Beim Projekt „Make Your School – Eure Ideenwerkstatt“ steht kreatives Tüfteln im Team im Mittelpunkt. Im Rahmen des Projekts finden an Schulen zwei- bis dreitägige Hackdays statt, an denen die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler Herausforderungen oder Probleme ihrer Schule identifizieren, konkrete Lösungsideen entwickeln und diese prototypisch umsetzen. Die Klaus Tschira Stiftung fördert das Projekt von Wissenschaft im Dialog seit Beginn.

Im Interview verraten Beate Spiegel, Geschäftsführerin der Klaus Tschira Stiftung, und Olivia Heckmann, Projektleiterin bei „Make Your School“, das Erfolgsrezept und blicken auf die Entstehungsgeschichte zurück.

Fünf Jahre Hackdays bei „Make Your School“: Wie ist die Idee entstanden?

Beate Spiegel: Wir haben bereits beim ebenfalls von uns ermöglichten Projekt „Jugend präsentiert“ gemerkt, dass es an technischen Fertigkeiten in den Schulen mangelt. Dann haben wir Expertinnen und Experten zu dem Thema zu uns nach Heidelberg eingeladen und nach einem sehr inspirierenden Workshop das Projekt gegründet.

Was schwebte der Stiftung vor?

Beate Spiegel: Die zwei- bis dreitägigen Hackdays, wie es sie heute gibt, waren von Anfang an im Gespräch. Ursprünglich trug das Projekt sogar den Namen „Hack your School“, aber das schien uns dann doch etwas zu gewagt. Wichtig war auch, dass bei diesen Tüfteltagen die Schülerinnen und Schüler hautnah mit ganz konkreten Problemen in ihrer Schule konfrontiert werden, die sie dann auch selbst lösen können. Entscheidend war für uns, dass sie beim Lernen von Mentorinnen und Mentoren begleitet werden, die technisch-naturwissenschaftliche Fächer studieren.

Wer ist daran beteiligt?

Olivia Heckmann: Da ist natürlich zuallererst die Klaus Tschira Stiftung als bundesweite Förderin zu nennen, die das mit Wissenschaft im Dialog, unserem Träger, ermöglicht und umsetzt. Und seit 2019 haben wir noch die Vector Stiftung als Regionalförderin für Baden-Württemberg dabei. Darüber hinaus gibt es noch jede Menge anderer Akteurinnen und Akteure.

Wer ist das?

Olivia Heckmann: Unbedingt nennen muss man unsere Netzwerkpartner und -partnerinnen. Vor mehr als zwei Jahren haben wir angefangen, ein bundesweites „Make Your School“-Netzwerk aufzubauen, weil wir uns relativ schnell mit dem Luxusproblem konfrontiert sahen, dass sich zu viele Schulen interessiert haben für das, was wir da entwickelt haben. Auf lange Sicht wäre das mit unserem Team in Berlin einfach nicht zu stemmen gewesen, da wären wir schnell an die Grenzen des Projektwachstums gestoßen. Außerdem ging es uns um Nachhaltigkeit, damit wir die Idee und das Projekt dauerhaft regional verankern konnten. So kam es zur Entscheidung, uns engagierte Partnerorganisationen mit ins Boot zu holen, die uns in der jeweiligen Region vertreten und die Hackdays dort koordinieren und umsetzen. Dazu kommen die Mentorinnen und Mentoren – ohne die könnten wir das so nicht umsetzen. Die sind von der Altersstruktur noch viel näher an den Jugendlichen dran und legen die Grundlage zu einer authentischen und lockeren Werkstattatmosphäre, in der die Kreativität so richtig zum Tragen kommen kann. Und natürlich dürfen wir auch unsere Lehrkräfte nicht vergessen. Sie sind ganz eng in die Organisation der Hackdays an ihrer Schule miteingebunden und stellen das Ganze vor Ort dann mit auf die Beine.

Beate Spiegel: Die Lehrkräfte waren von Beginn an so begeistert, ohne sie hätte sich das Projekt nicht so rasant entwickelt. Wir haben einen Nerv mit dem Angebot getroffen. Mich fasziniert, dass sowohl die Jugendlichen als auch die Lehrkräfte oftmals viel mehr machen, als sie müssten. Das ist wirklich toll.

