Laut Sachsens Staatsminister für Regionalentwicklung Thomas Schmidt (CDU) habe sich die kleine Bauvorlageberechtigung in anderen Bundesländern bereits bewährt. Ingenieurkammerpräsident Dr.-Ing. Hans-Jörg Temann sieht das anders: „Die kleine Bauvorlage leistet keinen sinnvollen Beitrag zu Verbraucherschutz und Baukultur, ganz im Gegenteil. Sie vereinfacht den Genehmigungsprozess nicht, sondern schafft neue Probleme. Die Ingenieurkammer hat sich klar gegen diesen Vorstoß positioniert. In vielen Gesprächen und Diskussionen mit Abgeordneten sowie Vertretern des Handwerks sind wir für Qualität und ein konstruktives Miteinander am Bau eingetreten.“
Sein Amtskollege Dipl.-Ing. Andreas Wohlfarth ergänzt: „Die Novelle der Sächsischen Bauordnung bringt in einigen Punkten durchaus positive Neuerungen, so bei der Erleichterung des Holzbaus als sinnvoller Beitrag zur Nachhaltigkeit im Bauwesen, bei der Ermöglichung des digitalen Bauantragsverfahrens oder bei der stärkeren Berücksichtigung von Fahrradabstellplätzen als Beitrag zur Mobilitätswende. Hingegen stellt die kleine Bauvorlage eine Aufweichung der bisherigen strengen Qualifikationsanforderungen dar, unterläuft das Prinzip der Trennung von Planung und Ausführung im Sinne des Verbraucherschutzes und führt zu einer Schwächung des bisher stringent an der Musterbauordnung orientierten, modernen Bauordnungsrechts im Freistaat Sachsen.“
Im vorliegenden Gesetzesentwurf sind folgende wesentliche Punkte im Detail ungeregelt:
- Automatischer Eintritt der Vorlageberechtigung ohne Bezug auf die tatsächliche Tätigkeit und praktische Erfahrung,
- Inhalt und Dauer sowie Nachweiserbringung der Fortbildungspflicht,
- Fehlende Nachweispflicht der Versicherung.
Ebensolchen Pflichten und Voraussetzungen unterliegen hingegen die bauvorlageberechtigen Ingenieure und Architekten. Dr. Temann trat im Vorfeld als Sachverständiger im Sächsischen Landtag auf, um für diese Aspekte zu sensibilisieren. „Gemeinsam mit der Architektenkammer konnten wir beim Gesetzgeber Verständnis für unsere Positionen wecken. Letztlich ist es uns gelungen, eine deutliche Abmilderung der ursprünglich von den Handwerkern eingebrachten Formulierung zu erreichen.“ Es bleibt abzuwarten, in welchem Maße die nunmehr beschlossene Regelung die Arbeit von Ingenieuren und Architekten beeinflussen wird, auch angesichts der gleichzeitig ausgeweiteten Liste verfahrensfreier Bauvorhaben, die gar keiner Baugenehmigung bedürfen. „Darauf hätten wir sehr gern verzichtet.“
Unabhängig vom Ergebnis hat der Gesetzgebungsprozess auch viele neue Erkenntnisse gebracht, z.B. die, dass gute Argumente nicht ungehört bleiben müssen und dass sachliche Diskussionen trotz gegensätzlicher Auffassungen möglich sind. „Diese positive Erfahrung gibt uns neue Kraft für die künftige politische Arbeit im Interesse unseres Berufsstandes.“
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