Die Herauslösung des Landwirtschafts- aus dem Umweltministerium ist ein drastischer Rückschritt, nicht nur für die Umsetzung von Naturschutzzielen in der Fläche, sondern auch für eine fortschrittliche Gestaltung der Agrarpolitik, in der das Land bislang bundesweit klima- und naturschutzorientiert führend war. Zwar begrüßt der NABU ausdrücklich das „Anwachsen“ der Finanzmittel für die Umsetzung der auch vom NABU unterstützten, in der letzten Legislaturperiode beschlossenen, flächenwirksam angelegten Biodiversitätsstrategie, mit der auf die massive Krise durch den weiter voranschreitenden Verlust von Arten und Lebensräumen reagiert werden soll.
Allerdings bleibt fraglich, wie die Umsetzung angesichts der nun zu erwartenden Aufsplitterung der Kompetenzen zwischen der (den Zustand der Natur am drastischsten negativ beeinflussenden) Landwirtschaft und dem Umweltministerium noch gelingen soll. Der NABU fordert den schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Günther deshalb auf, den zu erwartenden, immensen Flurschaden so weit wie möglich zu begrenzen, und für die CDU einen fortschrittszugewandten, naturschutzoffene*n Landwirtschaftsminister*in zu benennen. Dabei müssen aber die Kompetenzen für Wasserwirtschaft, Meere, Wald und Fischerei im Umweltministerium verbleiben.
Darüber hinaus drohen das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) einschl. Staatlichen Umweltämtern (STUA), Landesbetrieb für den Küstenschutz und den Nationalpark (LKN), Bildungszentrum für Natur, Umwelt und ländliche Räume (BNUR) und Integrierte Naturschutzstationen), die bislang dem Umweltministerium zugeordnet waren, wieder zuständigkeitsbezogen aufgeteilt zu werden, womit keine zentrale, flächige Steuerung von Zielen des Naturschutzes mehr möglich sein wird. Damit dürfte allerdings ein klares Ziel von rückwärtsgewandten CDU-Agrarvertretern in der Koalition zur institutionellen Schwächung des Naturschutzes umgesetzt werden.
Die Zusammenlegung war – neben internen organisatorisch-finanziellen Vorteilen – auch wegen einer besseren Abstimmung von übergeordneten Zielen wie dem Schutz von Natur und Umwelt früher parteiübergreifend begrüßt worden. Der zur ‚Prüfung‘ anstehende, geplante „Nationalpark Ostsee“ wird deshalb wohl zum erwartbaren Opfer dieser Kompetenzstreitigkeiten zwischen Umwelt und Fischerei, wenn letztere in die Zuständigkeit des Landwirtschaftsministeriums wechseln sollten. Ob die geplante ‚Modellregion Flensburger Förde‘ darüber hinaus noch eine Wirksamkeit entfalten wird, kann unter diesen Bedingungen stark bezweifelt werden.
Der NABU bekennt sich zu einem naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien zur Erreichung der Klimaziele. Davon ist im Koalitionsvertrag fast nichts mehr zu erkennen: der Durchmarsch unter dem Einfluss der WKA-Branche ohne Rücksicht auf massivste naturschutzfachliche wie -rechtliche Bedenken tritt überall deutlich hervor. Der NABU sieht bei einer Umsetzung den „Windfrieden“ im Land durch die Koalition nun aufgekündigt. Erschreckend ist auch die Ankündigung, die Errichtung von WKA-Anlagen im Küstenmeer zu prüfen, ist doch die immense Bedeutung dieser Bereiche für den Schutz und den Erhalt von Schweinswalen und Meeresenten bereits hinreichend untersucht.
Völlig absurd ist eine beabsichtigte „Mitwirkungsverpflichtung für Naturschutzverbände“ auch bei entsprechenden Planungsverfahren: Die Mitwirkung als staatlich und vertraglich geregeltes Recht wird beim NABU vor allem von ehrenamtlich Tätigen getragen. Werden diese nun vom Land dienstverpflichtet? Oder löst die geplante Verpflichtung eine angemessene „Entschädigung“ für die gutachtengleichen Leistungen des NABU aus, die auch gerichtlich anerkannt kritische Planungen im Sinne der Gesellschaft deutlich zu verbessern helfen. Stellt das nun eine neue Ausrichtung von B‘90 / Die Grünen bei der Förderung der Zivilgesellschaft und ihres ehrenamtlichen Engagements dar, indem eine unsinnige Forderung der F.D.P. umgesetzt werden soll?
Dass auch in der Verkehrspolitik in der großen Linie – abgesehen von Verbesserungen im Detail – keine drastischen Änderungen erfolgen, zeigt auch die Festlegung auf die Plantrasse der A20. Es ist äußerst befremdlich, dass die GRÜNEN in der Verkehrspolitik offensichtlich überhaupt keinen eigenen Gestaltungswillen bei bestehenden Projektplanungen und deren teils gravierender Problemlagen zeigen. Im Abschnitt 3 und 4 der A20 ignorieren auch sie, dass es Alternativen gibt, die viel besser geeignet sind, Rechtssicherheit für das Vorhaben herzustellen. Eine Vorab-Festlegung auf ‚geplante Trassen‘ verschließt zudem von vornherein jeden Weg für ggf. notwendige Verhandlungen. Der NABU nimmt die Abwehr jeglicher diesbezüglicher Diskussionsmöglichkeiten in diesen Planungsverfahren erstaunt zur Kenntnis!
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