Mit der Veranstaltungsreihe Double Feature bietet die Schirn Kunsthalle Frankfurt eine Plattform für aktuelle Film- und Videokunst. Am jeweils letzten Mittwoch im Monat stellen Videokünstlerinnen und -künstler eine eigene Produktion vor, gefolgt von einem filmischen Werk ihrer Wahl. Im Gespräch mit Katharina Dohm und Matthias Ulrich sowie Gastkuratorinnen und -kuratoren diskutieren sie ihre Arbeiten sowie aktuelle Tendenzen der Film- und Videokunst.
 
Die Reihe wird am Mittwoch, dem 27. April mit James Gregory Atkinson, am 25. Mai mit Jovana Reisinger und am 29. Juni mit Philipp Gufler fortgesetzt.
 
Die Videoarbeiten und Gespräche mit bisher beteiligten Künstlerinnen und Künstlern wie Rosa Aiello, Alexandra Bachzetsis, Gerard Byrne, Thomas Bayrle, Pauline Curnier Jardin, Hannah Perry, Aleksandar Radan, Lili Reynaud-Dewar, Maya Schweizer oder John Skoog sind über den YouTube-Kanal der Schirn abrufbar. Das Schirn Magazin begleitet die Reihe Double Feature redaktionell mit diskursiven Beiträgen. ­

DOUBLE FEATURE MIT JAMES GREGORY ATKINSON
MITTWOCH, 27. APRIL 2022, EINLASS 19.00 UHR, BEGINN 19.30 UHR
SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT, EINTRITT FREI, OHNE ANMELDUNG
DER KÜNSTLER IST ANWESEND. ­

James Gregory Atkinson reagiert mit seinen multimedialen Arbeiten auf die extreme Unvollständigkeit offizieller Archive in Bezug auf Schwarze Menschen, ihren Erzählungen und Kulturen. Dafür greift er auf die Geschichte von queeren und Schwarzen Menschen zurück und bringt diese in einen Dialog mit gegenwärtigen Verhältnissen. In der Schirn zeigt der Künstler zwei Videoarbeiten, die sich auf Detroit beziehen. Setting von The Day I Stopped Kissing my Father (2019, 3:54 Min.) ist die Detroit Public Library und ihre große Halle, deren Wandbilder die amerikanische Geschichte unter Ausschluss Schwarzer Menschen zeigt. Atkinson lässt einen jungen schwarzen Hahn als Symbol für Sexualität, Begehren und Angst durch die Halle laufen. Seine Jugendlichkeit spielt auf Erkenntnisse über normative Vorstellungen von Männlichkeit und Patriarchat an. Mit dem fortlaufenden Projekt Detroit Archive (2019-heute) geht Atkinson der Idee des Körpers als Archiv nach. Mitglieder der Detroiter Ballroom-Szene stellen ihm Videos zur Verfügung, mit denen er ein Archiv für die Community aufbaut. Ihre Performances sind Form nonverbaler Kommunikation und gestischer Selbstdarstellung, deren Sichtbarkeit durch die Sammlung dokumentiert wird.
 
Nach einem Gespräch mit Kuratorin Katharina Dohm präsentiert der Künstler die preisgekrönte Webserie Femme Queen Chronicles (2019, 11 Min.) von Ayha Simone, in der sie die Hauptrolle spielt und die dem Alltag von vier Schwarzen Transfrauen in Detroit folgt. Die Erfahrungen von Chanel und ihren Freundinnen Eryka, Amirah und Shevon setzen dem Leben in der Stadt eine Erzählung voller Humor und Authentizität entgegen.
 
James Gregory Atkinson (*1981, Bad Nauheim) studierte bei Douglas Gordon an der Städelschule in Frankfurt am Main. Seine Arbeiten wurden jüngst in einer Einzelausstellung im Dortmunder Kunstverein sowie bei der Berlinale präsentiert. Seit 2021 ist er Stipendiat des HAP-Studio-Programms der Basis e.V. Frankfurt. 2016 nahm er an den Artist-in-Residence-Programmen der Villa Aurora in Los Angeles und 2017 an der Jan van Eyck Academie in Maastricht teil und erhielt 2018 ein Atelierstipendium der Hessischen Kulturstiftung in New York. Er lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. ­

DOUBLE FEATURE MIT JOVANA REISINGER
MITTWOCH, 25. MAI 2022, EINLASS 19.00 UHR, BEGINN 19.30 UHR
SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT, EINTRITT FREI, OHNE ANMELDUNG
DIE KÜNSTLERIN IST ANWESEND. ­

