Bei einem Vor-Ort-Besuch von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst gewährten Landwirt-innen und Landwirte aus NRW heute einen Blick hinter die Kulissen der Lebensmittelerzeugung, berichtet der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV). Eingeladen hatte das Aktionsbündnis Ländlicher Raum – im Fokus stand das Thema Versorgungssicherheit.

Die wichtigste Botschaft lautete: Die Bauern sorgen zuverlässig dafür, dass die Regale voll bleiben und die Menschen genug zu essen haben. „Hamsterkäufe sind nicht nötig“, betonte RLV-Präsident Bernhard Conzen. Aber es wurden auch Sorgen um die weitere Entwicklung deutlich. „Angesichts des Krieges in der Ukraine stehen wir mit täglich steigenden Produktions-kosten wirtschaftlich unter Druck – und müssen unserer Rolle als Ernährungssicherer mehr denn je gerecht werden“, erklärte Conzen. Keine leichte Situation für die rheinische Landwirtschaft. Zwar ist NRW in Sachen Eigenversorgung als drittgrößtes Agrarland in Deutschland gut aufgestellt. „Doch wir tragen eine Mitverantwortung, die über die Grenzen unseres Bundeslandes hinausgeht. Auch wenn wir aus NRW heraus nicht den Hunger in der Welt besiegen können, sollten wir jeden möglichen Beitrag zur Lebensmittelerzeugung leisten.“ Kein Verständnis zeigte Conzen für die Entscheidungen auf Bundesebene. Am vergangenen Freitag hatte sich der Bundesrat auf Betreiben des Bundeslandwirtschaftsministeriums gegen die auch aus NRW unterstütze Freigabe der ökologischen Vorrangflächen für die Erzeugung von Nahrungsmitteln ausgesprochen. Das sei eine vertane Chance, so der RLV-Präsident.

Auf dem Meyerhof in Willich konnte sich NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst einen Eindruck von der aktuellen Situation der Landwirte verschaffen. „Der Krieg in der Ukraine stellt unser Land vor neue Herausforderungen. Und er hat Auswirkungen auf die Versorgung vieler ärmerer Länder weltweit mit Lebensmitteln. Wir müssen und können unseren Beitrag zur weltweiten Versorgungssicherheit auch bei Nahrungsmitteln leisten. Dafür müssen wir das ganze Potential der heimischen Landwirtschaft nutzen. In dieser besonderen Situation wäre es richtig, keine Flächen, auf denen Lebens- oder Futtermittel angebaut werden können, stillzulegen. Hier ist die Bundesregierung jetzt gefordert. Die Arbeit unserer Landwirtschaft muss aber auch uns als Gesellschaft wieder mehr wert sein. Sie versorgt uns mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln, sie pflegt und erhält unsere Kulturlandschaft und die regionale Produktion mit kurzen Transportwegen leistet einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz. Deshalb haben unsere Betriebe faire Preise für ihre Produkte verdient. “

In einer Gesprächsrunde berichteten sechs Landwirtinnen und Landwirte verschiedener Betriebsrichtungen aus NRW von derzeitigen Schwierigkeiten in den Bereichen Ackerbau, Schwein, Öko-Landbau, Milch, Geflügel und Gemüse. Steigende Kosten für Kraftstoffe und Dünger kamen dabei ebenso zur Sprache wie die drohende Futterknappheit. Besorgt zeigten sich die Landwirte angesichts der langfristigen Folgen. „Für dieses Jahr kommen wir zurecht, auch wenn die Betriebsmittelpreise unsere Erlöse aufzufressen drohen. Sorgen bereitet mir die weitere Entwicklung. Setzt sich der Krieg fort, wird es nicht genug Dünger und Futter geben. Das werden wir im nächsten Jahr schmerzhaft spüren“, so Bernhard Conzen. Bereits jetzt machten sich die Folgen für die Verbraucher durch höhere Preise im Geldbeutel bemerkbar. Er bat die Politiker um Unterstützung für die Landwirte in NRW. „Wir müssen unsere Lebens-mittelproduzenten so gut es geht unterstützen, ihnen Stabilität und Planungssicherheit bieten. Das erfordert schnelle Maßnahmen, etwa eine Erhöhung der Agrardieselerstattung. Darüber hinaus würde eine Verlängerung der 70-Tage-Regelung für sozialversicherungsfreie Beschäftigungsverhältnisse die Ernte von Obst- und Gemüse deutlich erleichtern.“. Als höchst bedenklich bezeichnet Conzen die in der Agrarreform für die Herbstbestellung in diesem Jahr vorgesehene Verpflichtung, 4 % der Ackerflächen brachfallen zu lassen. „In dieser Ausnahmesituation können wir es uns nicht leisten, in einer Region mit der deutschlandweit produktivsten Flächenleistung auf Erträge zu verzichten. Kurzfristig müssten wir alle Potentiale zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit nutzen“, so der RLV-Präsident. Dies sei ein Gebot der Stunde und bedeute keineswegs eine Abkehr vom bereits eingeschlagenen Weg zur Weiterentwicklung einer klima- und umweltgerechten Landwirtschaft.

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