlinie 2 derzeit auch die Linie 4 unterbrochen ist. Allerdings führen mangelnde Teileverfügbarkeiten und auch Firmeninsolvenzen zu deutlich mehr Aufwänden.  Laut Plan soll die Linie 4 zum Beginn des neuen Schuljahres am 12. September wieder durchgängig verkehren. Trotz einer kurzfristig mitgeteilten Insolvenz einer mit elektrotechnischen Anlagen beauftragten Firma, wird derzeit alles versucht, diesen Zeitpunkt möglichst einzuhalten.

Gebaut wird derzeit auch in der Friedhofstraße durch das Garten- und Tiefbauamt. Im Zuge der Arbeiten am Radweg FR3 werden auch die Gleise sowie die Haltestelle erneuert und verlegt.

Eine markantere Baustelle im Jahr 2021 war die Gleiserneuerung in der Salzstraße. Vom 12. April bis zum 15. August wurden zwischen Schwabentor und Bertoldsbrunnen die über 40 Jahre alten Gleise samt deren Unterbau erneuert. Im Zuge der Arbeiten wird die Haltestelle „Oberlinden“ so angelegt, dass sie mittels Rampen dann auch Personen im Rollstuhl einen Zustieg ermöglichen. Die Investitionssumme für die Gleiserneuerung inklusive der neuen Bahnsteige betrug rund 2,6 Millionen Euro.

Die gemeinsamen Arbeiten mit dem GuT zur Sanierung der Stadtbahnbrücke über den Hauptbahnhof laufen ebenso planmäßig wie auch die in diesem Jahr begonnene Erneuerung der fünf Aufzüge und zwei Rolltreppen an der Stadtbahnbrücke.

Die Umstellung der Busflotte auf den E-Bus-Betrieb ist auch 2021 vorangeschritten. Fünfzehn weitere E-Busse sind eingetroffen und mittlerweile einsatzbereit. Auf dem Betriebshof im VAG Zentrum entstand eine offene E-Bus-Garage mit entsprechenden Lademöglichkeiten und an den Haltestellen „Paduaallee“ und „Munzinger Straße“ sind zur Zeit Stationen für die Zwischenladung der Fahrzeuge in der Fertigstellung.

Fünf neue Straßenbahnfahrzeuge des Typs Urbos 100 gingen im vergangenen Jahr in Betrieb. Acht weitere sind bestellt und werden 2023 und 2024 erwartet. Sie ersetzten die letzten alten Achtachser ohne Niederflurabteil und in den kommenden Jahren dann teilweise auch jene mit nur einem Niederflureinstieg.

Generell haben alle Investitionsbereiche derzeit mit Lieferengpässen und -verzögerungen zu kämpfen. Vom Mikrochip für die Monitore, Halbleiter für die Fahrzeuge über Baustoffe bis hin zu Schienen und Weichen sind die Märkte zunehmend schwierig. Bislang hat es im Bereich der Baustellen keine nennenswerten Verzögerungen deswegen gegeben. Mit Sorge wird auf die derzeit nicht absehbaren weiteren Auswirkungen geblickt insbesondere auf die weitere Ersatzteilversorgung für die Stadtbahnfahrzeuge.

Schauinslandbahn

Auch die Schauinslandbahn hat massiv unter der Pandemie gelitten und musste 2021 an mehr als 70 Tagen den Betrieb deswegen einstellen. Zwar wurde mit 253.481Fahrgäste der Wert von 2020 um 0,2 Prozent übertroffen liegt aber 31% unter dem Vorcoronajahr 2019. Die Erlöse lagen um 4,3 Prozent unter dem Vorjahreswert, 28,3% unter 2019. Neben den verordneten Zeiten des Stillstands wirkte sich dabei auch negativ aus, dass die touristischen und gastronomischen Angebote rund um den Schauinsland über weite Strecken nicht, oder nur eingeschränkt zur Verfügung standen.

Mit dem Bau der Aussichtsterrasse an der Bergstation sowie der barrierefreien Umgestaltung der Bushaltestelle an der Talstation hat die VAG auch im Jahr 2021 in die Attraktivität der Seilbahn investiert.

