Seit über einem Jahr kennt die Preisentwicklung nur eine Richtung. Die Inflation in der Eurozone betrug zuletzt über 8,0 Prozent. Die Notenbanken haben dies nicht vorhergesehen und reagieren nun mit raschen Zinserhöhungen. Langsam verdichten sich jedoch die Anzeichen, dass die Inflation schon bald ihren Höhepunkt erreicht haben könnte. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars, welche Faktoren für eine baldige Abschwächung der Inflation sprechen.

Inflationspeak erreicht?!

Größter Inflationstreiber bleiben weiterhin die Energiepreise (Vgl. Abbildung 1). Im Mai stiegen diese um mehr als 40 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Andere Inflationskomponenten wie etwa Dienstleistungen (3,5%) und Industriegüter ohne Energie (4,2%) stiegen weniger stark, als die breitgefasste Inflation (8,1%). Die Kerninflation lag bei 3,8 Prozent und damit sichtbar über dem Inflationsziel. Insgesamt stellt die Eindämmung der Energiepreise die größte Hürde in der Bekämpfung der Inflation dar und zudem sind sie nur schwer von der Europäischen Zentralbank (EZB) unter Kontrolle zu kriegen

Die Die Preisrallye der Energie- und Rohstoffpreise könnte dennoch schon bald vorbei sein. Darauf deutet zumindest der fallende Ölpreis hin. Dieser ist inzwischen 28,- US-Dollar unter dem Jahreshöchststand von 133,- US-Dollar Anfang März. Auch breitgefasste Rohstoffindizes wie etwa der „Bloomberg Commodity Index“ sind insbesondere im letzten Monat sichtbar gefallen. Die fallenden Rohstoffpreise wurden noch nicht umfänglich weitergegeben, da unter anderem Ölkonzerne das Marktumfeld für sich ausnutzen. Das liegt zum Teil an den Marktstrukturen, die Charakterzüge eines Oligopols aufzeigen. Dennoch könnten die fallenden Ölpreise schon bald für den Verbraucher an der Zapfsäule spürbar werden.

Ein weiteres Anzeichen, welches für ein Abschwächen der Inflation spricht, sind die fallenden Containerpreise. Diese sind seit September letzten Jahres von über 10.000,- US-Dollar auf aktuell 7.000,- US-Dollar gefallen.

Darüber hinaus erreichen uns Berichte aus den USA, wonach führende Einzelhändler wie Walmart und Taget auf riesigen Lagerbeständen sitzen und zunehmend unter Druck geraten diese loszuwerden. Im Zuge von Corona haben nicht nur Privatpersonen aus Furcht vor Lieferengpässen Hamsterkäufe getätigt, sondern auch Unternehmen. Zwar holt ein Teil der Konsumenten immer noch verpassten Konsum nach, was insbesondere Reisende derzeit zu spüren bekommen, jedoch lässt dieser Effekt immer weiter nach. Die fallende Nachfrage wird zudem in Folge von steigenden Zinsen und der wirtschaftlichen Unsicherheit verstärkt. Das spiegelt sich auch in den Erwartungen der Unternehmen wider. Der ifo-Geschäftsklimaindex konnte sich seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine nicht erholen.

Schon jetzt lässt sich anhand der fallenden Breakeven-Inflationsrate ein klarer Trend der Inflationserwartungen beobachten. Sollten die Preise über den Jahresverlauf an Fahrt verlieren, könnte sich dies auf die Renditen auf dem Anleihemarkt auswirken. Die Rendite auf die zehnjährige US-Staatsanleihe ist innerhalb weniger Tage bereits um mehr als 50 Basispunkte gefallen. Zudem könnten die Notenbanken das Tempo der geldpolitischen Straffung etwas herunterfahren. Letztlich sind alle beschriebenen Anzeichen endogen entstanden und entspringen den aktuellen Marktentwicklungen, womit ein exogener Schock wie etwa ein Abdrehen des Gashahns durch den russischen Präsidenten die Inflation trotz allem weiter in die Höhe treiben könnte.

Viele Indizien deuten darauf hin, dass wir den Höhepunkt der Inflation bereits erreicht haben. Das Risiko einer weiteren, politisch motivierten, Energiepreissteigerung mit den gesamtwirtschaftlichen Folgen bleibt jedoch bestehen.

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