Gut ein Drittel seines Öls importiert Deutschland derzeit aus Russland, beim Erdgas sind es sogar über 50 Prozent. Kurzum, unser Land ist abhängig von den Importen fossiler Energieträger, insbesondere von Lieferungen aus Russland – ein Zustand, der sich frühestens mittel-, aber keinesfalls kurzfristig lösen lässt. Was das für die Wirtschaft bedeutet, zeigt ein Beispiel, das auch das Tischler- und Schreinerhandwerk betrifft. So werden Fensterglas und Kunststofferzeugnisse in energieintensiven, in der Regel mit Erdgas befeuerten industriellen Großanlagen hergestellt. Eine Verteuerung dieser Produkte wegen massiv gestiegener Erdgaspreise trifft daher sowohl alle Unternehmen der Wertschöpfungskette als auch die Endverbraucher.
TSD mittendrin
Seit Anfang März diskutiert nun die Bundesregierung verschiedene Maßnahmen, um Unternehmen und Verbraucher kurzfristig zu entlasten. Auch Tischler Schreiner Deutschland ist hierbei in verschiedenen Netzwerken beratend aktiv und kann bereits eine erste Bilanz ziehen. So sind die Anfang April von den Bundesministern Robert Habeck und Christian Lindner vorgestellten Maßnahmen wie der KfW-Kostenzuschuss, der allerdings ausschließlich Unternehmen mit besonderen Energiepreissteigerungen hilft, durchaus sinnvoll. „Das reicht aber nicht aus“, sagt TSD-Hauptgeschäftsführer Martin Paukner. Umso wichtiger sei es, nötige weitere Entlastungen so auszugestalten, dass sie in der gesamten Wertschöpfungskette wirksam werden. „Nur so können unverhältnismäßige Preissteigerungen für unsere Betriebe und ihre Kunden vermieden werden.“ Zudem sei eine unbürokratische und schnelle Umsetzung dieser Maßnahmen essenziell.
Sollte es zu einem Lieferstopp oder einem Embargo für Gaslieferungen aus Russland kommen und der Einsatz des vorhandenen Erdgases rationiert werden müssen, sind darüber hinaus weitere Punkte zu berücksichtigen. Zum einen tragen die Produkte aus dem Bereich der energiesparenden Gebäudehülle zur Energieversorgungssicherheit bei, und ihren Herstellern sollte eine entsprechende Priorität bei der Gasversorgung eingeräumt werden. Und zum anderen werden bestimmte Produktionsanlagen beim Herunterfahren regelrecht zerstört. So sind beispielsweise die Industrieanlagen zur Produktion von Glas technisch darauf angewiesen, ohne Unterbrechung „durchzulaufen“. Werden sie abgeschaltet, sind Defekte im dreistelligen Millionenbereich zu befürchten. Zudem würde es Jahre dauern, diese Produktionsanlagen zu ersetzen. Ein solcher Rückschlag für die Glasindustrie hätte zwangsläufig Auswirkungen auf die gesamte Ausbaubranche und würde die energetischen Sanierungspläne im Gebäudesektor ad absurdum führen.
„Vor allem Branchen, die für die Energiewende relevant sind, müssen bei der Gasversorgung Priorität haben.“
Martin Paukner, Hauptgeschäftsführer Tischler Schreiner Deutschland
Tischler Schreiner Deutschland und 13 weitere Verbände und Interessenvertretungen der Bau- und Ausbaubranche haben sich Ende April mit einem gemeinsamen Papier an die Bundesregierung gewandt, um die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf Bauprodukte aus Glas, Kunststoff, Mineralwolle und Keramik zu verdeutlichen und Lösungsvorschläge anzubieten.
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