Wo war denn das Bedürfnis, an dem „Make Your School“ angedockt hat?

Olivia Heckmann: Die Digitalisierung durchzieht inzwischen alle Lebensbereiche und prägt vor allem den Alltag junger Menschen. Digitale Tools und Social Media gehören einfach dazu. Als das Projekt entstand, war schon deutlich spürbar, dass sich viele Schulen schwer tun mit dieser rasanten Entwicklung. Das sind oft personelle, materielle oder finanzielle Hürden, die für Schulen eine Herausforderung darstellen und denen wir uns mit dem Projekt zuwenden. Wir bringen alles mit, was eine Schule braucht, um solche Hackdays umzusetzen. Aber wir stülpen nichts über, sondern versuchen alle mitzunehmen und zu motivieren, dran zu bleiben.

Beate Spiegel: „Make Your School“ setzt auch pädagogisch neue Impulse, weil es so viel eher möglich ist, auf die individuellen Fähigkeiten einzugehen, als das im „normalen“ Unterricht der Fall ist.

Olivia Heckmann: Wir haben schon oft als Feedback erhalten, dass bei den Hackdays manche Schülerinnen und Schüler regelrecht aus sich herausgehen und über sich hinauswachsen. Auch Zielgruppen, die Berührungsängste hatten, finden Zugänge zu den Themen.

Was ist denn nun die Besonderheit?

Olivia Heckmann: Wir haben ein umfangreiches, vielseitiges Angebot und die Mentorinnen und Mentoren dazu. Wir haben sehr ausgeklügelte Materialkoffer, die auch die Umsetzung ausgesprochen kreativer Ideen ermöglichen. Und die Lehrkräfte erhalten von uns persönliche Begleitung und Trainings, um das gut umsetzen zu können. Uns zeichnet aus, dass wir andere Zielgruppen erreichen als viele Technikprojekte. Der Anteil der Mädchen liegt bei unseren Hackdays beispielsweise konstant bei rund 35 bis 40 Prozent. Und wir sprechen Schulen im ländlichen Raum an. Wir sind so flexibel, dass wir auf sehr unterschiedliche Bedarfe reagieren können. Die Jugendlichen stellen sich ganz konkret die Frage, was sie an ihrer Schule vor Ort verbessern könnten. Das Programmieren und die Technik sind dann Mittel zum Zweck, um ihren eigenen Alltag zu verändern. Das verschafft ein Gefühl der Selbstwirksamkeit.

Beate Spiegel: Uns freut riesig, dass manche von den Ideen es vom Prototyp tatsächlich zur Umsetzung schaffen. Das stärkt auch die Identifikation mit der Schule.

Olivia Heckmann: Wir raten den Schulen auch, Fachleute zu Impulsvorträgen rund um die Digitalisierung einzuladen. Diese Kontakte bleiben manchmal auch über die Hackdays hinaus bestehen. Daraus haben sich schon einige Erfolgsgeschichten entwickelt, bei denen einem das Herz aufgeht: So haben beispielsweise einige Schülerinnen und Schüler mit der Unterstützung von Azubis eines lokalen Unternehmens ihre Prototypen zu einer multifunktionalen Messstation für den Klassenraum weiterentwickelt. Die „Messstation 3 in 1“ konnte beim Maker Festival 2019 den Publikumspreis gewinnen.

Wie laufen die Hackdays ab?

Olivia Heckmann: Die Hackdays beginnen schon lange, bevor wir in den Schulen sind. Es gibt viel Austausch mit den Lehrkräften sowie den Mentorinnen und Mentoren. Wir steigen ein mit einem Auftakt, in dem wir erklären, was die Jugendlichen erwartet. Dann erarbeiten die Schülerinnen und Schüler in einer angeleiteten Ideenfindungsphase, was in ihrer Schule optimiert und ganz konkret umgesetzt werden kann. Gruppen von drei bis sechs Jugendlichen arbeiten zusammen. Die Gruppen vergegenwärtigen sich, was sie machen möchten und wie sie sich die Aufgaben einteilen. Die Hackingphase selbst ist von dem geprägt, was wir als „Trial and Error“-Phase bezeichnen. Am Ende der drei Tage gibt es eine Präsentation, die geöffnet ist für die Öffentlichkeit. Da werden die Hacks dann vorgestellt.

Wie geht das virtuell?