Weiterentwicklung zur multimodalen Mobilitätsdienstleisterin

Die VAG hat auch 2021 weiter daran gearbeitet, sich zu einer multimodalen Mobilitätsdienstleisterin weiterzuentwickeln. So ist das von der VAG im Auftrag der Stadt Freiburg organisierte Fahrradverleihsystem Frelo zu einem festen Mobilitätsbaustein in Freiburg geworden. Zum 31. Dezember 2021 verteilten sich 615 Frelos und 20 LastenFrelos auf insgesamt 81 Ausleihstationen. Stärkster Monat war mit 46.817 Ausleihen der Oktober 2021. Diese Bestmarke wurde im laufenden Jahr in den Monaten April, Mai und Juni bereits übertroffen. Im Mai 2022 wurden die rotweißen Räder 67.732 Mal gemietet. Im April 2021 wurde das System um 20 LastenFrelos erweitert. Und Frelo wird auch in Zukunft weiterwachsen. Der Gemeinderat stimmte einer Aufstockung der Flotte um 100 Fahrräder zu und es gibt Überlegungen und Gespräche das erfolgreiche System weiter über die Stadtgrenzen hinaus auszubauen.

2021 wurden zudem die Weichen für eine Kooperation zwischen der VAG und DHL gestellt; im Mai 2022 wurde die erste DHL-Packstation an einer Haltestelle der VAG in Betrieb genommen.

Personal

Zum 31.12.2021 hatte die VAG 877 aktive Beschäftigte. Darunter waren 29 Auszubildende und 37 Abrufkräfte. Das Gewinnen von qualifiziertem Personal ist und bleibt eine schwierige Aufgabe. Durch vielfältige Aktivitäten, Informationen oder Auftritten bei Jobbörsen- und Messen stellt sich die VAG als attraktive Arbeitgeberin vor. Wichtiger Baustein der Mitarbeitendengewinnung ist es, jungen Menschen durch Ausbildungsplätze eine berufliche Zukunftsperspektive zu eröffnen. Mittlerweile bietet das Unternehmen 10 verschiedene Ausbildungsberufe und Duale Studiengänge an. Als jüngstes hinzugekommen ist das Berufsbild des Berufskraftfahrers (m/w/d). Bedauerlicherweise gelang es im laufenden Jahr nicht, alle angebotenen Plätze zu besetzen.

Probleme bereiten im Zeichen der Pandemie immer wieder auch hohe Krankenstände. Bisher ist es der VAG immer noch gelungen nahezu alle geplanten Kurse auch zu fahren. In einigen Fällen wurden statt eines Busses Linientaxis eingesetzt. „Dass es bislang nur sehr wenige Kurse sind, die tatsächlich vollständig ausgefallen sind, ist in erster Linie allen Kolleginnen und Kollegen des Fahrdienstes zu verdanken, die nach einem Anruf unserer Disposition bereit waren und sind an ihren freien Tagen oder sogar aus dem Urlaub heraus zu kommen, um einen Kurs zu übernehmen, dafür sind wir unendlich dankbar,“ lobt Oliver Benz. Lobende Worte findet Stephan Bartosch ebenso für das Personal der Werkstätten, der Infrastrukturbereiche und der Verwaltung. „Auch die Kolleginnen und Kollegen aus den verschiedenen Bereichen bleiben von hohen Krankenständen nicht immer verschont. Es ist daher keine Selbstverständlichkeit, dass der Betrieb vollumfänglich aufrechterhalten wurde und bislang nahezu immer ausreichend fahrfertige Fahrzeuge zur Verfügung gestellt werden konnten, um alle fahrplanmäßigen Kurse zu besetzen. Zumal neben dem Tagesgeschäft auch viele neue Aufgaben zu bewältigen waren wie wir beispielsweise mitten in der Umstellung auf den E-Bus-Betrieb sind.“

Die Vorstände sind optimistisch, dass auch in den nächsten Monaten stets ausreichend Personale und Fahrzeuge zur Verfügung stehen, um alle Aufgaben abzudecken, auch wenn man derzeit „schon ziemlich auf Kante genäht“ sei. „Mit etlichen Großveranstaltungen und den SC- Spielen im größeren Stadion stehen Aufgaben vor uns, die wir gemeinsam bewältigen müssen. Wir hoffen sehr, dass uns dies auch weiterhin gelingen wird.“

           

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