Liebesnachrichten, Urlaubsfotos, Familien-Chats – bislang sind solche Messenger-Nachrichten oft durch Ende-zu-Ende-Verschlüsselung vor dem Zugriff Dritter geschützt. Das könnte sich bald ändern. Im Kampf gegen Kindesmissbrauch schlägt die EU-Kommission nun u.a. vor, dass Diensteanbieter die Kommunikation umfassend und ohne Anlass durchleuchten und problematische Inhalte direkt an eine zentrale Stelle weiterleiten sollen. In einem Appell fordert ein zivilgesellschaftliches Bündnis, bestehend aus Digitalcourage, Digitale Freiheit, Digitale Gesellschaft und Campact, Innenministerin Faeser auf, diese anlasslose Massenüberwachung im EU-Ministerrat zu verhindern und stattdessen für echten Schutz von Kindern zu sorgen. Mehr als 113.000 Menschen haben diese Forderung bereits unterschrieben.

Konstantin Macher, Sprecher für Digitalcourage: “Die EU-Kommission hat mit der Chatkontrolle jegliches Maß verloren. Der Vorschlag der EU-Innenkommissarin macht aus dem Recht auf Privatsphäre eine Pflicht zur Überwachung. Jeder Beruf, der auf vertrauliche Kommunikation angewiesen ist, wird dadurch gefährdet, seien es Journalistinnen, Anwälte oder Ärztinnen. Autokraten auf der ganzen Welt werden sich diese Pläne abschauen und bei Kritik auf die EU verweisen. Der Vorschlag der EU-Kommission muss daher umgehend zurückgewiesen werden.”

Jakob Rieger, 2. Vorsitzender von Digitale Freiheit: "Wir haben es hier mit dem umfassendsten Überwachungsgesetz der letzten zehn Jahre zu tun. Unter dem Deckmantel des Kinderschutzes soll das Recht auf Verschlüsselung und Chatgeheimnis untergraben werden. Während Sicherheitsbehörden es weiterhin nicht als ihre Aufgabe sehen, Kindesmissbrauchsdarstellungen zuverlässig und schnell zu löschen, nutzen Kriminelle bereits heute Verbreitungswege, die nicht von den Scans betroffen wären. Wir brauchen Maßnahmen, die gezielt helfen, Opfer von Missbrauch zu schützen und Täter*innen zu verfolgen: Mit Symbolpolitik die digitalen Freiheitsrechte der Zivilgesellschaft weiter auszuhöhlen, ist der falsche Weg.”

Tom Jennissen, Leitung Digitale Gesellschaft: “Die Pläne der EU-Kommission sind erschreckend. Der Versuch Kriminalität mit massenhafter Überwachung und automatisierter Kontrolle zu bekämpfen, untergräbt nicht nur die Sicherheit unserer Kommunikation, sondern die Grundpfeiler einer freien Gesellschaft. Würden in der analogen Kommunikation nicht nur Brief- und Fernmeldegeheimnis abgeschafft, sondern müssten die Post- und Telefonanbieter die gesamten Kommunikation auch überprüfen und entscheiden, ob sie versendet werden darf oder an die Sicherheitsbehörden weiterzuleiten ist, wäre die Empörung zurecht riesig.”

Danny Schmidt, Campaigner bei Campact: “Tritt die Regelung in Kraft, können Internetdienstanbieter wie Telegram oder WhatsApp dazu verpflichtet werden, jede Nachricht, die wir versenden automatisch zu scannen. Allerdings wäre absolut unklar, was genau gescannt wird und nach welchen Kriterien Bilder und Nachrichten eingestuft werden. Innenministerin Faeser muss sich bei ihren EU-Kollegen dafür einsetzen, dass diese Tür zur anlasslosen Massenüberwachung verschlossen bleibt.”

Den Appell “Chat-Überwachung stoppen” finden Sie hier:
https://aktion.campact.de/datenschutz/chatkontrolle-stoppen/teilnehmen

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