Olivia Heckmann: Wir haben gemerkt, dass drei Tage im virtuellen Raum zu viel sind und haben die Hackdays verkürzt. Die Abläufe wurden dann ein wenig gestrafft und wir haben Zusatzelemente eingebaut, um die Jugendlichen auch im Digitalen bei der Stange zu halten.

Wie funktioniert dann die Gruppenzusammenarbeit?

Olivia Heckmann: Das war die große Herausforderung. Der Corona-Schulalltag war sehr dynamisch. Manchmal saßen alle zuhause, manchmal waren alle in der Schule und manchmal erfolgte die Zusammenarbeit hybrid. Aber das Tolle ist, dass das Format extrem flexibel ist. Egal, wie wir es gemacht haben, es hat immer funktioniert.

Wird davon etwas bleiben?

Olivia Heckmann: Ja, sicher. Wir waren uns mit den Lehrkräften einig, dass vor Ort schon eine andere Qualität gegeben ist. Aber unsere Evaluation zeigt, dass das digitale Format zum Teil gleiche oder in Teilen sogar überlegene Aspekte hat. Jetzt werden wir erst einmal den Weg zurück in die Schulen finden, aber wir wollen das virtuelle Format auch beibehalten. Denkbar sind viele Möglichkeiten: Vielleicht können die Remote-Hackdays für Aufbauangebote zum Einsatz kommen. Auch bei Stammtischen und Trainings haben wir gemerkt, dass in manchen Zusammenhängen die virtuelle Version wirklich gut funktioniert.

Was steckt für ein Team hinter „Make Your School“?

Olivia Heckmann: Wir sind sehr schnell gewachsen. Nach fünf Jahren sind wir zwölf Personen, die in Berlin an dem Projekt arbeiten: zwei Projektleiterinnen sowie zehn Menschen, die das Projekt toll in die Umsetzung bringen und täglich im Einsatz sind – und sich von Corona nicht haben unterkriegen lassen.

Das Projekt wurde von Anfang an evaluiert. Was zeigen die Evaluationen?

Olivia Heckmann: Seit 2018 werden wir von der Technischen Universität Braunschweig begleitet. In der Untersuchung ging es darum zu schauen: Stimmt die Organisation? Werden die Jugendlichen gut angeleitet und sind die Hackdays wirksam? Wir waren sehr offen für Kritik und Optimierung, aber wir haben schon von Anfang an viel bessere Beurteilungen bekommen, als wir das erwartet hatten. 85 bis 90 Prozent der Teilnehmenden fand die Hackdays gut oder sehr gut. Auch bei den Fragen nach Wissenszuwachs und gesteigertem Interesse geben über 70 Prozent der Jugendlichen an, dass dies zumindest teilweise bis sehr stark zutrifft.

Letzte Frage: rasantes Wachstum, das alle überrascht hat. Wie könnte es jetzt weitergehen?

Beate Spiegel: Ich würde mir wünschen, dass wir die Regionalförderung noch ausbauen und noch stärker in die Fläche gehen. So könnten wir neue Schulen, neue Lehrkräfte, neue Mentorinnen und Mentoren gewinnen und mehr Menschen, die „Make Your School“ mittragen.

Olivia Heckmann: Die Hackdays sind konsolidiert, das funktioniert. Also können wir uns den Blick darüber hinaus erlauben und weiterdenken, um stärkere Anknüpfungspunkte nach den Hackdays zu finden. Wir streben auch an, uns mehr zu vernetzen mit Organisationen, die ähnliche Ziele haben. Wir stehen ja nicht in Konkurrenz zu einander, und die deutsche Bildungslandschaft kann davon nur profitieren.

Über Klaus Tschira Stiftung gGmbH

Die Klaus Tschira Stiftung (KTS) fördert Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik und möchte zur Wertschätzung dieser Fächer beitragen. Sie wurde 1995 von dem Physiker und SAP-Mitgründer Klaus Tschira (1940–2015) mit privaten Mitteln ins Leben gerufen. Ihre drei Förderschwerpunkte sind: Bildung, Forschung und Wissenschaftskommunikation. Das bundesweite Engagement beginnt im Kindergarten und setzt sich in Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen fort. Die Stiftung setzt sich für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ein. Weitere Informationen unter: www.klaus-tschira-stiftung.de

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