Seltene Krebsarten sind oft schwer behandelbar und nur wenig erforscht. Deshalb konzentriert sich das DKFZ/NCT/DKTK MASTER-Programm auf Patienten mit fortgeschrittenen seltenen Krebserkrankungen und solche, bei denen eine Krebserkrankung in einem ungewöhnlich frühen Alter diagnostiziert wird. Ausgehend von umfassenden molekularen Analysen, welche unter anderem die Sequenzierung vollständiger Tumorgenome sowie die Suche nach erblichen Krebsrisikofaktoren beinhalten, zeigt es in vielen Fällen neue Therapiemöglichkeiten auf. In dem Präzisionsonkologie-Programm MASTER kooperieren neben dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und den NCT-Standorten Heidelberg und Dresden auch die acht Partnerstandorte des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK). Für den Erfolg des Programms erhalten seine Leiter Stefan Fröhling und Hanno Glimm, Geschäftsführende Direktoren an den NCT-Standorten Heidelberg und Dresden sowie leitende Wissenschaftler am DKFZ, den diesjährigen Paul-Martini-Preis. Er wird von der gleichnamigen Stiftung für herausragende Leistungen in der klinisch-therapeutischen Arzneimittelforschung vergeben und ist mit 50.000 Euro dotiert.
Im Rahmen des MASTER-Programms analysieren Fachleute mittels einer kompletten Erbgutanalyse die molekularen, zellulären und funktionellen Eigenschaften der Tumoren der teilnehmenden Patienten. Manche dieser Eigenschaften, etwa bestimmte Veränderungen im Erbgut der Krebszellen, können als Biomarker dienen, die die Erfolgschancen bestimmter Behandlungsansätze anzeigen. Auf dieser Basis macht ein Molekulares Tumorboard – ein interdisziplinäres Team mit Expertise in Onkologie, Pathologie, Molekularbiologie, Bioinformatik und Humangenetik – individuelle Therapieempfehlungen.
Stefan Fröhling erläutert: "Bei seltenen Krebserkrankungen sind die Patientengruppen in einzelnen Krebszentren meist zu klein für aussagekräftige Untersuchungen. Um belastbarere Ergebnisse zu erhalten, arbeiten wir im MASTER-Programm, ausgehend von den NCT-Standorten in Heidelberg und Dresden, deutschlandweit mit den Standorten des DKTK und insgesamt mehr als 100 Partnern eng zusammen."
Hanno Glimm sagt: "Bei über 80 Prozent der Patienten kann das Molekulare Tumorboard eine Behandlung mit teilweise neuen, experimentellen Therapien empfehlen. Bei etwa einem Drittel der Patienten wird die Empfehlung umgesetzt und führt häufig zu einer deutlich verbesserten Kontrolle der Erkrankung im Vergleich zur Vortherapie."
Im Namen der sechsköpfigen Jury der Paul-Martini-Stiftung würdigte Stefan Endres, Leiter der Abteilung für Klinische Pharmakologie der Ludwig-Maximilians-Universität München den Erfolg des Programms: "Die Preisträger haben gezeigt, wie molekulare Charakterisierung und Grundlagenwissen den Patientinnen und Patienten zu Therapien verhelfen können und wie umgekehrt die Analyse einzelner Krankheitsfälle die Grundlagenforschung voranbringen kann. Diese bidirektionale Translation ist wegweisend für die onkologische Praxis wie auch die Entwicklung neuer Diagnostika und Therapeutika."
Seit dem Start des DKFZ/NCT/DKTK MASTER-Programms 2012 wurden bis 2021 mehr als 3.500 Patienten in das Programm eingeschlossen. Ausgehend von den individuellen Empfehlungen im Rahmen des Programms sollen in anschließenden Studien neue Standardtherapien entwickelt werden.
Prof. Dr. Stefan Fröhling ist Mitglied im Geschäftsführenden Direktorium des NCT Heidelberg und Leiter der Abteilung Translationale Medizinische Onkologie am DKFZ. Er forscht u.a. zur Krebsgenomik, zur molekularen Pathogenese und zu zielgerichteten Therapien bei Knochen- und Weichgewebesarkomen sowie myeloischen Neoplasien.
