Dokumentarisch begleitet wurde eine fünftägige Hilfsmission in der Hauptstadt Nikosia unter der organisatorischen Leitung des gemeinnützigen Vereins kinderherzen sowie dem Herzchirurgen Dr. med. Ioannis Tzanavaros. „Wir wissen schon lange, dass der Homograft die allerbeste Option ist. Teilweise ist er alternativlos“, klärt der gebürtige Zypriot im Interview mit der DGFG auf.
Herzklappenspende schenkt Kindern viele Lebensjahre
Bei einem Homograft handelt es sich um ein Herzklappentransplantat menschlichen Ursprungs. Gewonnen wird die Herzklappe im Rahmen einer Organspende oder nach Herz-Kreislauf-Stillstand, sofern eine Einwilligung in die Gewebespende durch die Verstorbenen oder die Angehörigen vorliegt. Auch im Zuge eines Organersatzes kann das erkrankte Herz, bei dem die Herzklappen oft noch intakt sind, gespendet werden. Insgesamt ist eine Spende von Herzklappen bis zu 36 Stunden nach Todeseintritt möglich.
Insbesondere junge Menschen profitieren von einem Homograft: Im Gegensatz zu mechanischen Herzklappen ist keine Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten nötig. Immunsuppressiva können über die Zeit abgesetzt werden. Das Abstoßungsrisiko ist deutlich vermindert. Die Spenderherzklappe bleibt bis zu 20 Jahre im Körper der Transplantierten funktionsfähig [4] und damit deutliche länger als heutige biologische Klappen. Studien des sogenannten Ross-Registers schenken ebenfalls Hoffnung: Nach einer Ross-Operation gleiche die Lebenserwartung der Patient:innen derer der Normalbevölkerung [5]. Bei diesem Verfahren wird die erkrankte Aortenklappe durch die eigene intakte Pulmonalklappe ersetzt. Anstelle der Pulmonalklappe implantieren Mediziner:innen eine Spenderherzklappe. „Deswegen ist die Spende von Klappen ausgesprochen wichtig für diese junge Patientengruppe. Sie schenkt Jahre, sie schenkt Leben, die schenkt Lebensqualität“, macht Dr. Tzanavaros deutlich.
Gewebespende und -transplantationen sind eine europaweite Angelegenheit
Mehr als zwanzig Jahre behandelte Dr. Tzanavaros Patient:innen mit angeborenem Herzfehler in Deutschland und transplantierte in dieser Zeit unzählige Herzklappen – auch aus dem Netzwerk der DGFG kommend. Der Wille, seinen Landsleuten eine adäquate Behandlung bei angeborenem Herzfehler zu ermöglichen, brachte ihn wieder zurück in seine Heimat. Dort baut er mit einem Kompetenzteam, teilweise bestehend aus ehemaligen Kolleg:innen der Sana Herzchirurgie Stuttgart, das erste chirurgische Zentrum für Menschen mit angeborenem Herzfehler auf. Das „Cardiac Innovation Center“ am Apollonion Private Hospital am Stadtrand von Nikosia.
Bisher werden ausgewählte Patient:innen für Operationen am Herzen ins nahe Ausland ausgeflogen, z. B. nach Israel. Dr. Tzanavaros schätzt den jährlichen Bedarf solcher Eingriffe bei Kindern auf 50 bis 80 Fälle, einige von ihnen benötigen eine humane Spenderherzklappe. Zwar ist die Gewebespende wie in Deutschland per Zustimmungslösung möglich, dennoch findet sie auf der touristisch geprägten Insel nur selten statt. Eine Anfrage der DGFG um offizielle Zahlen blieb vom nationalen Gesundheitsministerium unbeantwortet. Zudem gibt es derzeit keine Möglichkeit, gespendete Herzklappen in spezialisierten Gewebebanken zu Transplantaten aufzubereiten.
DGFG zeigt Herzklappentransplantation bei Kindern im Rahmen einer humanitären Mission
Erneut wandte sich daher der Verein kinderherzen an die DGFG, um im Rahmen einer fünftägigen Hilfsmission zwei Herzklappentransplantationen bei Kindern zu realisieren. Einer von ihnen ist Ali, dessen Familie aus Syrien flüchtete. Eine insuffiziente und stark verengte Aortenklappe beeinträchtigte den Elfjährigen enorm, sodass eine hohe Dringlichkeit bestand. Der Ausgang der Operationen ist zu sehen auf https://youtu.be/wA9Zf483S0I. Insgesamt wurden in fünf Tagen acht Kinder mit angeborenem Herzfehler operiert.
