Wir gehen davon aus, dass die „Tauben“ um Lagarde und Lane noch eine Weile die Oberhand im EZB-Rat haben werden. Somit wird es in diesem Jahr wohl zu 3-4 Zinsanhebungen um jeweils 25 Basispunkte kommen, wobei die Termine Juli, September und Dezember als gesetzt gelten dürften. Mit dieser Strategie wird die EZB jedoch nicht „vor die Kurve kommen“. Daher wird sie die Zinsen weiter anheben müssen, wenn sich die Wirtschaft bei fortgesetzter Inflation abschwächt, die ja bekanntlich in der Ökonomie ein nachlaufender Indikator ist. Die Inflationsmentalität und die sich damit abzeichnenden Zweitrundeneffekte dürften sich massiv in der nächsten Lohnrunde zeigen.
Für die Kapitalmärkte wäre diese „taubenhafte“ Geldpolitik kurzfristig vielleicht eine Erleichterung, längerfristig ist sie jedoch problematisch. Wie so oft ist das Gegenteil von „gut“ „gut gemeint“. Auch die Strategie der EZB, die Geldpolitik an einer sehr langfristigen Prognose für die Inflation auszurichten, ist zu überdenken. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt deutlich, dass die EZB aufgrund exogener Schocks keine verlässlichen Prognosen über die Inflationsentwicklung der nächsten Jahre erstellen kann. Somit verankert diese Strategie nicht Inflationserwartungen, sondern führt zum genauen Gegenteil. Je länger die Geldpolitik bei hoher Inflation locker bleibt, desto mehr werden sich die Inflationserwartungen von dem Ziel der EZB lösen.
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