„Kein Mehl.“ Hannelore S. schiebt ihren Einkaufswagen schon durch den dritten Düsseldorfer Supermarkt. Dort, wo sonst einfaches Weizenmehl steht, sind die Regale leer. Gleiches gilt für das sonst so preiswerte Sonnenblumenöl. Sicher, dass alles ist in besser bestückten Reformhäusern zu haben. Doch dort zahlt sie das Vielfache dessen, was sie sonst berappen muss. Und das gibt ihr Haushaltsgeld für die vier Kinder nicht her. Hinzu kommt: Die meisten anderen Lebensmittel, das Benzin oder Kleidung werden teurer. Die Preissteigerungen machen ihr Angst. Wo soll das enden?  

So wie sie fühlen sich Millionen Bürger in Deutschland. Die Zahlen sprechen für sich. Im März 2022 beträgt die Inflation hierzulande 7,3 Prozent. Im Februar waren es noch 5,1 Prozent. Ein Ende der galoppierenden Preissteigerungen ist nicht abzusehen. Das hat viele Gründe. Neben der laufenden Corona-Krise kam Ende Februar der Wirtschaftskrieg mit Russland hinzu. Präsident Putins Truppen überfielen den ukrainischen Nachbarn. Er stürzte damit nicht nur Osteuropa in eine Wirtschaftskrise. Der Krieg belastet zahlreiche Volkswirtschaften weltweit. Moskau und Kiew gehören zu den größten Weizenexporteuren der Welt. Der Kreml hat den Export von Mehl weitestgehend gestoppt. Angeblich, weil es den Weizen für die eigene Bevölkerung benötigt. Zum anderen steigt die Inflation im EU-Raum, weil die Zentralbank davor zurückscheut, die Zinsen drastisch zu erhöhen. Sie weiß, dass viele EU-Länder im Süden – Griechenland, Italien, Portugal oder Frankreich – hoch verschuldet sind. Höhere Zinsen würden es den dortigen Regierungen schwerer machen, sich zu refinanzieren. Am Ende freuen sich aber auch viele deutsche Unternehmen über niedrige Zinsen. Sie hoffen mit billigen Krediten und höheren Schulden, die derzeitig schwierige wirtschaftliche Periode besser überstehen zu können. Umgekehrt bedeuten die hohen Inflationsraten die Enteignung von Millionen Bürgern, die ihr Geld auf Sparbüchern geparkt haben. Kinderreiche Familien, die auf das Gehalt nur eines Elternteils angewiesen sind, haben es immer schwerer finanziell über die Runden zu kommen. 

Das gemeinnützige „Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change” hat Mitte März untersucht, wozu Lieferengpässe oder ein Versorgungsstopp infolge von Import- oder Lieferembargo führen können.  Danach seien je nach Ausfallmenge Preisanstiege bei Gas um 70-275 Prozent im Vergleich zum historischen Durchschnitt plausibel. Je nach Preisszenario könnten die Mehrkosten für einen durchschnittlichen privaten Haushalt 800-2500 Euro im Jahr betragen. „Bei einkommensschwachen Haushalten stellen die Mehrbelastungen damit 3,5 bis 11 Prozent ihrer Konsumausgaben dar.“ Was die Analyse ebenfalls deutlich macht: Die finanziellen Auswirkungen können auf die deutschen Haushalte sehr unterschiedlich ausfallen. Familien, die über wenig Geld verfügen, sind deutlich stärker betroffen als Einkommensgruppen, die gut verdienen. Menschen, die etwa als Pendler einen hohen Energieverbrauch haben, trifft die Wirtschaftskriese stärker als solche, die auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen können. Kinderreiche Familien, die in schlecht isolierten Wohnungen leben, werden allein schon wegen der höheren Heizkosten, deutlich tiefer in die die Tasche greifen müssen. Heizöl kostet inzwischen doppelt so viel wie vor einem Jahr. 

Schuldenbeauftrage in zahlreichen deutschen Kommunen berichten inzwischen von einer wachsenden Zahl derer, die unter „Stromsperren“ leiden, weil sie ihre Rechnungen nicht mehr begleichen können. Das gilt besonders für Haushalte, die Sozialleistungen beziehen. Ursula Richter, Geschäftsführerin der Sozial- und Lebensberatung der Diakonischen Bezirksstelle im württembergischen Weinsberg, rechnet in absehbarer Zeit mit vermehrten Androhungen von Stromsperren. Caritas Präsidentin Eva-Maria Welskop-Defaa sagte in einem Interview: „Wir gehen davon aus, dass sich die Zahl der Familien und Haushalte, die ihre Energierechnungen nicht mehr bezahlen können, gegenüber 2020 um mindestens 30 Prozent erhöht hat.“  

Deutschlands Nachbarn haben schon längst damit begonnen die Sozialleistungen zu erhöhen. Um die Kaufkraft ihrer Bürger zu schützen, deckelt Frankreich die Tarife für Gas und Strom. Italien hat bereits im letzten Jahr seinen Bürgern einen Teil der Energierechnung erlassen. Und Deutschland? 

Die Bundesregierung sieht Hilfen für Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen vor. Es wird es eine „Energiepauschale“ von 300 Euro geben. Und einen „Familienzuschuss“ von 100 Euro pro Kind. Außerdem soll es eine Einmalzahlung von 100 Euro pro Person für Empfänger von Sozialleistungen geben. Zudem werden für drei Monate die Benzinpreise gesenkt und preiswertere ÖPNV-Ticket eingeführt. Bereits im Februar hatte die Ampel-Koalition ein erstes Entlastungspaket beschlossen. Unter anderem soll der Grundfreibetrag rückwirkend für dieses Jahr auf 10.347 Euro erhöht werden, die Werbungspauschale auf 1200 Euro. 

Wem hilft das? Rechnet man bei kinderreichen Familien die höheren Kosten für Lebensmittel, Kleidung sowie Energie zusammen, wird sie die gegenwärtige Krise besonders hart treffen. Vertreter der Sozialverbände, der Kirchen, Verbraucherschützer und Familienpolitiker fordern deshalb die Regierung dazu auf, mehr für kinderreiche Familien zu tun. Sie sind sich einig darin, dass die derzeitige Wirtschaftskrise Jahre andauen wird. Familien müssen stärker geschützt werden. Ansonsten geht so wie bei Hannelore S. aus Düsseldorf in vielen Familienhaushalten bald nicht nur das das Mehl aus. Was das für die Gesellschaft bedeutet, mag man sich kaum ausmalen. Erst recht nicht in einem super-Wahljahr wie 2022. Drei Landtagswahlen sind noch offen. Die Politik tut gut daran, die Entlastungen für Familien nicht erst im Wahlkampf zu thematisieren. Im besten Fall schon vorher. 

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