Ein 20-köpfiges Team, darunter pensionierte OP-Schwestern, junge Kinderpfleger:innen sowie Kardiologen, reiste dafür von Deutschland nach Zypern. Rund um die Uhr begleiteten sie ehrenamtlich das Projekt. „Das ist eine ganz neue Form des humanitären Einsatzes, in einem Land zur Europäischen Union gehörend“, sagt kinderherzen-Geschäftsführer Jörg Gattenlöhner. Dr. Tzanavaros ist ein langjähriger Partner des Vereins und unterstützte bereits Hilfsprojekte in Rumänien. Der Leitgedanke, weltweit die Versorgungsstruktur von herzkranken Kindern zu verbessern, trägt auch diese Mission auf Zypern: „Wir wollen diese Hilfe zur Selbsthilfe dahingehend leisten, dass wir die Erfahrungen, die wir in Deutschland doch vielfältig haben, an über 20 Kinderherzzentren mit vielen kinderherzchirurgischen Eingriffen, hier in das Land bringen und die einheimischen Kräfte hierzu schulen“, unterstreicht Gattenlöhner.
Über kinderherzen:
Eins von 100 Kindern startet herzkrank ins Leben. kinderherzen ist seit über 30 Jahren an ihrer Seite. Der Verein erforscht neue Wege in der Kinderherzmedizin und sorgt in Kliniken in ganz Deutschland für moderne Technik und Therapien – damit kleine Herzpatienten schonend und schmerzfrei behandelt werden. Diese Hilfe kennt keine Grenzen: Für Herzkinder in medizinisch unterversorgten Ländern sind die von kinderherzen organisierten Operationen oft die einzige Chance. Der Verein rettet nicht nur das Leben herzkranker Kinder, sondern schenkt ihnen die Aussicht auf ein bestmögliches Leben. Als gemeinnütziger Verein finanziert er sich zu 100 Prozent aus Spenden.
Über die DGFG:
Die DGFG fördert seit 1997 die Gewebespende und -transplantation in Deutschland. Auf Basis des Gewebegesetzes von 2007 sind alle Tätigkeiten und Ablaufprozesse der Gewebespende gesetzlich geregelt. Für alle Gewebezubereitungen gilt das Handelsverbot. Die DGFG vermittelt ihre Transplantate über eine zentrale Vermittlungsstelle mit einer bundesweiten Warteliste. Als unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft wird die DGFG ausschließlich von öffentlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens getragen: Gesellschafter sind das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, das Universitätsklinikum Leipzig, die Medizinische Hochschule Hannover, die Universitätsmedizin Rostock sowie das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg. Die DGFG ist in ihrer Aufbaustruktur, der Freiwilligkeit der Unterstützung durch die Netzwerkpartner und ihrer Unabhängigkeit von privaten oder kommerziellen Interessen einzigartig in Deutschland.
Über den Tag des herzkranken Kindes:
Am 5. Mai ist der Tag des herzkranken Kindes. Der Aktionstag wurde 1994 vom Bundesverband Herzkranke Kinder e.V. ins Leben gerufen, um jährlich auf die Probleme herzkranker Kinder sowie die medizinische Entwicklung in der Behandlung aufmerksam zu machen.
Quellen:
[1]: Bundesministerium für Bildung und Forschung. Angeborene Herzfehler: Wenn die Anatomie nicht stimmt.
[2]: kinderherzen. Fördergemeinschaft Deutsche Kinderherzzentren e. V., Häufige Fragen, 2022.
[3]: DGFG baut Gewebespende trotz Corona weiter aus. Pressemitteilung mit den vorläufigen Jahreszahlen (Stand 27.12.2021).
[4]: Department of Health, The Information Centre, The Congenital Heart Website, Central Cardiac Audit Database. Comparison of survival for patients receiving homograft, mechanical and bioprosthetic valve replacements, 1996-2005.
[5] Lübecker Ross-Register zeigt Langzeiterfolg bei Herzklappen-Operation. Veröffentlicht am 01.04.2021 unter https://www.uksh.de/pi_20210401_Herzklappen-path-13576,9874,13830,186714.html
Bildmaterial unter der Quellenangabe „DGFG“ zur freien Nutzung. Weiteres Bildmaterial unter: https://gewebenetzwerk.de/gewebespende-hilft-herzkranken-kindern-auf-zypern/
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