Die Autorin, Regisseurin und Künstlerin Jovana Reisinger hebt in ihren Arbeiten festgefahrene Verhaltensweisen, marktgesteuerte Entscheidungen und Identifikationen hervor, die durch Stereotype gebildet werden. Konsum, Geschlechterrollen und Schönheitsstandards in einer Leistungsgesellschaft nimmt die Künstlerin mit ihrer spezifischen Filmsprache sowohl kritisch als auch humorvoll in den Blick. In der Schirn präsentiert Reisinger ihren jüngsten Film Unterwegs im Namen der Kaiserin. Prequel (2022, 17 Min.), in dem sie drei hippe junge Menschen in die Berge schickt. Romy, Karlheinz und Magda-Gustav, benannt nach Schauspielerinnen und Schauspielern der bekannten Sissi-Triologie, begeben sich unter dem Motto „Forever young – egal wie!“ auf die Suche nach dem legendären Jungbrunnen, in dem bereits Kaiserin Sissi und König Ludwig II. gebadet haben sollen. Reisinger führt mit der Videoarbeit nicht nur die mit dem Heimatfilm verbundenen Klischees vor, sondern widmet sich auch dem Lebensgefühl einer Generation zwischen Jugendwahn, schicker Outdoor-Kleidung und Instagram.
 
Nach einem Gespräch mit Gastkuratorin Ilka Voermann zeigt die Künstlerin den auf 8 mm gedrehten Stummfilm Die Kinder der Toten (2019, 92 Min.) von Kelly Copper und Pavol Liska (Nature Theater of Oklahoma). In der freien Adaption des gleichnamigen Romans von Elfriede Jelinek erwachen „untote“ Geister in der Obersteiermark zum Leben und bringen den Horror in die Heimatidylle. Der Film fragt nach der Aufarbeitung angehäufter Schuld, die in der Gegenwart immer noch identitätsstiftend wirkt.
 
Nach ihrem Abschluss in Kommunikationsdesign an der Hochschule für angewandte Wissenschaften München studierte Jovana Reisinger (*1989, München) Drehbuch an der Hochschule für Fernsehen und Film München. Ihre Filme waren u. a. in der Kunsthalle Osnabrück (2020-2021), im Goethe Institut Paris (2020), im yi: project space Beijing (2019) und bei den Kurzfilmtagen Oberhausen (2017, 2019, 2021) zu sehen. Mit ihrem zweiten Roman „Spitzenreiterinnen“ war sie für den Bayerischen Buchpreis 2021 nominiert. ­

DOUBLE FEATURE MIT PHILIPP GUFLER
MITTWOCH, 29. JUNI 2022, EINLASS 19.00 UHR, BEGINN 19.30 UHR
SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT, EINTRITT FREI, OHNE ANMELDUNG
DER KÜNSTLER IST ANWESEND.

­Philipp Gufler hinterfragt in seinen multimedialen Arbeiten die Machtstrukturen von Heteronormativität. Immer wieder greift der Künstler dabei auf selbst-organisierte Archive zurück und rückt Persönlichkeiten der jüngsten Vergangenheit in das Zentrum seines Schaffens. Oft schlüpft er auch selbst in die Rolle dieser Personen und kreiert dadurch eine neue Narration. Im Double Feature stellt Gufler seine Videoarbeit Lana Kaiser (2020, 13 Min.) vor. Sie widmet sich dem als Daniel Küblböck populär gewordenen Medienstar der 00er-Jahre, der 2018 auf einer Schiffsreise nach Nordamerika verschwand. Lana Kaiser, so der selbst gewählte Name Küblböcks, war als queere Person für ihre Fans eine essentielle Identifikationsfigur. Lana Kaiser kann als Hommage verstanden werden, eröffnet aber zugleich einen komplexen Diskurs über den kontroversen Umgang der deutschen Medienlandschaft mit der Darstellung von Queerness als „Otherness“.
 
Nach einem Gespräch mit Gastkuratorin Anna Huber präsentiert Philipp Gufler den Film Nicht Mann, Nicht Frau  – nur Rabe (43 Min., ARD) aus dem Jahr 1984, in dessen Fokus die Künstlerpersönlichkeit Rabe Perplexum (1956–1996) steht. „Der Rabe“ befasste sich früh mit non-binären Identitätsfragen und verweigerte sich mit dieser Bezeichnung jeglicher Geschlechtszuordnung.
 
Philipp Gufler (*1989, Augsburg) studierte von 2008 bis 2014 an der Akademie der bildenden Künste München und an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Er lebt und arbeitet in Amsterdam und München. Seit 2013 ist Gufler Mitglied des Forum Queeres Archiv München e.V. Seine Arbeiten waren u.a. im Haus der Kulturen der Welt Berlin, KW Institute for Contemporary Art Berlin, Centraal Museum Utrecht, De Ateliers und De Appel Amsterdam ausgestellt. Guflers Videoarbeiten wurden bereits auf internationalen Filmfestivals in Bosten, Paris und London gezeigt.

­ORT SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT, Römerberg, 60311 Frankfurt DATUM Mittwochs, 27. April, 25. Mai, 29. Juni 2022, Einlass 19.00 Uhr, Beginn 19.30 Uhr EINTRITT frei, ohne Anmeldung KURATOREN Katharina Dohm, Matthias Ulrich GASTKURATORINNEN Anna Huber, Ilka Voermann INFORMATION www.schirn.de E-MAIL welcome@schirn.de TELEFON +49.69.29 98 82-0 FAX +49.69.29 98 82-240 ­

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