Nebel liegt über dem Dnepr/Dnipro in Kiew/Kyjiw. Nur einige Hochhäuser und die Mutter-Heimat-Statue überragen die Nebelschwaden. Die Figur wurde vor über vierzig Jahren erbaut und soll an den sowjetischen Sieg im »Großen Vaterländischen Krieg« erinnern. Nun herrscht wieder Krieg in der Ukraine und für uns als Redaktion der Kulturkorrespondenz steht das Titelbild dafür, was seit dem 24. Februar passiert: Seit dem Angriff Russlands ballen sich schwere Wolken über der Ukraine.

Als sich die Redaktion Ende Februar im Team des Kulturforums entschieden hat, spontan eine Sonderausgabe zur Ukraine zu machen, war es nicht abzusehen, wie sich der Krieg entwickeln würde. Wir sorgen uns um die vielen Menschen in der Ukraine, mit denen wir auch persönlich in Kontakt stehen; das Kulturforum hat in verschiedenen Projekten immer wieder die Kultur und die Geschichte der Ukraine mit den vielfältigen deutschen Bezügen thematisiert.

Nun, Wochen später, scheint ein Frieden in weiter Ferne zu liegen. Und die systematische Bombardierung von Städten sowie die Ermordung von Zivilisten lassen die Illusion eines »sauberen Krieges« gar nicht erst aufkommen. Aber der heroisch anmutende Widerstandskampf und ein – zumindest im Westen des Landes – teilweise einkehrender Alltag halten die Hoffnung lebendig. Wie auf dem Titelbild, wo bereits die Morgensonne zu sehen ist, die im Laufe des Tages den Nebel verdrängt.

Die neu KK-Ausgabe musste schnell entstehen und ist dennoch im Umfang gewachsen. Den Beginn macht ein Aufsatz von Prof. Dr. Katrin Boeckh, Mitglied im Vorstand des Kulturforums und Autorin einer Reihe von Veröffentlichungen über die Ukraine. Der Journalist Jan Opielka beschreibt in seinem Beitrag, wie sich Teile des Kulturbetriebs in Deutschland, Polen und der Ukraine auf die Flüchtlingssituation eingelassen haben. In Interviews halten wir zwei ukrainische Stimmen fest, die von Andrii Portnov, Professor für Entangled History of Ukraine in Frankfurt/Oder, und Oxana Matiychuk, Dozentin an der Universität Czernowitz/Tscherniwzi.

Das Kulturforum vergibt jährlich ein Stadtschreiber-Stipendium im östlichen Europa, zwei Mal bereits in der Ukraine: 2018 in Lemberg/Lwiw und 2021 in Odessa/Odesa. Beide Stipendiatinnen, Barbara Thériault und Ira Peter, haben Artikel verfasst, in denen sie ihre Angst vor der Zerstörung zur Sprache bringen. Die Regionen Bessarabien und Ostgalizien behandeln die Beiträge von Larissa Mass und Marcin Wiatr. Und der in Pittsburgh lehrende Historiker Jan Musekamp führt in seinem Text die These aus, dass auch Deutschland Verantwortung für die Zukunft der Ukraine habe. Rezensionen zu Filmen und Büchern über die ukrainische Geschichte runden die Mai/Juni-Ausgabe ab.

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