Prof. Dr. Hanno Glimm ist Mitglied im Geschäftsführenden Direktorium des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) und Leiter der Abteilung Translationale Medizinische Onkologie am NCT/UCC Dresden sowie der Arbeitsgruppe Translationale Funktionelle Krebsgenomik am DKFZ. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt ist die Entwicklung Mechanismus-basierter Diagnostik und Therapie in der personalisierten Onkologie.
Die gemeinnützige Paul-Martini-Stiftung mit Sitz in Berlin fördert die Arzneimittelforschung sowie die Forschung über Arzneimitteltherapie und intensiviert den wissenschaftlichen Dialog zwischen medizinischen Wissenschaftlern in Universitäten, Krankenhäusern, der forschenden Pharmaindustrie, anderen Forschungseinrichtungen und Vertretern der Gesundheitspolitik und der Behörden. Träger der Stiftung ist der vfa, Berlin, mit seinen derzeit 47 Mitgliedsunternehmen.
Die Stiftung ist benannt nach dem herausragenden Bonner Wissenschaftler und Arzt Professor Paul Martini (1889-1964) in Würdigung seiner besonderen Verdienste um die Förderung und Weiterentwicklung der klinisch-therapeutischen Forschung, die er mit seiner 1932 veröffentlichten "Methodenlehre der therapeutischen Untersuchung" über Jahrzehnte wesentlich geprägt hat.
Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK)
Das Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) ist eine gemeinsame, langfristige Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der beteiligten Bundesländer und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und wurde als eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZGs) gegründet. Im DKTK verbindet sich das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) als Kernzentrum langfristig mit onkologisch besonders ausgewiesenen universitären Partnerstandorten und Kliniken in Deutschland. Mit dem DKFZ kooperieren Forschungseinrichtungen und Kliniken an Standorten Berlin, Dresden, Essen/Düsseldorf, Frankfurt/Mainz, Freiburg, Heidelberg, München und Tübingen, um optimale Bedingungen für die kliniknahe Krebsforschung zu schaffen. Das Konsortium fördert interdisziplinäre Forschungsthemen an der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und Klinik, sowie klinische Studien zu innovativen Therapie- und Diagnoseverfahren. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Aufbau von Forschungsplattformen, um den Einsatz personalisierter Krebstherapien zu beschleunigen und die Diagnose und Prävention von Krebserkrankungen zu verbessern.
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC)
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR).
Das NCT hat es sich zur Aufgabe gemacht, Forschung und Krankenversorgung so eng wie möglich zu verknüpfen. Damit können Krebspatienten an den NCT-Standorten auf dem jeweils neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse behandelt werden. Gleichzeitig erhalten die Wissenschaftler durch die Nähe von Labor und Klinik wichtige Impulse für ihre praxisnahe Forschung. Gemeinsamer Anspruch der NCT-Standorte ist es, das NCT zu einem internationalen Spitzenzentrum der patientennahen Krebsforschung zu entwickeln. Das Dresdner Zentrum baut auf den Strukturen des Universitäts KrebsCentrums Dresden (UCC) auf, das 2003 als eines der ersten Comprehensive Cancer Center (CCC) in Deutschland gegründet wurde. Seit 2007 wurde das UCC von der Deutschen Krebshilfe e.V. (DKH) kontinuierlich als "Onkologisches Spitzenzentrum" ausgezeichnet.
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD), der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe. Ziel des NCT ist es, vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung möglichst schnell in die Klinik zu übertragen und damit den Patienten zugutekommen zu lassen. Dies gilt sowohl für die Diagnose als auch die Behandlung, in der Nachsorge oder der Prävention. Die Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist somit eine richtungsweisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die Klinik. Das NCT kooperiert mit Selbsthilfegruppen und unterstützt diese in ihrer Arbeit. Seit 2015 hat das NCT Heidelberg in Dresden einen Partnerstandort. In Heidelberg wurde 2017 das Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) gegründet. Die Kinderonkologen am KiTZ arbeiten in gemeinsamen Strukturen mit dem NCT Heidelberg zusammen.
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