Zu Beginn stand die Frage: Wieso gelingt es in Sachen Klimaschutz nur schwer, vom Wissen ins Handeln zu kommen? Die Fakten liegen auf dem Tisch und doch ändert sich am gesellschaftlichen Verhalten kaum etwas und das Zeitfenster schließt sich. Diese Kluft zu verkleinern, hat sich der World Wildlife Fund (WWF) vor knapp fünf Jahren mit dem aktivierenden Bildungsangebot „klimafit“ auf den Weg gemacht und sich dabei ungewöhnliche Partner gesucht. Von Anfang an mit dabei waren neben den Volkshochschulen und REKLIM (dem Helmholtz-Forschungsverbund für regionale Klimaänderungen und Mensch) auch die Robert Bosch Stiftung sowie die Klaus Tschira Stiftung (KTS).

Dort begeisterte der Ansatz, Forschungserkenntnisse auf ungewöhnliche Art in die Bevölkerung zu tragen und damit die Brücke zum Handeln zu schlagen, nicht zuletzt deshalb, weil er trefflich zum eigenen Profil passt. Das Projekt verlief so erfolgreich, dass nach Ablauf der von den Stiftungen ermöglichten Pilotphase das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz im Rahmen der „Nationalen Klimaschutz Initiative“ als Projektträger einstieg.

Der Kurs „klimafit“ war und ist viel mehr als reine Wissensvermittlung. „Hier geht es darum, Menschen zusammenzubringen, denen es nicht egal ist, was die Zukunft bringt, und die vor Ort den Klimaschutz aktiv anpacken wollen“, so Beate Spiegel, Geschäftsführerin der Klaus Tschira Stiftung. Sie betont die politische und soziale Dimension des Klimawissens, das in den Kursen vermittelt werde, und die Stiftung von Anfang an überzeugte: „Es kommt auf jeden an und alle können etwas dafür tun.“

An den sechs Kursabenden, davon vier in Präsenz und zwei digital, treffen sich im Kurs Menschen unterschiedlichsten Alters und mit verschiedensten Erfahrungen: vom 14-jährigen Schüler, der eine Klimagruppe an der Schule gründen möchte, über die angehende Lehrerin sowie die engagierte Gemeinderätin bis hin zum frischgebackenen Rentner, der um die Zukunft seiner Enkel fürchtet.

Der Anspruch ist hoch: Geht es doch darum, den Dialog verschiedener Akteure in Sachen Klimaschutz in Gang zu bringen und zu stärken, Menschen untereinander zu vernetzen und damit zum Handeln zu motivieren. Denn in Gemeinschaft und vor der eigenen Haustüre fällt es viel leichter. Und: Klimaschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe, muss erspürt und erfahren werden. Außerdem stärkt der gemeinschaftliche Charakter die Zuversicht, ins eigenverantwortliche Tun zu kommen und sich – zusammen mit anderen – als wirksam zu erleben. Besonders dabei: Das alles geschieht stets vor dem Hintergrund der neuesten Forschung, sowohl was die regionale als auch die internationale und globale Dimension betrifft.

„Wissen, wollen, wandeln“, diesem Dreiklang haben sich die Projektpartner von REKLIM, WWF und der Universität Hamburg, die das Ganze wissenschaftlich evaluiert, verpflichtet. Die wissenschaftliche Begleitforschung zielt darauf ab, Vergemeinschaftungsprozesse für den Klimaschutz besser zu verstehen, um so die Lücken zwischen wissen, wollen und wandeln aus einer anwendungsbezogenen Perspektive zu begreifen. Die Ergebnisse fließen in die kontinuierliche Weiterentwicklung des Bildungsangebotes ein und belegen dessen Wirkkraft. So könnte „klimafit“ zu einer Art Blaupause für die niederschwellige und effektive Vermittlung von Wissenschaft in die Gesellschaft werden.

