Immer mehr Menschen können angesichts der gestiegenen Preise kaum noch ihre Lebenshaltungskosten bezahlen, so eine aktuelle Postbank Umfrage. Zunehmend betroffen sind auch Bezieher von mittleren Einkommen. Die geplanten finanziellen Entlastungen der Bundesregierung halten die meisten Befragten für unzureichend.

Über zwei Euro für 250 Gramm Butter beim Discounter, knapp zwei Euro für einen Liter Diesel – und das nur, wenn man Glück hat. Die meisten Deutschen können sich an solche Preissprünge nicht erinnern, denn so hoch wie jetzt war die Inflation zuletzt vor 40 Jahren. Der starke Preisanstieg bringt immer mehr Verbraucher an ihre finanzielle Belastungsgrenze. Laut einer aktuellen YouGov-Umfrage im Auftrag der Postbank kann jeder siebte Deutsche (15 Prozent) wegen der aktuellen Preissteigerungen kaum noch seine täglichen Ausgaben bestreiten – in absoluten Zahlen entspricht dies über 10,4 Millionen Menschen. Im Vergleich zum Januar dieses Jahres hat sich der Wert um 36 Prozent erhöht, zu diesem Zeitpunkt lag er bei elf Prozent (entspricht 7,6 Millionen). Besonders hart trifft die Inflation Menschen mit verhältnismäßig geringem Einkommen: Heute gibt fast jeder vierte Befragte (24 Prozent) mit einem Haushalts-Nettoeinkommen von unter 2.500 Euro an, dass die Inflation seine Existenz bedroht; im Januar lag der Anteil bei 17 Prozent. Von den Befragten mit einem Einkommen von 2.500 Euro und mehr hat derzeit rund jeder Dreizehnte (acht Prozent) durch den Preisanstieg finanzielle Schwierigkeiten; im Januar waren es nur ein Prozent weniger (sieben Prozent).

Krise kommt in der Mittelschicht an

Auffallend ist, dass jetzt mehr als doppelt so viele Befragte mit einem durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommen von 2.000 bis 2.500 Euro die Auswirkungen der Inflation deutlich spüren. Im Januar gaben acht Prozent an, kaum noch ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können – im März waren es bereits 18 Prozent. „Die Einkommen können mit der allgemeinen Teuerung kaum Schritt halten. Während die Löhne und Gehälter in Deutschland im Vorjahresvergleich zuletzt um 3,6 Prozent gestiegen sind, erhöhten sich die Lebenshaltungskosten um 7,3 Prozent. Vom Realeinkommensverlust sind auch Haushalte mit einem mittleren Einkommen betroffen“, erläutert Dr. Marco Bargel, Kapitalmarktstratege der Postbank, diese Entwicklung.

Auf Konsumbremse treten

Die Sorgen in der Bevölkerung sind groß: Angesichts der steigenden Preise ist jeder Zweite (53 Prozent) „sehr beunruhigt“ – ein Plus von neun Prozentpunkten im Vergleich zum Januar (44 Prozent). Zwei von drei Deutschen (67 Prozent) reduzieren aufgrund der Inflation derzeit ihre Ausgaben; acht Prozent sind bereits am Limit und können nicht noch mehr sparen. Dr. Marco Bargel ist vorsichtig optimistisch, dass sich die Preise im Laufe des Jahres etwas entspannen: „Auf kurze Sicht könnte die Inflation wegen der hohen Energiepreise von hohem Niveau aus weiter ansteigen. Im weiteren Jahresverlauf rechnen wir mit einem Rückgang der Preissteigerungsrate, sofern erneute Preissprünge bei Öl und Erdgas ausbleiben. Das Inflationsziel der EZB von zwei Prozent dürfte aber so schnell nicht wieder erreicht werden.“

Tropfen auf den heißen Stein?

Angesichts der steigenden Energiepreise hat die Bundesregierung im März eine Reihe von Maßnahmen beschlossen. Unter anderem sollen Bürger einmalig mit 300 Euro über die Einkommensteuer entlastet werden. Drei Monate lang soll zudem die Energiesteuer auf Kraftstoffe sinken – bei Benzin um 30 Cent je Liter, bei Diesel um 14 Cent pro Liter. Geringverdiener erhalten einen Heizkostenzuschuss. Laut Postbank Umfrage sind drei von fünf Deutschen (61 Prozent) jedoch der Meinung, dass die „Entlastungspakete“ der Bundesregierung nicht ausreichen, um die Folgen der Inflation zu mildern. 16 Prozent halten die Maßnahmen für genau richtig; sechs Prozent meinen, dass sie reduziert werden sollten, und fünf Prozent, dass es keine staatliche Unterstützung geben sollte. „Inwieweit die beschlossenen Maßnahmen reichen, hängt auch von der weiteren Entwicklung der Energiepreise ab. Aus heutiger Sicht dürften die zusätzlichen Ausgaben der Haushalte für teurere Kraftstoffe und Heizenergie nicht vollständig aufgefangen werden, zumal einzelne Bevölkerungsgruppen wie die Nicht-Erwerbstätigen nur teilweise profitieren.“

Informationen zu den Umfragen:

In einer repräsentativen Online-Befragung interviewte YouGov im Auftrag der Postbank zwischen dem 7. und 9. Januar 2022 insgesamt 2.102 Befragte ab 18 Jahren und zwischen dem 25. und 28. März insgesamt 2.144 Personen ab 18 Jahren.

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