Die Staats- und Stadtbibliothek Augsburg hat eine aus der ehemaligen Benediktiner-Abtei Irsee stammende Musikhandschrift (mit der Signatur Tonk Schl 95) restaurieren lassen. Finanziert wurde die Maßnahme vom Freundeskreis „Initiative Staats- und Stadtbibliothek Augsburg e.V.“ dank einer Spende des Schwäbischen Bildungszentrums Irsee. Nach der Aufarbeitung im Institut für Bestandserhaltung und Restaurierung (IBR) München wird die Musikhandschrift jetzt wieder in den Augsburger Bibliotheksbestand eingegliedert und kurz öffentlich präsentiert: kommende Woche zu den üblichen Öffnungszeiten der Bibliothek in deren Foyer.

Bibliotheksleiter Dr. Karl-Georg Pfändtner führt dazu aus: „Die einmalige Handschrift, ein großformatiges und repräsentatives Chorbuch, enthält Kompositionen aus Irsee selbst – von Carolus Andreae (Abt in Irsee von 1612 bis 1627) und von Gregor Stemmelius (verstarb 1619 im Benediktinerkloster Irsee) –, aber auch der italienischen Renaissance-Kapellmeister und Komponisten Costanzo Porta, Gregorio Zucchini und Lorenzo Vecchi, des franko-flämischen Komponisten und Sängers Jakob Regnart sowie der deutschsprachigen Komponisten Gregor Aichinger (geboren 1564 in Regensburg, gestorben 1628 in Augsburg), Albert Reder und Blasius Ammon. Sie ist Teil eines Erschließungsprojekts zu knapp 80 Musikhandschriften unserer Bibliothek, in dem – gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) – erstmals die umfassende musikwissenschaftliche Dokumentation und kostenfreie Bereitstellung der Quellen im Internet ermöglicht wurden. Bestandteil der Digitalisierung war neben dem Online-Katalognachweis und dem vollständigen hochwertigen Scan der Quellen (für die Irseer Handschrift: http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00134903-3) auch eine Dokumentation der im Papier enthaltenen Wasserzeichen mittels Thermographie-Technik.“

Dr. Helmut Zäh, Vorsitzender des Freundeskreises „Initiative Staats- und Stadtbibliothek Augsburg e.V.“ ergänzt: „Die Musikhandschrift dokumentiert die reiche kirchenmusikalische Praxis des Klosters zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Sie enthält 35 fünf- bis achtstimmige lateinische Motetten, die größtenteils als Gradualien für den Winterteil des Kirchenjahres zusammengestellt worden waren. Als Schreiber des Kodex zeichnet Johann Seytz, Subprior zu Irsee, der in einer anderen Musikhandschrift im Jahr 1615 erstmals in Irsee nachgewiesen ist. Sein Todesdatum, der 15. August 1619, ist im jetzt restaurierten Chorbuch Tonk Schl 95 vermerkt. Zum Augsburger Exemplar gehört ein Pendant, das sich nach der Säkularisation in der Proske-Sammlung der Bischöflichen Zentralbibliothek Regensburg (unter der Signatur Codex C 92) erhalten hat. Beide enthalten sog. Solennia, also Festmusiken zum Benediktus-Fest 1614, das in Irsee offensichtlich sehr üppig gefeiert worden war.“

Der Leiter des Tagungs-, Bildungs- und Kulturzentrums des Bezirks Schwaben, Dr. Stefan Raueiser, freut sich: „In der Renaissance gab es in Kloster Irsee ein intensives Musikleben. Wir haben daher 2014 das Projekt einer Noten-Übertragung im Rahmen der „Edition Ursin“ (www.edition-ursin.de) unterstützt, die dank einer Einspielung mit den Aurelius Sängerknaben Calw und dem studio XVII augsburg von Roland Götz auch hörbar geworden ist. Dank der konservatorischen Behandlung der in Augsburg verwahrten Musikhandschrift sichern wir nun den dauerhaften Erhalt der außerordentlichen Qualität dieser Irseer Kompositions-Sammlung, was bisher nicht möglich war.“

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