Jetzt geht es erst einmal darum, das erprobte Kursformat bundesweit als dauerhaftes Klima-Bildungsangebot nachhaltig zu etablieren. Da ist „klimafit“ auf einem guten Weg. Was 2018 mit sechs Volkshochschulen und 108 Teilnehmenden in Baden-Württemberg begann, konnte 2021 schon 66 Volkshochschulen und knapp 1000 Teilnehmende bundesweit begeistern. Im Jahr 2024 sollen sich 170 Bildungseinrichtungen beteiligen. Mit mehreren Tausend Teilnehmenden, die lernen wollen, wie sich dauerhaft klimaschützend leben lässt.

Darüber hinaus ist die im Kurs integrierte „klimafit“-Challenge ein wichtiger Bestandteil zur Erfassung der durch das Bildungsangebot bewirkten konkreten CO2-Reduktionen.  Die „klimafit“-Challenge umfasst 16 Einzelmaßnahmen zur Verminderung von Treibhausgasemissionen durch die aktive Veränderung des eigenen Lebensstils. Auch hier geht es um das konkrete Tun.

Die Maßnahmen reichen von „das Auto öfters stehen lassen für Kurzstrecken“, „weniger Fleisch essen“ bis dahin, den Stromanbieter zu wechseln. Insgesamt konnten so im Kursdurchlauf 2021 43,7 Tonnen CO2 eingespart. Das entspricht den Emissionen von vier Kleinwagen, die die Erde je einmal entlang des Äquators umfahren. Würden diese Maßnahmen von zehn Prozent aller Deutschen ein Jahr lang umgesetzt, könnten dadurch die Emissionen einer Stadt wie Mönchengladbach vermieden werden.

Aber damit nicht genug. In der neuen Förderphase wird die „klimafit“-Challenge auch auf die Kommune ausgeweitet. So beteiligen sich in diesem Jahr die Klima Arena und die Kommune Sinsheim an der Challenge, ebenso wie die Landkreise Emmendingen und Birkenfeld und die Städte Bremerhaven und Greifswald. Schon 300 Bürgerinnen und Bürger haben sich registriert und leisten somit ihren ganz persönlichen Beitrag zum Klimaschutz. Denn: Klimaschutz ist Gemeinschaftsaufgabe.

Mehr Informationen unter: www.klimafit-kurs.de

Webseite: https://www.klaus-tschira-stiftung.de/klimafit/#more-4718

WWF Deutschland

Der WWF ist eine der größten und einflussreichsten Umweltorganisationen in Deutschland und weltweit. In Übereinstimmung mit der von den Vereinten Nationen verkündeten Verantwortlichkeit aller Völker für den Natur- und Umweltschutz als wirtschaftliche, soziale, wissenschaftliche und kulturelle Aufgabe hat es sich der WWF zum Ziel gemacht, Natur- und Umweltschutz, Wissenschaft, Erziehung und Bildung im Natur- und Umweltbereich zu fördern. Der WWF ist derzeit weltweit in mehr als 100 Ländern mit mehr als 160 Projekten aktiv. (www.wwf.de)

REKLIM

Der Helmholtz-Forschungsverbund REKLIM (Regionale Klimaänderungen und Mensch) ist ein Verbund von neun Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft. REKLIM nutzt die in der Helmholtz-Gemeinschaft gebündelte Kompetenz für regionale Beobachtungs- und Prozessstudien in Kombination mit Modellsimulationen zur Verbesserung von regionalen und globalen Klimamodellen, die eine solide Basis für klimabezogene Entscheidungshilfen bieten sollen. REKLIM bringt seine wissenschaftliche Expertise in das Projekt mit ein und unterstützt die Veranstaltungen vor Ort mit Expertinnen und Experten aus dem Helmholtz-Verbund. (www.reklim.de)

Universität Hamburg

Die Universität Hamburg ist mit mehr als 42.000 Studierenden die größte Forschungs- und Ausbildungseinrichtung Norddeutschlands und langjähriger Kooperationspartner im Forschungsverbund REKLIM. Der Schwerpunkt im derzeitigen Exzellenzcluster CLiCCS liegt auf der sozialwissenschaftlichen Klimaforschung. Im Projekt „klimafit“ beschäftigt sich die Arbeitsgruppe von Professorin Beate Ratter mit den Möglichkeiten und Hindernissen einer aktiven bürgerlichen Teilhabe am Klimaschutz.

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